Es dauert lange, bis Plastik und Kompostsäcke zersetzt sind.
zvg
Plastikabfälle sollten auf keinen Fall in die Natur geworfen werden, auch nicht solche aus biologisch abbaubarem Plastik. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
Das WSL hat die Fähigkeit von Mikroben in kalten Alpenböden daraufhin untersucht, über welchen Zeitraum Plastik in der Natur abgebaut wird.
«Bioplastik» nicht liegen lassen
Für seine Untersuchung hat der Forscher Joël Rüthi im Labor in Bodenproben aus 3000 Metern Höhe im Engadin drei Arten von Plastik vergraben: zwei biologisch abbaubare Verpackungen, wie sie für Kompostsäcke verwendet werden, und ein Stück Polyethylen (PE), aus dem gewöhnliche schwarze Müllsäcke hergestellt werden.
Nach fünf Monaten bei 15 Grad Celsius wiesen die beiden abbaubaren Folien kleine Löcher und einen Bewuchs (Biofilm) aus Bakterien und Pilzfäden auf. Das PE dagegen war komplett unverändert. «Die Kompostsäcke wurden zwar teilweise abgebaut, aber bis zur vollständigen Zersetzung würde es sehr viel länger dauern», sagt Rüthi. Deshalb sollten keinesfalls Plastikabfälle in den Alpen – oder sonst irgendwo in der Natur – entsorgt werden, auch nicht solche aus biologisch abbaubarem Plastik, führt Rühti weiter aus.
Plastik als Energiequelle
Mit genetischen Methoden konnte genau festgestellt werden, welche Organismen sich auf Plastik entwickelt hatten. Gene für Enzyme, die diese langen Molekülketten an bestimmten Stellen abbauen können, befanden sich auf kompostierbarem Kunststoff. «Daraus schliessen wir, dass sich dort Mikroorganismen angesiedelt haben, die chemische Substanzen, wie sie in Plastik vorkommen, abbauen», sagt Rüthi.
Auch Bakterien, die Luftstickstoff binden und daher für gesunde Böden wichtig sind, entwickelten sich gut. Sie nutzten den Kunststoff offenbar als zusätzliche Quelle für Energie und Kohlenstoff, da Kohlenstoff in alpinen Böden knapp ist.
Zahlreiche neue DNA-Sequenzen
Mit seiner Studie konnte der Wissenschaftler nachweisen, dass Mikroben, die Plastik abbauen können, in den Alpen vorhanden sind und aktiv sind, auch wenn ein vollständiger Abbau Jahre dauern kann.
Gleichzeitig entdeckte der Forscher zahlreiche neue DNA-Sequenzen, aus denen Enzyme gewonnen werden könnten, die Plastik abbauen, heisst es in der Studie, die im «Journal of Hazardous Materials» veröffentlicht worden ist. Das Ziel: Plastik wieder in seine Bausteine zu zerlegen und aus diesen dann neue Kunststoffe herzustellen – ohne dass dazu frisches Erdöl nötig ist. Konkrete Versuche, diese Enzyme nutzbar zu machen, gibt es bereits: Carbios in Frankreich möchte bis 2025 ein funktionstaugliches PET-Recycling-System zur Marktreife bringen. «Damit wäre eine echte Kreislaufwirtschaft für Plastik möglich», sagt Rüthi.