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In der Schweiz sei es ähnlich, so BIG-M und Uniterre. Die Bauern würden gezwungen, billige B-Milch von nicht einmal 45 Rappen abzuliefern. -
Zahlreiche europäische Milchbäuerinnen und Milchbauern sind gegen das Massnahmenpaket der EU-Kommission zur aktuellen Milchkrise.
Ein Teil der europäischen Milchbauern ist dagegen, dass Milchüberschüsse eingelagert werden, wie von der EU-Kommission beschlossen. Stattdessen fordern sie ein Programm zum freiwilligen Lieferverzicht. Die beiden Organisationen Uniterre und BIG-M verweisen auf die schwierige Situation der Schweizer Milchbauern.
Die Aussichten am europäischen Milchmarkt stimmen nicht gerade zuversichtlich. Die Preise für Molkereierzeugnisse dürften im Zuge der Corona-Krise in den kommenden Monaten weiter sinken. Davon geht zumindest die Rabobank in einer aktuellen Analyse aus.
Sinkende Produzentenpreise
Die Analyten gehen in den nächsten zwölf Monaten von insgesamt drei „Marktwellen“ aus. Die erste Phase werde von Panikkäufen im Detailhandel als Folge der eingeschränkten Mobilität der Konsumenten geprägt sein. Während der zweiten Welle werde auch diese Nachfrage – wie zuvor die der Gastronomie – zurückgehen, mit der Folge von Lageraufstockungen und Preisverfall. Den für Phase drei erwarteten Preisdruck begründen die niederländischen Fachleute mit einer voraussichtlich globalen Rezession.
Die Preise sind bereits im März gesunken. Die EU-Produzentenmilchpreise sind im März 2020 gesunken. Führende europäische Molkereien zahlten ihren Lieferanten im Mittel 33,26 Cent (34.95 Rp.) netto/kg Rohmilch. Und für April und Mai haben Molkereien wie FrieslandCampina, Arla oder Lactalis Preissenkungen vorgenommen.
Überschüsse nicht einlagern
Die EU-Milchbranche hat der Ausbruch der Pandemie aufgeschreckt. Die Preise für Milchprodukte sind aufgrund drastischen Absatzrückgängen deutlich am Sinken. Verarbeiter, Händler und Verbände haben bei der EU-Kommission Druck gemacht. Diese reagierte auf die angespannte Lage und sprach Gelder. 30 Mio. Euro (31.6 Mio. Fr.) stellt die Brüsseler Behörde für die private Einlagerung von Magermilchpulver, Butter und Käse bereit.
Doch diese Hilfe kommt nicht überall gut an. In vielen EU-Staaten wollen Bauern am Donnerstag gegen das Massnahmenpaket demonstrieren. Mit Unverständnis reagieren die Bauern des European Milkboardes (EMB) über den Entscheid zur privaten Lagerhaltung. «Es ist doch keine Lösung des Problems, wenn Milchüberschüsse einfach in Form von Butter und Milchpulver eingelagert werden», so das EMB. So entstünden lediglich Buttertürme und Milchpulverberge.
Weniger Milch produzieren
Das EMB blickt auf 2015 zurück. Damals wurden ebenfalls eingelagert. Erst nach dem Leeren der Lager seien die Preise wieder gestiegen. «Wenn der Absatz stockt, gibt es nur eine vernünftige Lösung: Es muss weniger Milch produziert werden», macht das EMB klar. Die Organisation fordert die Aktivierung eines EU-weiten Programms zur freiwilligen Senkung der Milchlieferungen. «Es ist Zeit, dass die Interessen der Grosskonzerne einen Rang zurückgestellt werden», so das EMB.
Auf eine ähnliche Situation weisen auch die Bauerngewerkschaft Uniterre und die Organisation BIG-M hin. In der Schweiz würden die Milchbauern zur Produktion von billiger B-Milch zu 45 Rappen gezwungen. So würden auch die wirtschaftlichsten Produzenten Geld verlieren, heisst es im Communiqué. «Mit dieser Billigstmilch wird nicht Butter hergestellt, sondern Billigprodukte. Das entstandene Butterloch wird mit Importen gefüllt. Gaht’s no», kritisieren BIG-M und Uniterre. Die Branchenorganisation Milch (BOM) hat aufgrund einer drohenden Versorgungslücke den Import von 1000 Tonnen Butter beantragt.
Falsch verstandene Hilfe an Konzern
Die beiden Organisationen fragen sich, ob die Rahmenbedingungen im Milchmarkt noch stimmen. Sollen Bauern mit Milch zu Dumpingpreisen die Anlagen der Milchindustrie auslasten helfen. Denn aufgrund des Preisdrucks müssten die Bauern Produktionsmethoden wählen, die von der Gesellschaft gar nicht erwünscht seien. Mit dem derzeitigen Milchpreis könnten die Bauern die derzeitigen Kosten gar nicht decken, geschweige die zusätzlichen Kosten für neue Umweltauflagen.
«Die Bauern zu zwingen, den Molkereien billige Milch zu liefern, ist falsch verstandene Hilfe an die Konzerne», heisst es unmissverständlich. Wenn die Bauern die Milchproduktion schlussendlich einstellen, dann sei das auch das Ende der Molkereien.