51,7 Prozent legten gemäss den Zahlen aus den Kantonen ein Ja ein und 48,3 Prozent ein Nein. – Screenshot SRF
Die Stimmenden in der Schweiz sagen Ja zum Freihandelsabkommen der Efta-Staaten mit Indonesien. Einmal mehr zeigt sich der Röstigraben: Während fast alle deutschsprachigen Kantone und das Tessin Ja sagten, lehnte die Westschweiz das Abkommen teilweise wuchtig ab.
Umstritten war das Abkommen mit Indonesien, weil es Zollerleichterungen für das umstrittene Palmöl bringt. 51,7 Prozent legten gemäss den Zahlen aus den Kantonen ein Ja ein und 48,3 Prozent ein Nein. Gemäss den Endresultaten aus den Kantonen standen rund 1’408’100 Ja 1’317’700 Nein gegenüber.
SVP, FDP, Mitte und GLP hatten ein Ja zum Freihandelsabkommen empfohlen, SP, Grüne und EVP die Nein-Parole ausgegeben. Das rot-grüne Lager kann zusammen mit dem Referendumskomitee einen Achtungserfolg verbuchen.
Gespaltenes Land
Das Land ist in der Frage des Freihandels gespalten: In der Deutschschweiz erhielt das Abkommen breite Unterstützung, mit Ja-Anteilen von 58,2 Prozent in Zürich und 51,7 Prozent in Bern. Als einziger deutschsprachiger Kanton sagte Basel-Stadt Nein.
In der Westschweiz dagegen war das Nein heftig: Waadt und Jura verwarfen die Vorlage wuchtig – nur je rund ein Drittel der dort Stimmenden hiess es gut. Auch Genf, Neuenburg und Freiburg sagten Nein. Einziger Westschweizer Kanton im Ja-Lager war das Wallis. Das Tessin sagte ebenfalls Ja, aber mit unter 51 Prozent knapp.
Tiefere Zölle
Indonesien ist der grösste Palmölproduzent weltweit. Das hierzulande umstrittene Palmöl stand im Zentrum der Debatte über das Freihandelsabkommen der Efta-Staaten mit dem südostasiatischen Land. Das Abkommen erleichtert die Einfuhr von Palmöl aus Indonesien und bringt günstigere Zölle, allerdings lediglich für Kontingente.
Denn die Zölle auf Palmöl werden nicht abgeschafft, sondern um 20 bis 40 Prozent gesenkt, und Rabatte werden für höchstens 12’500 Tonnen pro Jahr gewährt. Doch nur 0,1 Prozent aller Palmöl-Importe des Jahres 2019 stammten aus Indonesien. In den Jahren 2012 bis 2019 importierte die Schweiz pro Jahr im Mittel 32’027 Tonnen Palmöl, bei sinkender Tendenz.
Rückverfolgbarkeit garantiert
Vorgaben zur Einfuhr sollen garantieren, dass bei indonesischen Palmöl-Produkten die Rückverfolgbarkeit bis zum Hersteller und die nachhaltige Produktion gesichert sind. Den Bedenken der Gegner trage das Abkommen Rechnung, hatte der Bundesrat im Abstimmungskampf versichert.
Denn: «Stop Palmöl» nannte sich das Referendumskomitee, das die Abstimmung erwirkt hatte. Klimaschützer, Biowinzer, Bauern und linke Politikerinnen und Politiker gehörten dem Komitee an. Das Abkommen stehe exemplarisch für die negativen Folgen der Globalisierung, argumentierten die Gegner. Jährlich würden rund eine Million Hektar Urwald gerodet, unter anderem für Palmöl-Monokulturen.
Herausforderung beim Verhandeln
Palmöl war laut Wirtschaftsminister Guy Parmelin in den Verhandlungen eine Herausforderung. Ohne Zugeständnisse beim Palmöl wäre das Abkommen nach Angaben des Bundesrats nicht zustande gekommen.
Das neue Freihandelsabkommen öffnet den Unternehmen in der Schweiz laut den Befürwortern den Zugang zu einem zukunftsträchtigen Wachstumsmarkt. Sie sehen Potenzial in dem Land mit 265 Millionen Einwohnern. Indonesien hat eine stetig wachsende Wirtschaft und eine grösser werdende Mittelschicht.
In Kraft treten kann das Abkommen nach einem Ja am ersten Tag des dritten Monats nach der Ratifikation der letzten Vertragspartei. In der Schweiz ist allerdings die Verordnung zur Einfuhr von nachhaltig produziertem Palmöl noch bis 1. April in der Vernehmlassung.
«Keine Gefahr für Rapsöl»
Das Ja ist auch ein Erfolg für den Schweizer Bauernverband (SBV). Dieser hat sich für ein Ja eingesetzt. Die Gegner des Abkommens befürchten einen Preisdruck bei den Rapsproduzenten. Für den SBV ist diese Gefahr nicht gegeben. «Ausgewiesene Marktexperten sind sich darüber einig, dass die Konzessionen den Raps nicht unter Druck setzen. Die Importmenge an billigem Palmöl hängt nicht nur vom Preis ab, sondern vom spezifischen Verwendungszweck in der Industrie», sagte Beat Röösli, Leiter Internationales beim SBV, gegenüber schweizerbauer.ch.
Der Preis für Rapsöl werde nicht in Abhängigkeit vom Palmölpreis, sondern vom europäischen Sonnenblumenölmarkt gebildet. Zudem seien die Kontingente begrenzt und mit kostentreibenden Auflagen belegt. «In Konkurrenz zum Schweizer Rapsöl steht einzig das Teil-Kontingent von 1250 Tonnen rohem Palmöl, also lediglich 10 Prozent der gesamten Kontingente. Die 100 Tonnen in Flaschen werden kulturbedingt in Asia-Shops verkauft. Ganze 7500 Tonnen, also 60 Prozent des Kontingents, fallen auf Palmstearin. Das wird für die Herstellung von Seifen, Kerzen und Schmiermitteln verwendet und ist für unser Speiseöl keine Konkurrenz», so Röösli weiter.
Uniterre übt harsche Kritik
Die Bauernorganisation Uniterre übte harsche Kritik am SBV. «Mit dem Verbinden von Freihandel und Nachhaltigkeit macht der Bauernverband einen Kuhhandel mit Economiesuisse und dem Seco. Der SBV widerhandelt in gravierender Weise gegen ihre eigene Ernährungssicherheits-Initiative in dem sie die Nachhaltigkeit ad absurdum führt», tadelte Uniterre-Sekretär Rudi Berli den SBV.
Aus der Sicht der Bauernorganisation braucht es verbindliche und staatliche Nachhaltigkeitsstandards, die einen «fairen Wettbewerb garantieren und nachhaltige Ernährungssystemen sichern». Solche Standards mit massiven Zollreduktionen zu verbinden, führe zum falschen Schluss, dass Nachhaltigkeit nichts koste. «Das Abkommen mit Indonesien kann so zu einem Präzedenzfall für alle weiteren Freihandelsabkommen werden», befürchtet Uniterre.
In Kraft treten kann das Abkommen nach einem Ja am ersten Tag des dritten Monats nach der Ratifikation der letzten Vertragspartei. In der Schweiz ist allerdings die Verordnung zur Einfuhr von nachhaltig produziertem Palmöl noch bis 1. April in der Vernehmlassung.
Verhandlungen mit Malaysia
Die Schweiz verhandelt nach Angaben des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) mit mehreren Staaten über Freihandelsabkommen. Einer davon ist Malaysia, wo ebenfalls Palmöl produziert wird.
Vor gut zwei Jahren beauftragten National- und Ständerat den Bundesrat, bei den Verhandlungen mit Malaysia Palmöl nicht auszuklammern. Vielmehr soll der Bundesrat Bestimmungen für eine nachhaltige Produktion für Palmöl im Abkommen vorsehen.
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