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Wo Rinder mit dem Heli zusammengetrieben werden

Pia Lehmann aus Walkringen BE arbeitet bei der Warrawagine Cattle Co. Sie berichtet auf «Schweizer Bauer Online» regelmässig über ihren Alltag auf der Farm in Australien. Heute schreibt sie über das «Mustering».

Pia Lehmann |

Seit Mitte April befinden wir uns mitten in der «Mustering Season». Mustering bedeutet das Zusammentreiben der Rinder. Gemustert wird mit Helikoptern aus der Luft und einer Motorrad-Crew am Boden. Gestartet wird jeweils in der hintersten Ecke des Feldes.

Leere Kühe werden verkauft

Der Helikopter treibt eine Gruppe Tiere zusammen. Die Crew am Boden lenkt die Herde weiter in Richtung Weideausgang. Auf dem Weg dorthin bringt der Helikopter immer mehr Tiere dazu, sich der Herde anzuschliessen. Diese wird so immer grösser. Wenn eine Herde getrieben wird, befindet sich immer ein Motorrad im sogenannten «Lead» vor der Herde, jeweils ein Motorrad auf beiden Seiten am Flügel und ein Motorrad hinter der Herde am «Tail». Je grösser die Herde ist, desto mehr Motorräder werden benötigt. Am Schluss werden die Tiere in die Yards getrieben, wo sie mit Heu und Wasser versorgt werden und so zur Ruhe kommen können. 

In den darauffolgenden Tagen ist anschliessend «Yardwork» angesagt. Alle Kühe werden auf Trächtigkeit untersucht. Sind sie leer und trocken, werden sie verkauft. Die trächtigen Kühe werden gegen Botulismus geimpft und anschliessend so schnell wie möglich wieder auf das Feld zurück gebracht. Erst in einem Jahr werden sie dann wieder zusammengetrieben. Bis dahin sind sie sich selbst und der Natur überlassen.

Kälber mit 50 Kilo abgesetzt

Die Kälber werden in den Yards behalten und erst verarbeitet, wenn eine gewisse Zahl an Tieren vorhanden ist. Die Verarbeitung bedeutet hier in Australien: Ohrmarke, Ohrmarkierung – eine für die Station typische Form wird ins Ohr geschnitten, elektronischer Chip für die individuelle Tieridentifikation, Impfungen, Branding, Enthornen und das Sortieren nach Geschlecht und Gewicht.

Die Kälber werden ab einem Gewicht von 50 kg abgesetzt. Der Grund des tiefen Absetzgewichts liegt in der Grösse der Station. Denn jedes Feld kann hier aus Zeitgründen pro Jahr nur einmal gemustert werden. Im nächsten Jahr sind die Kälber entsprechend schon über ein Jahr alt. Dazu kommt, dass das Futter in diesem Jahr knapp ist und somit die Kühe zu stark abmagern, wenn sie grosse Kälber säugen müssen.

Somit ist es für die Farm rentabler, die Kälber mit besonderer Aufmerksamkeit zu versorgen und somit die Muttertiere in besserer Kondition zu halten. Die Kleinsten bekommen mit Milchpulver versetztes Spezialfutter, das die Tiere mit den notwendigen Nährstoffen versorgen soll.

Angepasste Rinder-Rasse

Wie der Name bereits verrät, sind die Droughtmaster-Rinder («Dürremeister-Rinder») speziell für die Bedingungen im australischen Outback gezüchtet.  Die Siedler haben schnell gemerkt, dass die importierten britischen Rinderrassen für das extreme Klima in Australien nicht geschaffen sind. Sie haben also züchterisch experimentiert und britischen Rassen wie Shorthorn und Hereford mit dem Zebu gekreuzt. Die Droughtmaster sind mittelgross, rötlich und zeichnen sich durch ihr dünnes Fell und die lose Haut aus, wodurch sie Hitze verlieren können.

Die Rasse ist frühreif, sehr fruchtbar und die Kühe verfügen über einen guten Mutterinstinkt. Das tiefe Geburtsgewicht der Kälber verspricht leichte Geburten, was im Outback sehr wichtig ist. Denn Geburtshilfe wird hier keine geleistet und die Kühe sind auf sich allein gestellt. Weitere Eigenschaften der Rasse sind Langlebigkeit, Anpassungsfähigkeit, Blähresistenz, Hitzetoleranz und tiefe Anfälligkeit für Parasiten.

Schwierige Marktsituation

Auf der Station wird eine Absetzrate von rund 80 Prozent angestrebt. Das angepeilte Mindestgewicht der Jungrinder bei der Paarung liegt bei 250 kg. Der Anteil an Bullen in einer Herde liegt bei 5 Prozent.

Die Marktsituation in Australien ist diesem Jahr sehr schwierig, die Preise sind entsprechend tief. Besonders Tiere in schlechter Kondition finden in diesem Jahr keine Käufer. Zwar nehmen die «Meatworks» (Schlachthof) die Tiere immer ab, aber der Preis ist für die Farmer nicht rentabel. Der Transport zur Schlachtbank ist teurer als der Erlös aus dem Fleisch. Für die Farmer sind deshalb Exporte lukrativer. Anfang Juni konnten zwei Truckloads Rinder für ein Zuchtprogramm lebend nach Vietnam verkauft werden. Für diesen Deal musste der Händler jedoch insgesamt 51 Telefonate tätigen. Dieser Aufwand beschreibt die schwierige Marktsituation, die derzeit herrscht.

Zur Person

Pia Lehmann aus Walkringen BE ist nach dem Abschluss ihres Agronomie Studiums an der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) nach Australien gereist. Dort sammelt sie eine Saison lange Arbeitserfahrung in der Rindviehmast auf der Warrawagine Station im westaustralischen Outback. Die Leidenschaft für die Landwirtschaft hat sie bereits seit dem Kindesalter. Ihr besonderes Interesse gilt dabei der Tiergesundheit und dem Tierwohl. Pia reist sehr gerne und ist im Winter oft auf dem Snowboard anzutreffen.

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