Die Anwendung von Glyphosat soll zunächst stark eingeschränkt und bis Ende 2023 ganz verboten werden. – pixabay
Das Insektenschutzpaket sieht ein grundsätzliches Glyphosat-Verbot ab 2023 vor. In Schutzgebieten sind weitere Verbote vorgesehen. Der Bauernverband kritisiert die neue Regelung scharf.
Monatelang kam es zu Streit zwischen dem Agrarministerium von Julia Klöckner (CDU) und dem Umweltressort von Svenja Schulze (SPD). Aber Mittwoch gab es einige Einigung auf Massnahmen zum Insektenschutz. Das Kabinett beschloss ein Gesetzespaket der beiden Ministerien. Es regelt unter anderem den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und weist Schutzgebiete aus, um das Insektensterben zu reduzieren.
Streuobstwiesen
Der Entwurf des Insektenschutzgesetzes sieht unter anderem vor, dass Biotope wie Streuobstwiesen und artenreiches Grünland für Insekten als Lebensräume erhalten bleiben. Auch die Lichtverschmutzung als Gefahr für nachtaktive Insekten soll künftig eingedämmt werden.
Die deutsche Regierungskoalition hatte sich auf ein entsprechendes Paket geeinigt, wie das Landwirtschaftsministerium (BMEL) mitteilt. Bis 2023 wird der Glyphosat-Einsatz stark beschränkt, danach ganz untersagt. Das Paket enthält zudem weiter Beschränkungen für Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten (FFH-Gebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) und Regelungen für Gewässerrandstreifen.
Gefährdet Existenz der Bauernfamilien
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), kritisierte die Vorlage deutlich. Der Gesetzesentwurf sei kurzsichtig und ein strategischer Fehler für die Naturschutzgebiet, wird er in einer Medienmitteilung zitiert. Auflagen und Verbote würden nicht weiterhelfen, der einzig wirksame Weg sei die Kooperation zwischen Naturschutz, Gesellschaft und Landwirtschaft.
«Dieses Gesetzespaket gefährdet die Existenzgrundlage vieler Bauernfamilien», so der DBV-Präsident. «Die Strategie der Bundesumweltministerin, den Insektenschutz mit Verboten durchzusetzen, halten wir für grottenfalsch und sogar für gefährlich», sagte er weiter.
FDP: «kalte Enteignung»
Protest kam auch aus der Opposition. Das Vorhaben zum Insektenschutz entbehre «jeder validen wissenschaftlichen Grundlage», sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Frank Sitta der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Paket werde «eine kalte Enteignung von vielen tausenden Betrieben in Kauf» genommen. Auch andere Bundestagsabgeordnete äusserten am Mittwoch Bedenken und konfrontierten die Umweltministerin mit zahlreichen Fragen, unter anderem zu den Folgen für die Landwirte.
Schulze betonte, dass aus ihrer Sicht nicht der Insektenschutz das Problem der Bauern sei, sondern vor allem die «Billigpreis-Politik im Handel». Damit müsse Schluss sein. «Insektenschutz sichert auch die Zukunft der Landwirtschaft», sagte Schulze. Zuvor hatte Agrarministerin Klöckner um Verständnis für die Ängste der Landwirte geworben.
Umweltverbände zufrieden
Mehrere Umweltverbände begrüssten die beschlossenen Massnahmen. Zustimmung signalisierten unter anderen der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). «Jedes eingesparte Kilo Pestizid, jeder pestizidfreie Quadratkilometer Land und jede eingesparte Lichtquelle sind positiv für Insekten und Natur. Auch der endgültige Ausstieg aus der Glyphosat-Landwirtschaft weist in die richtige Richtung», sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.
Es sei richtig, dass «in bestimmten Schutzgebieten nun kooperative Lösungen» gesucht würden, bei denen Landwirte für den Insektenschutz honoriert werden, sagte Bandt.
Ausstieg aus dem Glyphosateinsatz
Die Anwendung wird grundsätzlich ab dem 31.12.2023 verboten:
- die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich.der Einsatz auf Flächen, die von der Allgemeinheit genutzt werden (zum Beispiel in Parks oder auf Sportplätzen).
- In der Landwirtschaft wird der Einsatz stark eingeschränkt.
- Im Ackerbau ist die Anwendung nur als absolute Ausnahme erlaubt.
- Es darf dann verwendet werden, wenn Böden erosionsgefährdet sind und Unkräuter nicht mechanisch bekämpft werden können.
- Oder bei bestimmten Unkräutern, die anders nicht mechanisch bekämpft werden können.
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in FFH-Gebieten (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)
- In FFH- und Vogelschutzgebieten wird es kein generelles Verbot der Anwendung von bestimmten Pflanzenschutzmitteln geben.
- Auf Grünland in FFH-Gebieten, wird die Anwendung von Herbiziden und Insektiziden verboten.
- Davon ausgenommen sind: Sonderkulturen wie Obst und Gemüse, Wein, Hopfen sowie die Saat- und Pflanzengutvermehrung.
- Für Ackerland wird der kooperative Ansatz zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft dem Ordnungsrecht vorgezogen.
- Mitte 2024 wird überprüft, ob Pflanzenschutzmittel so weitgehend reduziert wurden, wie vorgesehen.
- Auf der Grundlage dieses Berichts wird entschieden, ob weitere Schritte erforderlich sind.
Gewässerrandstreifen
- Es wird eine Regelung zur Pflanzenschutzmittelanwendung auf Gewässerrandstreifen eingeführt.
- Bestehende Regelungen der Länder bleiben unberührt.
- Bereits jetzt haben mehr als die Hälfte der Bundesländer Regelungen zu Gewässerrandstreifen oder werden solche einführen.
- Konkret können die Länder zum Beispiel die Anlage von Blühstreifen auf diesen Flächen fördern.
Biotopschutz
- Der Schutz wird auf Biotope ausgeweitet, die einen wichtigen Lebensraum für viele Insektenarten darstellen (auf „artenreiches Grünland“, „Streuobstwiesen“, „Trockenmauern“ und „Steinriegeln“).
- Die Definition und Ausweisung ist so ausgewogen, dass die landwirtschaftliche Nutzung weiter möglich ist.
- Denn diese ist Voraussetzung für den Erhalt von Streuobstwiesen und artenreichem Grünland.
- Ziel der Ausweisung als geschützte Biotope ist es, eine Zerstörung oder Beeinträchtigung zu vermeiden und sie so als wichtige Lebensräume für Insekten zu bewahren.
- Massnahmen, die zur Erhaltung und insektenfreundlichen Bewirtschaftung dieser Biotope erforderlich sind, sowie eine finanzielle Förderung dieser Massnahmen sind auch weiterhin möglich.
3 Responses
Was werden unsere Kinder einmal noch Essen? Und woher will die die Schweiz noch Importieren denn der Ertrag wird um ein Drittel schrumpfen.
Warum sollte der Ertrag schrumpfen? Glyphos hat auf den Ertrag keinen- oder eher negativen- Einfluss.
Lieber Urs, Ich denke, dass Du Bauer bist. Wenn ja, dann mach Dir um die Deinen keine Sorgen. Du wirst sie sicher weiter ernähren können. Ich bin nicht Bauer, besitze ca 3 ha Eigenland, bewirtschafte noch die mir zustehende Jucharte Burgerland. Daneben bin ich „Ausputzer“ von 10 kleinen Landstücken, die niemand haben will. Total sind das 8 Hektaren. Das wird für meine Familie reichen. Weshalb soll ich mir Sorgen um den Import machen? Es reicht ja schon heute nicht mehr für alle in der Schweiz.