Wegen der systemischen Wirkung wurden Neonicotinoide häufig als Saatgutbehandlungsmittel verwendet.
Bayer crop science
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag ein wegweisendes Urteil zu Neonicotinoiden gefällt. Die Richter entschieden, dass die Ausnahmeregelung in Belgien vom allgemeinen Verbot des Wirkstoffs in der EU unzulässig war.
Von der Ausnahmeregelung für Neonicotiniode machen auch Österreich, Frankreich und zahlreiche andere EU-Mitgliedstaaten Gebrauch. Dem EuGH zufolge habe Belgien die Erlaubnis für die Beizung von Saatgut – wie etwa bei Zuckerrüben – nicht ausreichend begründet.
Gemäss den Richtern ist der Schutz der Umwelt und der Gesundheit ein hohes Gut. Sie bezogen sich auf ein Gutachten der Europäischen Lebensmittelbehörde, nach dem neonicotinoidhaltige Beizen ein Risiko für die Bienen sind. EU-Mitgliedstaaten hätten zuerst eine weniger gefährliche Alternativen prüfen müssen, bevor sie für den EU-weit verbotenen Wirkstoff eine Ausnahmeregelung zuliessen, berichtet agrarzeitung.de. Ausserdem dürfe die Ausnahmeregelung nur bei aussergewöhnlichen Umständen genutzt werden, hielten die Richter fest. Weil das Saatgut vorbeugend gebeizt werde, ohne auf einen besonderen Schadensfall einzugehen, habe Belgien sein Vorgehen nicht ausreichend begründet.
Neonicotinoide zählen zu den sogenannten systemischen Insektiziden. Das heisst, sie werden über die Pflanzenwurzeln oder die Blätter aufgenommen und verteilen sich dann über die ganze Pflanze. Wo auch immer saugende oder beissende Insekten die Pflanze schädigen, nehmen sie die giftigen Substanzen auf. Einmal aufgenommen, greift der Wirkstoff schnell in das Nervensystem der Tiere ein und verursacht dort einen Dauerreiz an den Nervenzellen, der zu Krämpfen und schliesslich zum Tod der Insekten führt.
Wegen der systemischen Wirkung wurden Neonicotinoide häufig als Saatgutbehandlungsmittel verwendet. Das heisst, das Saatgut wurde mit dem Wirkstoff umhüllt. Das hatte zum Ziel, dass der Wirkstoff bereits von der jungen Pflanze aufgenommen werden konnte.
Seit 2018 ist die Freilandanwendung der drei Neonicotinoide Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid in der Landwirtschaft EU-weit verboten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte zuvor die Schädlichkeit der Stoffe für Wild- und Honigbienen bestätigt.
Im Mai 2020 verlor mit Thiacloprid ein weiteres Neonicotinoid die Zulassung. Damit sind aktuell vier von fünf Wirkstoffen aus der Gruppe der Neonicotinoide vom Markt verschwunden. -> Mehr gibts hier