Bundespräsident Guy Parmelins Wirtschaftsdepartement (WBF) hat ein Video zur Kampagne des Bundesrates gegen die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative vom Netz genommen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Im Video das Logo von Bio Suisse zu sehen gewesen – und das, obwohl der Verband die Pestizidinitiative unterstützt. «Es ist daher ausgeschlossen, dass Bio Suisse die Benutzung der Knospe durch eine Kampagne erlaubt, die für ein Doppel-Nein wirbt», schreibt der Verband in einem Brief.
Bio Suisse habe sich darum bei Parmelin beschwert, berichtete die Zeitung gestützt auf Angaben des Westschweizer Fernsehens RTS.
«Wollten keine Polemik»
In mehreren Kantonen seien zudem Klagen gegen das WBF eingereicht worden, weil das Video die Stimmberechtigten täusche und nicht wahrheitsgemäss informiere. «Wir haben gemerkt, dass um das Video eine Polemik entsteht, die wir nicht wollen», liess sich Parmelins Kommunikationschef Urs Wiedmer im Artikel zitieren. Man solle dem WBF nicht vorwerfen, die politischen Rechte zu verletzen.
Dass sich der Bundesrat in die Kampagnenarbeit einbringt, war bis zu Beginn der 1990er-Jahre kein Thema, schreibt die «NZZ» weiter. Diese Arbeit wurde Parlamentariern, Verbänden und Komitees überlassen. Mit der Abstimmung über den EWR im Jahr 1992 ändere die Landesregierung ihre Haltung. Seither ist der Bundestat Teil im Abstimmungskampf.
Hofbesuch diente Meinungsbildung
Doch es gibt Leitplanken. Das Leitbild des Bundes für die Kommunikation vor Abstimmungen gibt vor, dass der Bundesrat die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit zu beachten haben. «Unverhältnismässig sind demnach behördliche Informationen, die nicht zur Verbesserung der Entscheidfindung der Stimmberechtigten beitragen», heisst es darin.
Für Kommunikationschef Wiedmer haben die zwei Hof-Besuche von Parmelin zur Meinungsbildung beigetragen. Dies deshalb, weil wegen der Pandemie keine Podien und Diskussionen stattfanden. «Wir haben uns bewusst entschieden, Betroffene zu besuchen und dabei die Medien mitzunehmen, damit diese selber kritisch berichten können», sagt Wiedmer zur «NZZ am Sonntag».

Jonas Ingold
Besuch auf Bio-Hof
Guy Parmelin besuchte Mitte April im bernischen Kirchdorf den Bio-Betrieb der Familie Messerli, um sich über die Folgen der Agrarinitiativen zu informieren. Auf den insgesamt 27 Hektaren Land ist der Obstbau der Hauptbetriebszweig, das zweite Standbein ist die Eierproduktion. «Die Hühnerhaltung gibt uns Sicherheit», sagt Paul Messerli.
Doch dieses Standbein würde bei einer Annahmen der Trinkwasserinitiative praktisch verunmöglicht. Rund 82 bis 84 Tonnen Futter fressen Messerlis Hühner während eines Umtriebes, das heisst in den 14 Monaten von der Ein- bis zur Ausstallung. Als Ackerfläche könnten sie von den 27 Hektaren vielleicht 2,5 Hektaren für Weizen nutzen, erklärt Paul Messerli. «Das reicht nirgends hin», stellt er klar. Bei einem Ja zur Trinkwasser-Initiative könne die Familie die Legehennenhaltung vergessen. «Oder diese würde auf ein Minimum runtergefahren, vielleicht mit 200 statt den aktuell 2000 Bio-Hennen, sagte Messerli.
Zwar wollen die Initianten der Trinkwasser-Initiative gemäss eigenen Aussagen den regionalen Austausch von Futtermitteln weiter zulassen. Dazu haben sie ein Rechtsgutachten, dass eine solche Interpretation stützen soll, präsentiert. Doch Guy Parmelin sieht das anders: «Man muss die Initiativtexte lesen, nicht interpretieren.» Für ihn gilt das nicht nur in Bezug auf die Futtermittel, sondern auch für den Begriff «Pestizid» in der Trinkwasser-Initiative.

