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Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten -
Der Agronom Andreas Bosshard ist Geschäftsführer von Vision Landwirtschaft, Inhaber eines Planungs- und Forschungsbüros, Saatgutproduzent und Mitbewirtschafter des Biohofes Litzibuch in Oberwil-Lieli.
Immer mehr produzieren und gleich wenig verdienen. Können die Bauern selbst diesen Pfad zu verlassen? Es ist umstritten.
Für Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaftslehre, leiden die Bauern innerhalb der Wertschöpfungskette unter einer schlechten Marktposition und einer geringen Verhandlungsmacht insbesondere auf den Massenmärkten, die ja den Grossteil der landwirtschaftlichen Produktion ausmachen.
Scheinproduktivität
Die Produzentenpreise seien deshalb chronisch schlecht. Das führe dazu, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Betriebe zwar produktiver geworden sind, aber immer noch gleich wenig verdienen. Binswanger spricht dabei von der landwirtschaftlichen Tretmühle. Am Anlass von agrarinfo.ch kürzlich in Olten SO stellte er diese Sichtweise einmal mehr vor. Diesmal allerdings hatte Binswanger in der Person von Agrarökologe Andreas Bosshard, Geschäftsführer der Denkwerkstatt Vision Landwirtschaft, jemand, der ihm widersprach: «Diese Produktivitätsspirale kann ein Landwirt aus eigener Initiative grundsätzlich durchbrechen.»
Bei der Milchproduktion könnten laut Bosshard ein Drittel aller Schweizer Milchviehbetriebe auf Vollweidehaltung mit Verzicht auf Kraftfutter umstellen. Laut Studien, auf die Bosshard verwies, könnten so pro Betrieb 20’000 Franken mehr Einkommen erwirtschaftet werden. Mit solchen Ansätzen könnten gleichzeitig bessere Resultate in der Ökologie und in der Ökonomie erzielt werden, sagte Bosshard. Die Landwirtschaft sei oft in einer Art Scheinproduktivität gefangen, die Geld und Ressource vernichte.
Milchkontingentierung sinnvoll
Im Milchbereich ist dies laut Bosshard besonders ausgeprägt der Fall. Da werde seit dem Ende der Milchkontingentierung mit importiertem Futter eine Gesamtmenge Milch produziert, die über dem liege, was in der Schweiz mit guter Wertschöpfung verkauft werden könne. Die Mehrmilch aus Futtermittelimporten sorge damit nicht nur für Umweltprobleme, sondern auch für tiefe Milchpreise in Folge.
Binswanger sagte dazu, dass die Milchkontingentierung sinnvoll gewesen sei und dass Hochleistungskühe «ein völliger Blödsinn» seien, weil sich die Schweizer Landwirtschaft damit der ausländischen angleiche. Hans Bieri von der Vereinigung für Industrie und Landwirtschaft (Svil) ergänzte, die Bauern seien seit dem Ende der Kontingentierung der Nachfragemacht der Abnehmer schutzlos ausgesetzt. So gebe es eine Mengenkonkurrenz, in der langfristige Rechenüberlegungen kurzfristig unter die Räder kämen.