
Das Red-Poll-Rind ist widerstandsfähig, ein guter Futterverwerter und produziert gutes Fleisch.
Petra Jacob
«Bereits im Domesday Book aus dem 11. Jahrhundert war die Landwirtschaft in Suffolk prominent, und seitdem ist sie führend und leistet einen grossen Beitrag zur Ernährung unserer Nation», sagte Thérèse Coffey, Staatssekretärin für Ernährung und Landwirtschaft. Die jährlich stattfindende Suffolk Show ist ein eindrückliches Beispiel dafür und ein Höhepunkt im Kalender der Bürger von Suffolk.
Die zweitägige Landwirtschaftsschau am Stadtrand von Ipswich gibts seit fast 200 Jahren. Die Region East Anglia, zu der Suffolk gehört, zeichnet sich durch gute Ackerböden aus und ist bekannt als Brotkorb Englands und für den Anbau von Feldfrüchten wie Zuckerrüben, Wurzelgemüse und Leguminosen.
Schauplatz britischer Rinderrassen
In Suffolk sind aber auch drei besondere Tierzüchtungen entstanden: das Suffolk-Punch-Pferd, das Red-Poll-Rind und das Suffolk-Schaf. Und es gibt keinen besseren Ort als die Suffolk Show, um diese Rassen kennen zu lernen. «Man spricht auch von der Suffolker Dreifaltigkeit», sagt Anthea Daw von der Red Poll Cattle Society und lacht. Sie ist als Richterin bei der Red-Poll-Tierschau im Einsatz, die auf einer umzäunten Wiese, dem Bucklesham-Ring, stattfindet.
Es ist auch der Schauplatz für die Vorführung zahlreicher anderer britischer Rinderrassen, fast 300 Rinder werden für die Show angemeldet. Mit dabei sind seltene Rassen wie British White, Lincoln Red, Sussex oder Dexter, aber auch Hereford und British Simmental.
Hornlose Red Polls
Um halb neun in der Früh heisst es Ring frei für Red Polls; sie haben ein tiefrotes Fell und sind hornlos (Englisch: polled). Die Rasse entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Suffolk aus der Kreuzung zwischen Norfolk Red (gut für Fleisch) und Suffolk Dun (gut für Milch). Das Ergebnis: ein Zweinutzungsrind. Stiere und junge Bullen produzieren gutes Fleisch. «Marmoriert und mit ausgezeichnetem Geschmack», erklärt Daw, die zwischen den Vorführungen mit den Zuschauern rege kommuniziert.
Die weiblichen Tiere zeichnen sich durch Leichtkalbigkeit aus, haben sehr gute Muttereigenschaften und einen sanftmütigen Charakter. Weitere Stärken der Rasse: langlebig, widerstandsfähig, gute Futterverwerter, auch auf kargen Flächen. Sie benötigen wenig oder gar kein zusätzliches Futter. «Ideal für die regenerative Landwirtschaft, extensive Beweidung und Kleinbetriebe», schwärmt Daw. Es ist eine Rasse, die in Grossbritannien wieder im Kommen ist.
Landwirtschaftliche Aufklärung
Sie gilt inzwischen als nicht mehr gefährdet, und neue Herden werden von Schottland bis Cornwall gegründet, wie es auf der Internetseite der Red Poll Cattle Society heisst. Der Grossteil ist in Mutterkuhherden eingesetzt. Die Milch hat mit 4,2% einen hohen Fettgehalt, und eine Kuh kann jährlich bis zu 6’500 Liter Milch geben. «Genug für ein Kalb und einen Haushalt», so Anthea Daw. Doch die Suffolk Show ist nicht nur für Fachbesucher gedacht, sondern möchte vor allem auch die Öffentlichkeit in Sachen Landwirtschaft aufklären.
So haben auch die Suffolk-Punch-Pferde ihren grossen Auftritt. Diese Pferde wurden ab dem 16. Jahrhundert speziell für die Feldarbeit in Suffolk gezüchtet und waren bis ins 20. Jahrhundert weit verbreitet. Ab Anfang der 1940er-Jahre – mit der Einführung von Traktoren und der Mechanisierung in der Landwirtschaft – verlor die Rasse an Bedeutung. In Grossbritannien gilt die Rasse inzwischen als vom Aussterben bedroht.
«Sanfter Riese»
Bei den Amish in den USA, die eine sehr traditionelle Landwirtschaft mit Pferden betreiben, soll es noch rund 600 Tiere geben, die vom Suffolk Punch abstammen. «Sanfter Riese» wird das Suffolk-Punch-Pferd mit dem kräftigen Körper und den kurzen Beinen genannt.
Sie gelten als besonders stark, energisch und trotzdem sehr geduldig und werden gerühmt für ihren langen Schritt und die saubere Fusspositionierung. «Kein Pferd ist besser für die Feldarbeit geeignet», schwärmt Richard Dalton, der seit über 30 Jahren mit dem Suffolk Punch auf der Gressenhall Farm – einem Demonstrationsbetrieb für alte Bearbeitungsmethoden bei Dereham in der Grafschaft Norfolk – arbeitet.

Das Suffolk-Punch-Pferd ist eine vom Aussterben bedrohte Rasse, die als Arbeitspferd eingesetzt wird.
Petra Jacob
«Das sind meine absoluten Lieblingspferde», schwärmt er. Hengste können bis zu 1,5 Tonnen wiegen, und als Zweierteam am Pflug sind sie unschlagbar. «Inzwischen kommt die Rasse auch wieder vermehrt bei schwierigen Waldarbeiten zum Einsatz, da, wo der Traktor versagt, wie zum Beispiel in den Wäldern von Oxburgh Hall nördlich von Thetford beim Bäumerücken», weiss Dalton.
Ein Schaf wie kein anderes
Dritte im Bund der «Suffolker Dreifaltigkeit» ist das Suffolk-Schaf. Es entstand Ende des 18. Jahrhunderts aus der Kreuzung von männlichem Southdown und weiblichem Norfolk Horn in der Nähe von Bury St Edmunds in Suffolk. Suffolk-Schafe waren Teil des Rotationssystems, das damals in der südostenglischen Landwirtschaft herrschte. Im Sommer weideten sie auf Grünflächen, im Winter kamen sie auf die abgeernteten Äcker, wo sie die Überreste von Runkel-, Steckrüben oder anderen Feldfrüchten frassen. Das Suffolk-Schaf hat keine Zukunftssorgen, im Gegenteil, es hat sich schon bald in alle Welt verstreut.

Das Suffolk-Schaf wurde 1859 das erste Mal auf der Suffolk Show vorgestellt und hat sich inzwischen in alle Welt verbreitet.
Petra Jacob
Das hat seine Gründe. «Ein Suffolk verbessert jede andere Schafrasse, keine andere Rasse kann ein Suffolk verbessern», heisst es unter Züchtern. Die erste Herde wurde in Irland 1891, in Schottland 1895 und in Wales 1901 gegründet. Von Anfang an wurden die Schafe exportiert, in die britischen Kolonien, aber auch nach Österreich, Frankreich, Deutschland, in die Schweiz, nach Russland, Nord- und Südamerika. Suffolk-Böcke werden auch gerne in der Gebrauchskreuzung zur Steigerung der Fleischleistung eingesetzt.
Suffolks sind hornlos, Kopf und Beine schwarz, das Fliess ist immer weiss. Der Rücken ist lang und breit, die Beine kurz. Es gilt als ein sehr frühreifes und wuchsfreudiges Fleischschaf. Die Tiere sind sehr muskulös, Brust, Keulen und Rücken sind stark ausgeprägt. Ausgewachsene Zuchtböcke können ein Lebendgewicht von über 200 Kilo erreichen, Lammböcke (Jährlinge) können 100 Kilo und mehr auf die Waage bringen. Das Fleisch wird als zart und gleichmässig durchwachsen gepriesen.