Das internationale Übereinkommen von Kunming-Montreal setzt als ein Ziel, bis 2030 mindestens dreissig Prozent Flächen für den Schutz und die Förderung der Biodiversität zu sichern.
Hans-Peter Widmer
Die Ständeratskommission will keinen indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Sie möchte nicht auf die Vorschläge des Bundesrates eintreten und die Initiative ohne Gegenvorschlag an die Urne bringen. Ein Gesetzesentwurf mit einem «Swiss Finish» sei nicht nötig, findet die Mehrheit.
Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (Urek-S) fällte ihren Entscheid mit 6 zu 5 Stimmen und mit einer Enthaltung, wie die Parlamentsdienste am Mittwoch mitteilten. Die Mehrheit fand, die Voraussetzungen für das Festlegen von genügend Flächen mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität bestünden bereits.
Bestehende Instrumente genügen
Das internationale Übereinkommen von Kunming-Montreal (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework) setzt als ein Ziel, bis 2030 mindestens dreissig Prozent Flächen für den Schutz und die Förderung der Biodiversität zu sichern. Dies könne die Schweiz mit bestehenden Instrumenten weitgehend erreichen, befand die Mehrheit.
Zusätzliche rechtliche Rahmenbedingungen seien deshalb nicht nötig. Die Mehrheit befürchtet zudem, dass mit dem teilweise über die Initiative hinaus gehenden Gesetzesentwurf Nutzungsinteressen wie der Ausbau der Energieproduktion nicht genügend berücksichtigt werden könnten.
Nationalrat für Gegenvorschlag
Die Minderheit war der Auffassung, dass rasch und gezielt gehandelt werden muss, wie es in der Mitteilung hiess. Rechtliche Grundlagen und auch die Finanzierung für Schutz und Förderung der Biodiversität müssten festgelegt werden. Die Biodiversitätskrise sei im Bewusstsein der Menschen im Land angekommen.
Der Nationalrat hatte dem Gegenvorschlag im Herbst 2022 mit 104 zu 83 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt. Es geht um Änderungen im Natur- und Heimatschutzgesetz und weiteren Erlassen. Allerdings strich die grosse Kammer die konkreten Flächenziele (17 Prozent) aus der Vorlage des Bundesrates. Sie bevorzugt einen qualitativen Ansatz. Zum Abschluss der Detailberatung beschloss der Rat, dass auch regionale und lokale Biotope in den ökologischen Leistungsnachweis aufgenommen werden sollen. Weiter hat der Nationalrat im indirekten Gegenvorschlag verankert, dass die Schutzgebiete untereinander vernetzt werden sollen. Insbesondere die SVP wehrte sich vergeblich gegen die Schaffung dieser grünen Korridore.
Ständerat am Zug
Mit Nein zum Gegenvorschlag stimmten in der grossen Kammer SVP und ein Teil der FDP- und der Mitte-Fraktion. SP, Grüne, Grünliberale sowie Teile von Mitte und FDP stellten sich hinter das Gesetzesprojekt. Die Initiative selber empfehlen der Nationalrat und auch der Bundesrat zur Ablehnung.
Hinter der Biodiversitätsinitiative steht der Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur». Mit einer Anpassung der Bundesverfassung will die Initiative den Bund und neu auch die Kantone zum Schutz und zur Schonung von Biodiversität und Landschaft verpflichten. Sie fordert dafür mehr Gelder der öffentlichen Hand.
Über das Nichteintreten auf den indirekten Gegenvorschlag hat als nächstes der Ständerat zu entscheiden. Entscheidend sein dürfte in der kleinen Kammer, wie sich die einzelnen Mitglieder der FDP- und der Mitte-Fraktion zum Gesetzesprojekt stellen.
Zu den Kernelementen des Gegenvorschlags gehören die Biotope, Waldreservate und nationale Schutzgebiete. Erreicht werden soll die erweiterte Fläche mit der Ergänzung weiterer Biotope oder dem Ausbau von Waldreservaten. Zudem sollen die nationalen Schutzgebiete wo nötig saniert und – etwa durch Wildkorridore – verbunden werden.
Die allgemeiner formulierte Biodiversitätsinitiative will den Schutz der Natur, der Landschaft und des baukulturellen Erbes als gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen stärken. Sie will erreichen, dass die erforderlichen Flächen und finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden.