ProSpecieRara und Symrise haben eine Kooperation zur nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen in Deutschland vereinbart. Der Vertrag hat Vorbildcharakter. Er stellt sicher, dass ein Teil der Vorteile, die sich aus der Nutzung der pflanzengenetischen Vielfalt ergeben, in deren Erhaltung zurückfliesst. Die Vereinbarung soll weitere Unternehmen dazu motivieren, ebenfalls einen Beitrag für die Vielfalt zu leisten.
Auf der einen Seite ProSpecieRara, eine Nichtregierungsorganisation, die sich in der Schweiz und in Deutschland für die Erhaltung der Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt einsetzt. Auf der anderen Seite Symrise, ein internationaler Hersteller von Duft- und Geschmacksstoffen. Doch die ungleichen Partner haben eine gemeinsame Absicht: die
Kulturpflanzenvielfalt nachhaltig zu nutzen und dabei das Prinzip der Biodiversitätskonvention umzusetzen, dass ein Teil der Vorteile, die sich aus der Nutzung dieser Vielfalt ergeben, wieder in deren Erhaltung zurückfliesst.
Sortensammlungen werden angelegt
Die Zusammenarbeit zwischen ProSpecieRara und Symrise beruht dabei auf zwei Grundpfeilern. Zum einen wird Symrise Projekte zur Erhaltung und Förderung pflanzengenetischer Ressourcen unterstützen, beispielsweise, indem Sortensammlungen angelegt werden. Zum anderen interessiert sich Symrise für die Nutzung der Nutzpflanzenvielfalt im Rahmen ihres Kerngeschäftes. «Alte und gefährdete Nutzpflanzen können eine wertvolle Inspirationsquelle für die Entwicklung neuer Aromenkompositionen sein», sagt Bernhard Kott, Leiter globales Nachhaltigkeitsmanagement bei Symrise. «Neue Nutzungsmöglichkeiten für unsere Schützlinge zu entdecken ist auch für uns interessant», ergänzt ProSpecieRara-Geschäftsleiter Béla Bartha, «dafür evaluieren wir im Rahmen der
Vereinbarung gerne unsere Sorten und machen Pflanzgut verfügbar.»
Eine Vorauszahlung zum Erhalt der Pflanzen
Nach schweizerischer und deutscher Gesetzgebung könnte Symrise auf ProSpecieRara-Saat- und Pflanzgut zugreifen und es für ihre Zwecke verwenden, ohne einen Extra-Beitrag für die Vielfalt zu leisten. Hier setzt der Vertrag an. Symrise ist bereit, im Sinne der Biodiversitätskonvention für die Nutzung von ProSpecieRara-Sorten ein sogenanntes «Up-Front-Payment» zu leisten – eine Vorauszahlung, welche vollumfänglich der Erhaltungsarbeit
zugutekommt. Sollte es einst zur Kommerzialisierung eines Produktes kommen, welches auf den zur Verfügung gestellten genetischen Ressourcen basiert – ein Beispiel wäre ein Duftstoffextrakt mit ‘Glockenapfelaroma’, das in einer Handcrème verwendet wird –, kommt es zu einem weiteren Vorteilsausgleich.
Kein Patent auf «Glockenapfelaroma»
Symrise und ProSpecieRara erachten die Nutzpflanzenvielfalt als wichtiges Allgemeingut, zu dem alle uneingeschränkt Zugang haben sollen. Daher verpflichtet sich der Aromahersteller, keine Patente anzumelden – weder auf die im Rahmen der Kooperation von ProSpecieRara zur Verfügung gestellten biologischen Ressourcen noch auf deren Bestandteile. Auch auf die direkte Verwendung, beispielsweise als Duftstoffextrakt in der erwähnten Handcrème mit ‘Glockenapfelaroma’, darf kein Patent angemeldet werden.
«Biologische Vielfalt hat Engagement bitter nötig»
Der fortschreitende Verlust der Vielfalt landwirtschaftlich genutzter Pflanzen stellt ein grosses Risiko für die Welternährung dar. Diese ist heutzutage auf beängstigend wenigen Arten und Sorten abgestützt. Das birgt Gefahren, denn Vielfalt bedeutet immer auch Sicherheit. Ein breiter Pool von Sorten und ihren genetischen Eigenschaften ermöglicht es, anpassungsfähig zu bleiben und gerüstet zu sein für viele Eventualitäten – für Krankheiten, Klimaveränderungen, neue Konsumentenbedürfnisse.
Um diesem Verlust entgegenzuwirken, erachten es ProSpecieRara und Symrise als erfolgsversprechenden Weg, die kommerzielle Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen mit der Zahlung eines Vorteilsausgleichs zu verbinden. «Der Vertrag soll auch andere Unternehmen zu diesem Schritt animieren», sagt ProSpecieRara-Geschäftsleiter
Béla Bartha. «Denn um die biologische Vielfalt langfristig zu erhalten, ist ein breit abgestütztes Engagement bitter nötig.»
Alte Sorten mit grossem Nutzen – z.B. «Bergers Weisse Kugel»
«Bergers Weisse Kugel», eine sehr alte Selleriesorte, wird heute kaum noch für den Verzehr angebaut. Ihre dunklen Flecken im Innern sehen die Konsument:innen als Makel, weshalb diese Sorte für die Lebensmittelindustrie bislang unattraktiv erschien. Doch dieser vermeintliche Makel von ‘Bergers Weisse Kugel’ stellt für Symrise einen qualitativen Vorteil dar. Denn die dunklen Flecken sind Zuckernester und somit entscheidend für den intensiven
und typischen Geschmack dieser Sellerievarietät. Und genau diesen sucht Symrise, um Saft und Konzentrat herzustellen, welche sie in über 125 Produkten einsetzt. Dafür braucht sie jährlich rund 500 Tonnen Sellerieknollen. Die Nachfrage durch Symrise führte in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Saatgutzüchter Sativa Rheinau dazu, dass diese alte Sorte eine Neuzulassung erhielt und somit Saatgut von «Bergers Weisse Kugel» erhältlich
bleibt.

