Zwar wächst die Zahl der Menschen auf unserem Planeten seit einiger Zeit insgesamt immer langsamer, jedoch nicht in allen Regionen.
Brian Merrill
Nach einer neuen Prognose könnte die Weltbevölkerung schon um 2040 einen Höchststand von 8,5 Milliarden Menschen erreichen. Voraussetzung sei allerdings ein «Riesensprung» bei den Investitionen in wirtschaftliche Entwicklung, Bildung und Gesundheit.
Zu diesem Schluss kommen Forscherinnen und Forscher der internationalen Initiative Earth4All der Expertengruppe «Club of Rome» im am Montag veröffentlichten Arbeitspapier «People and Planet». Die Vereinten Nationen (Uno) gehen von einem Höchststand von rund 10,4 Milliarden Menschen erst im Jahr 2080 aus, wie es in einem Bericht vom Sommer 2022 hiess.
8-Milliarden-Marke geknackt
Im November hatte die Weltbevölkerung nach Uno-Angaben die 8-Milliarden-Marke geknackt. Einen Stand von 6 Milliarden Menschen hatte die Weltbevölkerung zuletzt um das Jahr 2000, um 1960 waren es erst halb so viele. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte die Welt ein immenses Bevölkerungswachstum: Zwischen 1950 und 2020 hat sich die Weltbevölkerung nach Uno-Daten mehr als verdreifacht.
Die Earth4All-Forscherinnen und -Forscher zeichnen nun zwei mögliche Szenarien für die Zukunft. Im ersten entwickelt sich die Welt wirtschaftlich ähnlich weiter wie in den letzten 50 Jahren. Dann erreiche die Bevölkerung bis 2050 ihren Höchststand, heisst es in der Analyse. Im zweiten Szenario könnte dieser sogar schon 2040 erreicht sein, wenn es unter anderem grössere Investitionen in die Bekämpfung von Armut gäbe.
Geburtenzahl ausschlaggebend
In anderen prominenten Bevölkerungsprognosen werde die Bedeutung einer raschen wirtschaftlichen Entwicklung oft unterschätzt, sind die Earth4All-Experten überzeugt. Wann die Weltbevölkerung an ihr Maximum gelange, hänge vor allem davon ab, wie sich die Länder mit besonders hohen Geburtenzahlen entwickeln. Wenn sich die Lebensbedingungen dort verbesserten, schrumpfe die Zunahme.
«Wir wissen, dass eine rasche wirtschaftliche Entwicklung in Ländern mit niedrigem Einkommen enorme Auswirkungen auf die Fruchtbarkeitsziffern hat», sagte Per Espen Stoknes, Leiter des Earth4All-Projekts. «Die Fruchtbarkeitsziffern sinken, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhalten und Frauen wirtschaftlich gestärkt werden und Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung haben.»
Neben Bildung und Gesundheit seien auch Fortschritte bei der Ernährung in armen Ländern wichtig, erklärte Catherina Hinz, geschäftsführende Direktorin des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. «Selbst wenn wir jetzt in die erforderlichen Bereiche investieren, wird es trotzdem noch dauern, bis sich die Fruchtbarkeitsziffern überall auf der Welt ändern.»
Bevölkerung wächst langsamer
Zwar wächst die Zahl der Menschen auf unserem Planeten seit einiger Zeit insgesamt immer langsamer, jedoch nicht in allen Regionen. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden dem Uno-Bericht zufolge etwa dreimal so viele Menschen in Afrika leben wie heute, knapp 4,3 Milliarden – etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung.
Die grössten Treiber sind dabei vor allem zehn Länder, aus denen 2050 mehr als die Hälfte aller neugeborenen Menschen stammen werden, darunter Nigeria, Äthiopien, und Sudan. Immer mehr einkommensstarke Länder werden hingegen – wie heute bereits Japan – in eine negative Bevölkerungsentwicklung rutschen.
Die Initiative Earth4All steht unter Federführung des Club of Rome, der Norwegian Business School und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Ihr Ziel ist, transformative politische und wirtschaftliche Lösungen für das 21. Jahrhundert zu erarbeiten, mit denen eine nachhaltige Entwicklung innerhalb der planetaren Grenzen erreicht werden kann.