Mehltau (weiss) auf Winterweizen. – Strickhof, Markus Hochstrasser
Um den Pilz nachhaltiger bekämpfen zu können, ist es wichtig, den Krankheitserreger zu verstehen. Forschende der Universität Zürich (UZH) haben nun herausgefunden, wie sich der Mehltau weltweit ausbreiten konnte.
Weizen gehört zu den weltweit wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Die zentrale Rolle des Getreides für die globale Ernährungssicherheit wurde nicht zuletzt durch die kriegsbedingt ausfallenden Getreideexporte aus der Ukraine augenfällig.
Zucht Mehltau-resistenter Getreidesorten
Ernten sind aber auch durch Schädlingsbefall bedroht, was wirtschaftliche Verluste und Hungersnöte zur Folge haben kann. Zu den gefürchtetsten Erregern gehört der Mehltau, ein Pilz, der den Ertrag drastisch reduziert.
Um einem Befall vorzubeugen, wird massiv in die Zucht Mehltau-resistenter Getreidesorten investiert, wie die UZH am Mittwoch mitteilte. Diese resistenten Sorten sollen dem Pilz keine Angriffsfläche bieten, denn der Erreger muss optimal mit seinem Wirt übereinstimmen, um das Getreide zu befallen. Aber der Mehltau überrascht stets aufs Neue mit seiner Fähigkeit, sich rasch an neue Wirte anzupassen. Wie er sich weltweit auf verschiedenen Getreidesorten ausbreiten konnte, war bisher unbekannt.
172 Mehltau-Varianten untersucht
Den Forschenden um Thomas Wicker und Beat Keller vom Universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP) «Evolution in Aktion» ist es jetzt gelungen, die Erfolgsgeschichte des Weizen-Mehltaus zu entschlüsseln. Dazu haben sie die genetische Zusammensetzung von 172 Mehltau-Varianten aus 13 Ländern auf vier Kontinenten miteinander verglichen.
So konnten sie belegen, dass der Mehltau vor über 10’000 Jahren im Nahen Osten entstanden ist, wo auch die Landwirtschaft und der moderne Weizen ihren Ursprung haben, wie es in der Mitteilung heisst. In der Stein- und Bronzezeit breitete sich die Landwirtschaft nach Europa und Asien aus und durch Migration und Handel erreichte der Schädling neue Gebiete. Schliesslich schleppten europäische Siedler vor etwa 300 Jahren mit dem Weizen auch den Mehltau nach Nord- und Südamerika ein.
Häufige Hybridisierungen
Mit ihren Daten konnten die Forschenden nun frühere Vermutungen bestätigen: In der Geschichte des Mehltaus kam es entlang der Verbringungsrouten des Weizens häufig zu Hybridisierungen, also genetischen Vermischungen verwandter Mehltau-Arten. «Diese scheinen für die rasante Evolution der Pathogenität des Mehltaus verantwortlich zu sein», erläutert Kentaro Shimizu, Co-Direktor des Universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP). «Besonders deutlich wird das am Beispiel der vielen amerikanischen Weizensorten, die in den letzten 120 Jahren für die Kreuzung mit traditionellen ostasiatischen Weizens nach Japan gebracht wurden. «Der ebenfalls importierte amerikanische Mehltau hybridisierte mit der ortsansässigen Variante, und die entstandenen Mischlinge konnten neu gezüchtete Weizensorten erfolgreich befallen», sagt Shimizu.
Um die Verbreitung des Mehltaus zu erforschen, bedienten sich die Forschenden theoretischer Analysen, die ursprünglich geschaffen wurden, um die Entwicklungsgeschichte der Menschheit zu untersuchen. «Unsere Studie zeigt einmal mehr, dass die Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und der Einsatz unkonventioneller Methoden bei der Erforschung solch komplexer Themen grosses Potential hat», erklärt Kentaro Shimizu.