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In über 40 Prozent aller untersuchten Stichproben aus 18 Ländern wurden signifikante Spuren des Pestizids festgestellt. Die Schweiz liegt deutlich unter diesem Wert (CH: 17%).
Eine breit angelegte Untersuchung hat bei Stichproben in 18 europäischen Ländern, darunter in der Schweiz, Spuren des Totalherbizids Glyphosat im Urin nachgewiesen. Nun soll abgeklärt werden, wie etwa in der Schweiz der schädliche Stoff in den menschlichen Körper gelangt.
Es sei nicht bekannt, ob der bei der Pflanzenvernichtung am weitesten verbreitete Wirkstoff in der Schweiz über das Essen oder das Trinkwasser in den menschlichen Körper gelange. Dies werde nun bei den zuständigen Behörden und auch den Grossverteilern abgeklärt, sagte Marcel Liner von Pro Natura am Donnerstag auf Anfrage. „Brennend interessieren uns die langfrsitigen Folgen des Glyphosat-Einsatzes für Mensch, Tier und Pflanzen“, fährt er fort.
Auf Malta fast bei jeder Person nachweisbar
Die europäische Untersuchung im Auftrag von Pro Natura und ihrem internationalen Netzwerk Friends of the earth wies in 44 Prozent aller getesteten Urin-Proben Rückstände von Glyphosat nach. Bei den Schweizer Stichproben waren es zwei auf zwölf Proben, die Spuren des Stoffes aufwiesen, wie die Naturschutzorganisationen mitteilten.
Am meisten Rückstände wurden in Malta gefunden. Dort waren 90 Prozent der Proben positiv. In Deutschland, Grossbritannien und Polen hatten 70 Prozent der Stichproben Rückstände des Pflanzenschutzmittels. Auch in den Niederlanden, Tschechien, Belgien, Lettland und Zypern waren über 50 Prozent der Proben positiv. Die Probanden haben allesamt in städtischen Gebieten gewohnt. Sie hatten damit keinen direkten Kontakt als Anwender mit Glyphosat-Produkten. In die Studie miteinbezogen wurden Fleischesser wie auch Vegetarier. Wie Pro Natura betont, sei dies die erste Studie, die Rückstände dieses Pestizids im menschlichen Körper untersuche.
Folgen für Hormonsystem
Pro Land seien zwischen acht und zwölf Proben genommen worden, erläutert Liner. Es sei aus früheren Untersuchungen bekannt, dass sich kleine Dosen von Glyphosat negativ auf das menschliche Hormonsystem auswirkten. Und die Urinproben seien nur auf Glyphosat untersucht worden. Es gebe noch andere Beistoffe, die in Kombination gefährlich sein könnten.
Derzeit gebe es keine Glyphosat-Kontrollen bei Lebensmitteln. Die Zulassung des Mittels werde praktisch ausschliesslich auf Daten der Hersteller abgestützt. Nun müsse in Erfahrung gebracht werden, was die langfristigen Folgen des Gifteinsatzes für Menschen, Tiere, Pflanzen und Grundwasser seien, hiess es bei Pro Natura.
300 Tonnen pro Jahr in der Schweiz
Glyphosat gehört weltweit zu den am weitesten verbreiteten Pestizide. Wie Pro Natura schreibt, töte dieses als sogenanntes Totalherbizid alles ausser den glyphosat-resistenten Nutzpflanzen (auch GV-Pflanzen) ab. Eingesetzt wird das Herbizid in der Landwirtschaft, entlang des Schienennetzes und in privaten Gärten.
In der Schweiz werden den Angaben zufolge jährlich schätzungsweise 300 Tonnen des Pflanzengifts verkauft. Damit sei Glyphosat mit Abstand das weitest verbreitete Mittel zur Unkrautbekämpfung. Marktführer in der Schweiz ist der Agrochemie-Konzern Syngenta.
Kein Anlass zu Bedenken
Dafür äusserte sich der Dachverband von Chemie, Pharma und Biotech – scienceindustries. Die in der Studie gefunden Glyphosat-Mengen gäben keinen Anlass zu gesundheitlichen Bedenken, erklärte Sprecher Marcel Sennhauser. Sie seien weit unter der von der EU als unbedenklich angesehenen täglichen Gesamtaufnahme mit der Nahrung.
Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kommt zu diesem Schluss. Urin sei ein effizientes Ausscheidungmittel für Glyphosat. Von Tierversuchen sei bekannt, dass über 90% des eingenommenen Glyphosats nach 24 Stunden wieder vom Körper ausgeschieden und nicht im Körper angereichert werde. Es gebe keinen Grund, wegen der nun veröffentlichten Studie die Risiken für den Menschen neu zu beurteilen.