Sonntag, 4. Juni 2023
23.03.2023 13:34
Milchmarkt

16 Millionen Verlust bei Hochdorf

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Von: sal

Die Milchverarbeiterin Hochdorf-Gruppe spricht mit Blick aufs Geschäftsjahr 2022 von operativen Fortschritten bei verbesserter Ertragsqualität und höherer Bruttomarge. Das erste Halbjahr verhagelt nichtsdestotrotz die Jahresrechnung. Der Jahresverlust liegt bei 15,8 Mio. Fr. Dividende für die Aktionäre gibt es keine. 

In der zweiten Jahreshälfte 2021 war die Hochdorf-Gruppe ein weiteres Mal in ihrer jüngeren Geschichte in eine Krise geraten. Der Chef (CEO) Peter Pfeilschifter musste abtreten, am 21. Januar 2022 folgte auf ihn Ralph Siegl, der seit 2020  dem Verwaltungsrat angehört. Siegl hat eine Vergangenheit bei Nestlé und Läderach Chocolat und hatte mit diversen Problemen zu kämpfen.

Bald aber besserte sich die Lage ein wenig, was der Finanzchef an einer Präsentation von Medienleuten und Investoren am Donnerstagvormittag anhand der Bruttomarge illustrierte. Diese erreichte im Februar 2022 ein Tief von 18%, was bei der Hochdorfgruppe hinten und vorne nicht reicht, um schwarze Zahlen zu schreiben.

Auf Stube Betriebsgewinn (EBIT) von minus 20,1 Mio. Fr. 

Die Bruttomarge stieg seit Februar 2022 kontinuierlich an und betrug im November 2022  25%. So resultierte sie denn für das zweite Halbjahr 2022 nach den Millionenverluste im ersten Halbjahr (EBITDA: minus 10,6 Mio. Fr.) auch ein knapp positiver Betriebsgewinn auf der Stufe EBITDA von 0,6 Mio. Fr., was über den Erwartungen lag. Übers ganze Jahr gab es so einen EBITDA von minus 10,0 Mio. Fr.

Zieht man davon die Abschreibungen ab, landet man aber bei minus 20,1 Mio. Fr (Stufe EBIT). Und davon müssen noch Zinsen und Steuern bezahlt werden. Hier profitierte Hochdorf von einer Steuergutschrift, die aktiviert werden konnte, sodass sich das Minus auf das Unternehmensergebnis hin nicht vergrösserte, sondern verkleinerte, und zwar auf 15,8 Mio. Fr. 

99’728 Fr. für Bauer Markus Bühlmann

Der vollständige Geschäftsbericht, den man auf der Website der Hochdorf-Gruppe vor lauter grossen Überschriften mit positivem Dreh suchen muss,  enthält auch die Zahlen zu den Vergütungen im Jahr 2022. CEO Ralph Siegl ist zugleich Verwaltungsrat. Als solcher bekam er 102’559 Fr. Vergütung, wobei diese in Cash erfolgte, von einer Auszahlung in Hochdorf-Aktien liest man nichts. Als CEO wurde er mit total 650’820 Fr. vergütet, wobei davon 107’680 Fr. Bonus sind und 121006 Franken arbeitgeberseitig zu tragende Beiträge in die Sozialversicherungskassen, die im Allgemeinen bei Bruttolöhnen, wie sie im Alltag angegeben werden, nicht bedacht sind.

Einen schönen Zahltag hatte aber auch der einzige Landwirt und Milchproduzent im Verwaltungsrat: Markus Bühlmann aus Rothenburg LU. Bühlmann vertritt im Verwaltungsrat den Grossaktionär Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP), die 17,95% an der Hochdorf-Gruppe halten und bei denen er selbst Vizepräsident ist. Bühlmann wurde für seine Arbeit als Verwaltungsrat im Jahr 2022 mit 99728 Fr. vergütet.  Für das Jahr 2021 hatte Bühlmann 84’670 Fr. bekommen. Nun tritt er nicht mehr zur Wiederwahl an.

An seiner Stelle schlägt der Verwaltungsrat zu seiner eigenen Ergänzung die Holländerin Marjan Skotnicki-Hoogland (ex Nestlé, ex FrieslandCampina) und den Franzosen Thierry Philardeau, ex-Chef der Sparte Babynahrung bei Nestlé. Es ist davon auszugehen, dass solche Fachleute ohne eine Vergütung von rund 100’000 Fr. pro Jahr nicht in den Verwaltungsrat kämen. Also muss auch der Bauer und ZMP-Vertreter ähnlich gut bezahlt werden, zumal er mit seiner Kenntnis der Milchproduktion, des Milchmarktes und der Milchpolitik ja auch ein Fachmann ist. sal

Hoher Milchpreis ein Problem für Hochdorf 

Die Milchverarbeiterin erwähnte vor den Medien stark gestiegene Rohstoffkosten. Zentral sind dabei nach wie vor Milch und Molke.  Laut der Darstellung betrug der Milchpreis im Berichtsjahr 73 Rp. gegenüber 68 Rp. im Jahr 2021 (+7,4%). Hochdorf kaufte aber weniger Milch ein, 217000 t gegenüber 253000 t im Vorjahr.

Das hat damit zu tun, dass Hochdorf beim margenschwachen Milchpulverbereich einen Teil auf Lohnveredlung umstellte. Das heisst, Hochdorf kauft die Milch nicht mehr selbst ein, sondern verarbeitet angelieferte Milch (oder Molke). So kann Hochdorf die eigene Verarbeitungsmarge sichern. Der CEO sagte, man sei aus verlustbringenden Geschäften ausgestiegen.

Milchbranche und Politik sollen Hochdorf helfen

Laut Siegl geht derzeit eine Preisschere auf: Die internationalen Milchpreise sinken, während in der Schweiz der Richtpreis bis Mitte Jahr fixiert sei. Das sei ein Problem. Er erwartet für 2023 nicht sinkende Milchpreise. Umso dringender ist für ihn der Appell an die Politik und an die Branche, ein Kompensations- und ein Exportförderungsmodell zu sichern, das Rücksicht auf Milchverarbeiter wie Hochdorf nimmt. Es ist ja heute so, dass die Branchenorganisation Milch mit ihrem Fonds Rohstoffpreisausgleich einen grossen Teil dazu beiträgt, dass auch für Schokolade, die in den Export geht und ohne Swissness-Kennzeichnung auskommt, Schweizer und nicht ausländisches Milchpulver verwendet werden.

Auch sagte der CEO, die Hochdorf habe sich bei der Milchbeschaffung breiter und besser aufgestellt, denn die ZMP hätten nicht genügend Milch für Hochdorf (vielleicht wollen sie auch nicht so viel Milch an Hochdorf liefern, wenn Hochdorf schlechter bezahlt als andere Molkereien). Massiv zu Buche schlugen bei Hochdorf auch die höheren Preise für Strom und Gas, von denen grosse Mengen fürs Trocknen der Milch und Molke verwendet wird. Genannt wurde ein Plus von 80,7% bei den Energiekosten. 

Fortschritte mit Firma von Grossaktionär Amir Mechria… 

Bereich Baby Care: «Das Ergebnis im zweiten Semester reflektiert Verbesserungen in der operativen Zusammenarbeit mit dem Grosskunden Pharmalys Laboratories, nachdem im ersten Halbjahr bis zur Klärung der neuen Zahlungskonditionen 2022 praktisch keine Umsätze getätigt worden waren.» Hinter diesem Satz in der Medienmitteilung steckt viel.

Pharmalys Laboratories wird vom tunesischstämmigen Arzt Amir Mechria kontrolliert, der diese Firma an Hochdorf verkauft hatte, doch nach grossen Problemen sie wieder zurückgekauft hat. Im Zuge dieser Transaktionen ist Mechria mit 20,68% zum grössten Aktionär der Hochdorf-Gruppe geworden. CEO Siegl erklärte, man habe in den ersten Monaten in Verhandlungen mit dem Baby-Care-Hauptkunden Pharmalys gestanden, nun sei die Beziehung geklärt.

… aber Mechria-Firma schuldet Hochdorf immer noch 66 Mio. Fr. 

Ein aufmerksamer Analyst stellte aber fest, dass die Zahlungsausstände der Pharmalys bei Hochdorf im Laufe des Jahres 2022 von 55 auf 66 Mio. Fr. gewachsen seien. Siegl sagte dazu, dass dies vor allem der zuletzt wieder gut laufenden Kundenbeziehung zu verdanken sei (das heisst: Hochdorf hat geliefert, Pharmalysis noch nicht bezahlt). Pharmalys habe eine 90tätige Zahlungsfrist und habe 2022 noch eine Altlast von 10 Mio. Fr. beglichen. Siegl machte klar, dass Hochdorf Pharmalys «austrocknen» würde, wenn man die ganzen 66 Mio. Fr. auf fällig stellen (also einfordern) würde. Dann könnte man nicht mehr zusammen die Geschäftschancen wahrnehmen, die sich zusammen mit Pharmalys böten. Pharmalys verkauft Babynahrung insbesondere in Afrika und im Nahen Osten. 

Starke Nachfrage nach Milchpulver für Schokolade

Als der Schreibende im Frühling 2011 seine erste Medienkonferenz bei Hochdorf besuchte, war bereits davon die Rede, das Milchpulvergeschäft herunterzufahren und das Babynahrungsgeschäft und andere innovative neue Geschäfte zu lancieren. Mittlerweile ist es so, dass der Bereich Food Solutions (vor allem Walzenvollmilchpulver für die Schokoladenindustrie) im Jahr 2022 212,6 Mio. Fr. Umsatz machte und der Baby Care 79,5 Mio. Fr. Dabei ist es so, dass das Geschäft mit Schoggimilchpulver über eindeutig geringere Margen verfügt als der Bereich Baby Care. Die Nachfrage nach dem genannten Milchpulver sei aber sehr stark gewesen.

Im Bereich Baby Care macht Hochdorf mit der Eigenmarke «Bimbosan» im Schweizer Fachhandel gute Geschäfte. Viele Produkte im Bereich Baby Care seien neu rezeptiert oder neu aufgesetzt worden, wurde betont. Hochdorf will seine Kompetenzen aus der Säuglingsnahrung auch für «special nutrition» nutzen, d.h. die Bedürfnisse von Erwachsenen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen zu decken. Und Hochdorf will auch bei Proteinen nicht tierischer (also pflanzlicher) Herkunft mitmischen. 

Kein Geld für Umzug nach Sulgen TG 

Der Fachkräftemangel und die Herausforderungen in der Personalrekrutierung wurden von beiden Führungskräften auch angesprochen. Insbesondere sei das schwierig am Standort Hochdorf, da die Firma ja öffentlich angekündigt habe, mittelfristig die Zelte (mindestens diejenigen der Produktion) in der Gemeinde Hochdorf LU abzubrechen und die Geschäfte am Standort Sulgen TG zu konzentrieren.

Damit war angesprochen, dass die Firma mit Blick auf die Schonung der knappen Liquidität, die anderswo besser eingesetzt werden kann, den Umzug um einige Jahre hinausgeschoben hat. Es ist die Gemeinde Hochdorf, welche der Firma das Areal abgekauft ist, nun bezahlt die Firma dort 3 Mio. Fr. Miete pro Jahr. 

Kein Geld zurück für Anleiheninhaber

Der Verlust in Millionenhöhe und die gestiegene Verschuldung (von 32,7 auf 56,8 Mio. Fr.) führen dazu, dass der Verwaltungsrat der Generalversammlung am 10. Mai 2023 beantragt, für das Geschäftsjahr auf eine Dividende zu verzichten. Seit den Jahren 2017 und 2018, als der Kurs der Hochdorf-Aktie während mehrerer Monate über 300 Fr. pro Stück gelegen hatte, ist die Aktie in einen kontinuierlichen Sinkflug übergegangen zu noch um die 20 Fr. Als Aktionär der Hochdorf konnte man also zuletzt viel Geld verlieren. Am Donnerstagmorgen, mit Publikation des Geschäftsberichts 2022, stieg der Kurs aber deutlich um rund 10% bis am Mittag. Die Anleger haben offenbar die operativen Fortschritte in der zweiten Jahreshälfte positiv aufgenommen.

Weniger freuen werden sich die vermutlich die Inhaber der Hybrid-Bonds (Wandelanleihen) in der Höhe von 125 Mio. Fr. Am 21. Juni 2023 hätte Hochdorf das Geld zum ersten Mal zurückbezahlen können, wenn sie gewollt (und gekonnt) hätte. Sie gab am Donnerstag bekannt, dass sie das nicht tun wird und dass sie auch die Zinszahlungen für ein weiteres Jahr aufschieben wird. Siegl sagte, man wisse, dass dies natürlich auf den Aktienkurs drücke (wenn bald viele zusätzliche Aktien ausgegeben würden, weil die Anleihe gewandelt werden müsste, würde sich der Gewinn auf mehr Aktien verteilen). Man suche dort die eierlegende Wollmilchsau und bemühe sich, verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen, der Verwaltungsrat sei intensiv am Diskutieren, wie er mit dieser Wandelanleihe verfahren wolle. 

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One Response

  1. ein Problem für Hochdorf ? muss ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben ? darf ich nicht mehr ruig schlafen und soll ich die Boni auf dem jetzt etwas bessern Milchpreis zurückgeben ? Fragen über Fragen , vielleicht sollte das Frau KKS entscheiden !

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