Samstag, 3. Juni 2023
07.03.2023 17:44
Futterbau

«Frühzeitiges Überweiden ist wichtig»

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Von: sum

Bruno Ottiger vom Milchvieh- und Matthias Koller vom Futterbauteam am Arenenberg TG raten, früh mit Weiden zu beginnen. Die Tiere können beim Überweiden nicht selektieren. Und die Bestockung der Gräser wird angeregt.

«Schweizer Bauer»: Wann hat in den letzten Jahren der Weideaustrieb stattgefunden?
Bruno Ottiger: Der Weideaustrieb am Arenenberg TG ist in den letzten Jahren zwischen dem 5. und 15. März erfolgt.

Von welchen Faktoren hängt der Zeitpunkt ab?
Matthias Koller: Der Zeitpunkt hängt von mehreren Faktoren ab. Als Erstes wird der Bodenzustand angeschaut. Genügend abgetrocknet muss der Boden sein, damit nicht bereits beim ersten Durchgang die Grasnarbe unnötig beschädigt wird. Zusätzlich muss das Pflanzenwachstum sicherlich begonnen haben. Das heisst, die Weiden haben sich vom Winter erholt und sind wieder dunkelgrün. Von Vorteil ist es auch, wenn das Wetter vorgängig beobachtet wurde und nicht bereits nach wenigen Tagen wieder aufgehört werden muss.

Welche Vorteile bringt ein grossflächiges Überweiden, bei dem die Kühe den Hauptanteil der Ration noch im Stall fressen? Für die Wiesen und für die Kühe?
Koller: Für die Wiese und deren Pflanzenbestand ist frühzeitiges Überweiden von Bedeutung. Die Bestockung der wichtigen Futtergräser Wiesenrispengras und Englisch Raigras wird gefördert. Somit werden Lücken im Bestand geschlossen, und es ergibt sich eine trittfeste Grasnarbe. Die Tiere können beim grossflächigen Überweiden mit tiefem Futterangebot nicht selektieren, somit werden auch die Pflanzen gefressen, die sonst weniger beliebt sind, etwa Scharfer Hahnenfuss. Wer dies über mehrere Jahre macht, kann die Unkräuter zurückdrängen.
Ottiger: Für die Tiere ist ein drei- bis vierwöchiger Übergang von der Winterfütterung ins junge Gras von grosser Bedeutung. Das Pansenmilieu braucht 20 bis 30 Tage, um sich an das neue Futter zu gewöhnen und optimal verdauen zu können.

Sollte man Hochleistungskühe ebenfalls früh auf die Weide lassen? Was ist bei ihnen bei der Rationenplanung zu beachten? Welche Ergänzung ist wichtig zu jungem Frühlingsgras?
Ottiger: Ich sehe keinen Grund, wieso die Hochleistungskühe nicht auf die Weide gehen dürfen im Frühjahr. Hier ist entscheidend, wie hoch der Weideanteil in der Ration ist. Allgemein muss darauf geachtet werden, die Rationenschwankung möglichst gering zu halten. Bei einer Hochleistungskuh könnte dies negative Folgen haben.
Koller: Am Anfang der Saison beim Überweiden ist das Futter sehr proteinreich, daher muss mit Energie, also Heu, Mais (Silage oder getrocknet) ergänzt werden.
Ottiger: Durch Zählen der Kauschläge kann in dieser Phase die Rohfasergerechtigkeit der Ration jederzeit einfach überprüft werden. Sinkt die Anzahl Kauschläge unter 50 pro Bissen, muss der Strukturanteil vergrössert werden. 

Rationenschwankungen sollten möglichst gering gehalten werden
Roland Widmer

Ab welchem Datum, welcher Wiesenhöhe kann die Weide den Bedarf der Kühe so weit decken, dass im Stall nur noch wenig zugefüttert werden muss?
Koller: Diese Frage kann nicht abschliessend beantwortet werden. Jeder Betrieb verfolgt eine Weidestrategie, die sich meist über Jahre auf dem Betrieb etabliert hat. Diese Strategie muss der Tierzahl, Milchleistung und dem Betrieb (vorhandene Flächen) angepasst sein. Die Strukturversorgung bei junger Weide ist immer knapp, somit ist die Zufütterung eines Strukturfutters im Stall sinnvoll, was zu einer Kontinuität der Ration beiträgt.

Ist es sinnvoll, während der Weideperiode unabhängig von der Leistung zuzufüttern?
Ottiger: Grundsätzlich verändert sich das Nährstoffangebot auf der Weide während der Vegetationszeit erheblich. Frühlingsgras hat viel Zucker, Herbstgras viel Eiweiss. Mit der richtigen Ergänzung kann das Leistungspotenzial der Weide optimal ausgenutzt werden. Am Arenenberg wird neben der Weide noch ein Teil Heu oder Emd an der Krippe verfüttert. Es gibt aber auch Betriebe, die Vollweide betreiben und die Tiere nur zum Melken in den Stall lassen und somit auch nichts zufüttern. Sinnvoll heisst, passend ergänzen.

Wie kann ich abschätzen, ob das Angebot auf der Weide genügt (Grashöhe), je nach Zufütterung im Stall?
Koller: Um herauszufinden, wie hoch das Angebot auf der Weide ist, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Erfahrungswerte der Betriebsleiter sind hier von grosser Bedeutung. Wichtig ist, die Weide nicht aus den Augen zu verlieren und wöchentlich zu besichtigen. So kann man kurzfristig handeln, wenn die Bewirtschaftung angepasst werden muss. Am Arenenberg verwenden wir ein Platimeter. Dieses wird verwendet, um die Grashöhe zu messen, um so immer abschätzen zu können, was für ein Futterangebot in den verschiedenen Koppeln vorhanden ist. Je nach Zufütterung im Stall kann somit die tägliche Koppelgrösse gewählt werden.

Um herauszufinden, wie hoch das Angebot auf der Weide ist, gibt es mehrere Möglichkeiten.
Maja Boner

Bis zu welcher Leistung ist eine reine Weidehaltung ohne Stallfütterung praktikabel?
Koller: Dies hat einerseits mit der Rassenwahl zu tun. Je nach Leistungsbereitschaft einer Herde kann es Abweichungen geben. Andererseits hat dies auch mit dem Klima und dem Standort des jeweiligen Betriebs zu tun. Vom Talgebiet bis in die Hügelzone oder Bergzone kann dies stark voneinander abweichen. Betriebe, die reine Weidehaltung ohne Stallfütterung betreiben, müssen sich daher die Frage stellen, welche Leistung möglich ist. Schliesslich möchte man das Maximum aus einer Hektare Fläche herausholen. Ob dies auf die Milchleistung oder Kilogramm Inhaltsstoffe ist, entscheidet jeder Betrieb selbst.

Welche Stoffwechselstörungen haben im Frühling die grösste Bedeutung? Ist Tetanie noch verbreitet?
Otttiger: Stoffwechselstörungen sind zu vermeiden, da die Leistungsbereitschaft der Tiere darunter leidet. Wie bereits erwähnt, kann bei junger Weide die Strukturversorgung eine Herausforderung werden. Fällt die Wiederkautätigkeit stark ab und die Einspeichelung des Futters wird minimal, kann dies zu Pansenübersäuerung führen. Euter-, Fruchtbarkeitsund Klauenprobleme sind die Folgen. Durch den Einsatz von magnesiumreichen Mineralstoffen kann der Weidetetanie vorgebeugt werden. Besondere Vorsicht ist bei nasskalter Witterung angezeigt. In solchen Phasen ist der Zufütterung im Stall mehr Bedeutung zu schenken. 

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