Samuel Guggisberg, Präsident der IG BauernUnternehmen, am Gönneranlass in Birrhard AG.
Daniel Salzmann
Vor den Verhandlungen um Getreiderichtpreise sagt die IG BauernUnternehmen, so wie 2022 dürfe es heuer nicht laufen. Die Organisation übt heftig Kritik.
Samuel Guggisberg, Bauer in Zimmerwald BE und Präsident der IG BauernUnternehmen, fand im Februar am Gönneranlass in Birrhard AG deutliche Worte: «Faire Getreidepreise für uns Produzenten – da gab es ein Versagen an allen Fronten! Einmal mehr haben es die Bauernvertreter in Anführungszeichen nicht geschafft, eine angemessene Preiserhöhung für Brotgetreide durchzusetzen im letzten Jahr. Ein leichtes Säbelrasseln der Verarbeiter hat genügt, und alle haben die magere Preiserhöhung abgenickt.»
«Wir sollen die Mühlen retten»
Dass die Müller mit höheren Produzentenpreisen angeblich nicht konkurrenzfähig wären, sei ein Problem der Politik und nicht der Getreideproduzenten, die bloss faire Schweizer Preise fordern. Guggisberg fuhr fort: «Dass das schwächste Glied in der Kette jetzt die Konkurrenzfähigkeit der Müller und aller nachgelagerten Betriebe sichern soll, ist schamlos, ja ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Brotgetreideproduzenten. Von einer Kompromisslösung der gesamten Wertschöpfungskette zu reden, ist eigentlich nur heuchlerisch.»
«Nur ein Feigenblatt für die Detailhändler»
«Während die Importe von Weizen, aber insbesondere von Halbfabrikaten und Teiglingen jedes Jahr um Tausende Tonnen zunehmen, sollen die Brotgetreideproduzenten die Mühlen retten. Während der Bundesrat Freihandelsabkommen für CWS-Weizen, Canadian Western Red Spring, aus Kanada unterzeichnet, sollen in der Schweiz die Brotgetreideproduzenten verantwortlich sein, wenn eine Mühle die Türe schliesst», so Guggisberg.
Das sei schlimm, noch schlimmer sei aber, dass in der Schweiz ganze Backstuben verschwänden. Mit solchem Handeln setze man Tausende von Arbeitsplätzen und die Versorgungssicherheit leichtfertig aufs Spiel. «Mit einem Feigenblatt der Ökologie wirbt der Detailhandel für pestizidfreie Weizen, wenn gleichzeitig die Importe von Halbfabrikaten durch die Decke schiessen», kritisierte Guggisberg.
Szenario ohne Richtpreis?
Am Apéro hielt ein Mitglied der IG fest, dass der Getreideproduzentenverband unbedingt ein Szenario ohne Richtpreise ausarbeiten müsse, sodass er die Verhandlungen notfalls platzen lassen könne. Sonst sei ja klar, dass die Müller am längeren Hebel sässen. Denn dann können die Müller es wie letztes Jahr bei der ersten Richtpreisrunde zum Brotgetreide machen und sagen: «Höher als die paar Franken gehen wir nicht! Sonst sind wir nicht dabei.»
Ein solches Szenario würde wahrscheinlich bedingen, dass die grossen Verarbeiter Swissmill (Coop) und Groupe Minoteries in die Pflicht genommen werden könnten, indem sie ohne korrekte Preiszusagen von den Getreidesammelstellen der Fenaco nicht beliefert würden, und kleinere Verarbeiter, die unterpreisig fahren wollen, an den brancheninternen und öffentlichen Pranger gestellt würden. Das wäre sicher anspruchsvoll bis waghalsig – wenn aber die Produzenten weiterhin der Meinung sind, es gehe ohne Richtpreis sind, können die Abnehmer sagen, wo es lang läuft.
IP-Suisse sitzt bei konventionellem Getreide am Tisch
Zu reden gab in Birrhard AG auch, dass die IP-Suisse mit am Tisch sitzt, wenn es um die Verhandlungen zu den Richtpreisen für konventionelles Getreide geht. Denn die IP-Suisse verkauft ja nicht konventionelles Getreide, sondern IP-Suisse-Getreide, für welche die Abnehmer Jowa-Bäckerei (Migros), Hiestand, Coop und andere eine Prämie bezahlen, die zum Richtpreis dazu kommt.
Der Einsatz der IP-Suisse für die Getreideproduzenten ist allgemein unbestritten, als ganze Organisation aber könnte man auf die Idee kommen, dass sie nicht zwingend auf hohe Richtpreise für konventionelles Getreide angewiesen ist, sondern allenfalls, um die Anbaubereitschaft für IP-Suisse-Getreide und herbizidfreies Getreide zu sichern, mit ihren Abnehmern höhere Prämien aushandeln könnte.
IP-Suisse hat guten Zugang zu Verarbeitern
Beobachter der Branche haben auch gesehen, dass der abtretende IP-Suisse-Geschäftsführer Fritz Rothen, der um den Mehrwertgetreidebau in der Schweiz grosse Verdienste hat, einige Tage nach der Verhandlung um den Brotgetreidepreis Ende Juni im Handelsregister als Verwaltungsrat der Stadtmühlen Schenk aufgetaucht ist.
Einige sehen das kritisch, weil sie zu finden, das zeuge von grosser Nähe zu Abnehmern (die aber überhaupt erst Prämien, wie sie die IP-Suisse seit Jahren erreicht, möglich macht), andere sagen, das sei gerade eine Chance, weil Rothen mit seiner Kompetenz innerhalb der Mühle für angemessene Getreidepreise kämpfen könne.
IP-Suisse sagte im Vorfeld, es sei wichtig, einen Richtpreis zu haben
Erwähnt wurde in Birrhard beim Apéro auch, dass vor der Herbstnachverhandlung im September Christophe Eggenschwiler, der neue IP-Suisse-Geschäftsführer, im Vorfeld im «Schweizer Bauer» gesagt habe, es sei von Bedeutung, einen Richtpreis zu haben. Das könnte kontraproduktiv gewesen sein, heisst es, es zeige nur, dass IP-Suisse einen Richtpreis brauche, um obendrüber Prämien bezahlen zu können, aber fürs konventionelle Getreide könnte diese Position nachteilig gewesen sein.
Es gibt die Idee, dass Kreise um den Schweizerischen Getreideproduzentenverband (SGPV) im Nachhinein die IP-Suisse in die Verantwortung ziehen wollen und jetzt vielleicht darauf hinarbeiten, dass die IP-Suisse den Verhandlungen fernbleiben muss.
SBV fordert bei Pflanzenbau im Durchschnitt plus 10% beim Preis
Der Schweizer Bauernverband (SBV) hat basierend auf Berechnungen seiner Spezialisten und einem Beschluss der hundertköpfigen Landwirtschaftskammer kürzlich in einer Medienmitteilung festgehalten, dass es zur Deckung der höheren Kosten auf Produktionsseite für die Ernte 2023 im Schnitt über alle Kulturen 10% höhere Produzentenpreise braucht. Dabei blieb offen, wie die Zahlen beim Getreide im Einzelnen aussehen, ob hier zur Deckung der gestiegenen Kosten 5% oder 12% höhere Kosten nötig sind.
Letztes Jahr forderten der SBV und der Berner Bauernverband aber öffentlich höhere Preise, die umgerechnet mindestens 8 Fr. pro Dezitonnen bedeutet hätten, ein Wert, der auch mit der Nachverhandlung im Herbst, deren (bescheidener) Erfolg massgeblich der Fenaco zu verdanken sei, nicht erreicht wurde. So könnte man daraus schliessen, dass für 2023 noch ein Nachholbedarf aus dem Jahr 2022 besteht. So ist es am Ende doch wahrscheinlich, dass irgendwo um die 10% nötig sind.
Diese Annahme würde bedeuten, dass der letztjährige Herbstrichtpreis für TOP-Weizen von 58.50 Fr./dt noch einmal um 5-6 Fr./dt steigen müsste auf gegen 64 Fr./dt. Es kann aber auch sein, dass die effektiven Kostensteigerungen bei den Getreideproduzenten tiefer oder sogar noch höher liegen.
3 Responses
Getreidepreise, die sind zu tief, wir brauchen die Landwirte die Brotgetreide anbauen. Das in Zufuhr gestörten Zeiten oder in Kriegsnot kein Getreide in die Schweiz kommt und die Pflichtlager abgebaut sind an diese Zeiten denken nur andere Leute. Das macht einzelnen oder sogar grossen weiter sehenden Leuten sorgen, vor allem in den Konsumentensehen das so und wird auch so kommen. Mit dem Einzug der Eisenbahn wurde das Brotgetreide verdrängt, das Getreide Gesetz haben wir nicht mehr
das geht uns Milchproduzenten schon lange so , steigt der Milchpreis sind wir Schuld dass Migros – Emmi und Co. in der Schweiz kaum noch überleben können ! Jedes Jahr sind ca. 10000 Michkühe weniger und ca. 50000 Menschen mehr in der Schweiz doch uns wird weiss gemacht dass die Preise nicht steigen dürfen und können ! Es nützt nichts sich darüber aufzuregen wir müssen den Markt selber in die Hand nehmen wie das S. Guggisberg vorbildlich auf seinem Betrieb macht .
Es gibt Geld – und zwar soviel die Getreidebauern haben müssen – oder die Mähdrescher werden nicht gestartet. So einfach ist das.