In einer grossen Bauernfamilie unweit vom Napf entfernt geboren, wollte Sepp Pfulg als zweitältester Sohn schon immer Bauer werden. So erlernte er den Beruf des Landwirts. «Mein Vater war damals noch relativ jung, und ich hatte noch einige jüngere Geschwister. Somit war die Übernahme des Betriebs noch nicht aktuell.»
Zufällig sei er in Kontakt mit Jakob Zemp aus Schüpfheim gekommen, einem Verwandten. Dieser war Besamungstechniker. Es sei gerade die Zeit gewesen, als die künstliche Besamung aufkam und sogleich explodierte. «Jakob meinte, das wäre doch etwas für mich. So kam ich dazu – und blieb bis zur Pension», sagt Sepp Pfulg und schmunzelt. Den elterlichen Betrieb übernahm später ein jüngerer Bruder.
Kurze Ausbildung
1980 absolvierte Sepp Pfulg in Mülligen AG ein Praktikum mit Einsatz in Büro, Stall und Labor. Sechs Wochen besuchte er in Neustadt an der Aisch, Deutschland, einen Besamerkurs. «Dort gab es eine grosse Besamungsstation, welche die Kapazität hatte, junge Besamungstechniker aus dem deutschsprachigen Europa auszubilden. In der Schweiz war man damals noch nicht so weit.»
Anschliessend begleitete er ein paar Tage einen Besamungstechniker auf dessen Tour. «Da so grosser Bedarf war, hiess es bald, ich könne dies schon und solle allein gehen», sagt er und lacht. «So wurde ich sehr schnell Besamungstechniker.»
Anfänglich war das Besamen Arbeit der Tierärzte. Da diese aber bald überlastet waren, suchte man neue Wege und bildete Landwirte für den Besamungsdienst aus. Als Sepp Pfulg in diesen Beruf einstieg, hatte der KB-Verband noch das Monopol und bot flächendeckend in der ganzen Schweiz Besamungsdienste zu identischen Preisen an.
Doch bald schon wurde das Metier für die Konkurrenz geöffnet und liberalisiert. Ab 2004 wechselte der Name von «Schweizerischer Verband für künstliche Besamung» zu «Swissgenetics».
Arbeitsbedingungen
In den 80er-Jahren gründete Sepp eine Familie und konnte ein einfaches Haus in Romoos LU kaufen. Der Vater von drei Kindern stellte fest, dass der Lohn für eine Familie relativ tief war. «Die Wochenenddienste waren schlecht abgegolten und genauso selbstverständlich wie die Fünfeinhalbtagewoche. 2004 habe ich beispielsweise 40 Wochenenden und sämtliche Feiertage, von denen es im Entlebuch viele gibt, gearbeitet. Das war hart, und nicht alle Vorgesetzten und Verantwortlichen der Firma haben dies bewusst wahrgenommen und für uns spürbar geschätzt», stellt er rückblickend fest.
Sepp Pflug hatte pro Tag 20 bis 25 Kunden.
Eine Besamung ist eigentlich immer ein Notfall und ist nicht vorher planbar. Oft musste er deshalb kurzfristig einspringen oder bei knapper Arbeit frei nehmen. Am Sonntagmorgen wurde meist gearbeitet, er wusste nie im Voraus, wann er Feierabend haben wird, weil oft Nachmeldungen eintrafen.
In der Region arbeiteten damals neun Mitarbeiter. «Weil diese an verschiedenen Orten wohnten, bediente jeder sein Gebiet. Als Romooser wohnte ich zentral, was bedeutete, dass ich oft auch meine Kollegen im ganzen uns zugewiesenen Gebiet ablöste.» Hauptsächlich habe er aber in den Gemeinden Romoos, Doppleschwand, Hasle, Schüpfheim und Flühli/Sörenberg gearbeitet.
Da die Anmeldungen für eine Besamung so kurzfristig sind, waren auch seine Touren schwer planbar. Tendenziell war die Hochsaison für Besamungen im Frühling. Dann habe er 20 bis 25 Kunden pro Tag bedient. «Dies gibt in der weitläufigen Region schnell viele Kilometer zu bewältigen», stellt er fest.
Das Wertvollste
«Ich habe unendlich viel Schönes erleben dürfen. Der Kontakt zu den Menschen hat mir am besten gefallen», blickt Sepp Pfulg zurück. Eine gute Beratung war ihm wichtig, und die Bauern teilten gerne ihre Freude über schöne Tiere mit ihm.
«Dieser Beruf war für mich eine gute Schulung für die Festigung der Menschenkenntnis. Spüren, was der einzelne Mensch braucht, und an seinem Erleben Anteil nehmen, bedarf viel Feingefühl, aber baut eine Vertrauensbasis auf. Diese wurde beidseitig geschätzt, was mir sehr viel Genugtuung gab», bilanziert Sepp Pfulg und ergänzt: «Nicht der Lohn war für mich entscheidend, sondern Erfüllung und Begeisterung, und die spürte ich immer.»
«Die weltweite Vermarktung hat in meinen Augen nicht nicht nur Gutes.»
«Bei Abwesenheit des Bauers oder der Bäuerin habe ich einen Zettel mit einem Gruss und mit meiner Unterschrift hinterlassen. Jahre später hat Swissgenetics dies für alle eingeführt», sagt er und schiebt nach: «Unser Beruf hat sich in den letzten Jahren gewaltig verändert. Digitalisierung und Technisierung haben Einzug gehalten. Deshalb brauchen die Bauern kaum mehr Beratung, sie haben sich übers Internet schon informiert. Trotzdem war es mir immer wichtig, ehrlich zu sein und auf Schwächen und Stärken der ausgelesenen Stiere hinzuweisen.»
Die weltweite Vermarktung habe in seinen Augen nicht nur Gutes: Die allermeisten Bauern wollen eine wirtschaftliche Kuh, die mit selbst produziertem Futter eine gute Leistung bringe. Nur wenige Prozent der Kunden seien ganz eingefleischte Züchter und dominieren oft allzu fest den Markt. «Das ist schade», bedauert er.
Fahrt mit Schwingerkönig
Mit einem Schmunzeln erinnert er sich an einen ganz besonderen Einsatz: «Der Eisee-Älpler rief mich privat an und wollte für seine Kuh am Brienzer Rothorn eine Besamung. Also musste ich abends noch ausrücken und nahm einen guten Kollegen, den heutigen Schwingerkönig Joel Wicki, mit. Die Fahrt zur Alp war fast kriminell und wurde zu einem ganz besonderen Erlebnis. »
Seit er pensioniert ist, fehlt Sepp Pfulg der Kontakt zu den Bauern. Das Geniessen der Natur und das hautnahe Erleben der vier Jahreszeiten sind nicht mehr so intensiv. Jedoch geniesst er das Ungebundensein. Liebend gern hütet er seine zwei Grosskinder, und seine Frau schätzt es, wenn sie vom Hobbykoch verwöhnt wird. Er freut sich, dass er nun ungezwungener auf die Jagd gehen kann.
Im Haus und in der Umgebung gibt es immer Arbeit, und er widmet sich gerne seinen beiden Pferden. «Im Moment könnte ich da und dort aushelfen. Aber ich will die neue Freiheit erst einmal bewusst geniessen», betont er.
Endlich hat er mehr Zeit für die vor Jahren begonnene Familienforschung. «Meine Vorfahren kamen um 1700 als Glaser in den Sörenberg. Als die anderen Glaser weiterzogen, blieben sie als Bauern im Entlebuch», erzählt er nicht ohne Stolz. Es erfüllt ihn mit grosser Genugtuung, dass er sein ganzes Leben den Bauernstand auf eine ganz besondere Art hautnah erleben durfte.
Für den 3. Lebensabschnitt, wünsche ich Seppi alles Gute und viel Gesundheit.
Richard Schmid
Rekrutenschule als sehr korrekten und umsichtigen Korporal kennen und schätzen gelernt. Als praktizierender Nutztierarzt habe
auch ich tausende von Kuehen besamt und weiss
haargenau wovon Josef spricht. Die tiefe
Verwurzelung im Dienstleistungsbetrieb
mit der Landwirschaft habe auch ich als sehr
erfuellend erlebt.
Fuer die Zukunft wuensche ich Josef
Pfulg Glück, Gesundheit und Zufriedenheit.
Ganz liebe Grüße.
Dr. Fredi Stampfli, Tierarzt