Das Land des Hofes wird nach dem System der regenerativen Landwirtschaft bewirtschaftet. – zvg
Eigentlich hätte die Stiftung «Lebendige Höfe» den nach biologisch-dynamisch Kriterien bewirtschafteten Betrieb «Hof am Stei» in Siblingen SH kaufen wollen. Doch das Schaffhauser Obergericht hat den Erwerb untersagt.
Die im Jahr 2018 gegründete Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, jungen Biolandwirtinnen oder -landwirten Höfe mit langdauernden Pachtverträgen von mindestens 30 Jahren zu günstigen Konditionen zur Verfügung zu stellen. Die Pächterinnen und Pächter müssen die Höfe nicht käuflich erwerben.
«Preistreiberei» unterbinden
Grund: «Biologische und biodynamische Bewirtschaftung erfordert lange Zeithorizonte, um erfolgreich zu sein. Biologisch oder biodynamisch arbeitende Landwirtschaftsbetriebe sollen mit ihrem bereits erreichten Hoforganismus und ihrer Bodenfruchtbarkeit erhalten bleiben», heisst es zum Stiftungszweck auf der Website.
Die Stiftung, in dessen Stiftungsrat Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli Mitglied ist, will zudem biologisch bewirtschaftetes Land der «Preistreiberei» und der problematischen monetären Bewertung bei einer Hofübergabe oder bei einem Generationenwechsel entziehen.
Ein solcher Betrieb sollte auch der «Hof am Stei» in Siblingen SH werden. Und eigentlich sah es im September 2020 gut aus. Jedenfalls sah es die Stiftung damals so: «Die Übernahme des Betriebs «Hof am Stei» in Siblingen konnte im August 2020 trotz grosser Hürden, die dem Hoferwerb durch eine Stiftung im Weg standen, erfolgreich abgeschlossen werden.»
Die Stiftung Lebendige Höfe wurde 2018 vom Verein für biodynamische Landwirtschaft gegründet. Im Stiftungsrat sitzen VertreterInnen des biologischen Landbaus und von Umweltverbänden. Die Stiftung hat den Zweck, biologisch und biologisch-dynamisch bewirtschaftete Höfe zu erwerben und dauerhaft der biologischen Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen. Damit soll biologisch bewirtschaftetes Land der «Preistreiberei» und der problematischen monetären Bewertung bei einer Hofübergabe oder bei einem Generationenwechsel entzogen werden.
Landwirtschaftsamt Verkauf stimmte zu
Auch der Kanton Schaffhausen unterstützte das Projekt. Die Behörden und die Stiftung arbeiteten gemeinsam Verträge aus, die es dem Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen ermöglichten, eine Bewilligung für den Erwerb eines Landwirtschaftlichen Gewerbes durch die Stiftung Lebendige Höfe zu erteilen.
Das Landwirtschaftsamt begründet die Zulassung des Erwerbs eines biologisch bewirtschafteten Hofes durch die Stiftung Lebendige Höfe mit dem Erhalt der biologischen Landwirtschaft (siehe Kasten). Es sollen langjährig biologisch oder biodynamisch bewirtschaftete Landwirtschaftsbetriebe mit ihrem bereits aufgebauten Hoforganismus und ihrer Bodenfruchtbarkeit erhalten bleiben.
Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB): Ausnahmen vom Prinzip der Selbstbewirtschaftung (Art. 64)
Bei fehlender Selbstbewirtschaftung ist die Bewilligung zu erteilen, wenn der Erwerber einen wichtigen Grund nachweist, namentlich wenn:
a) der Erwerb dazu dient, ein Gewerbe, das seit langem als Ganzes verpachtet ist, als Pachtbetrieb zu erhalten, einen Pachtbetrieb strukturell zu verbessern oder einen Versuchs- oder Schulbetrieb zu errichten oder zu erhalten;
b)der Erwerber über eine rechtskräftige Bewilligung für eine nach Artikel 24 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 zulässige nichtlandwirtschaftliche Nutzung des Bodens verfügt;
c)der Erwerb im Hinblick auf einen nach dem Raumplanungsrecht zulässigen Abbau von Bodenschätzen erfolgt und die Fläche nicht grösser ist, als es der Bedarf des Unternehmens an einer sinnvollen Rohstoffreserve oder an Realersatzland für eine Fläche im Abbaugebiet, je für längstens 15 Jahre, erkennen lässt. Wird das Land nicht innert 15 Jahren seit dem Erwerb bestimmungsgemäss verwendet, so muss es nach den Vorschriften dieses Gesetzes veräussert werden. Das gleiche gilt nach erfolgter Rekultivierung;
d) das landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstück in einer Schutzzone liegt und der Erwerber den Boden zum Zwecke dieses Schutzes erwirbt;
e)mit dem Erwerb die schutzwürdige Umgebung einer historischen Stätte, Baute oder Anlage oder ein Objekt des Naturschutzes erhalten werden soll;
f)trotz öffentlicher Ausschreibung zu einem nicht übersetzten Preis (Art. 66) kein Angebot eines Selbstbewirtschafters vorliegt;
g)ein Gläubiger, der ein Pfandrecht am Gewerbe oder am Grundstück hat, dieses in einem Zwangsvollstreckungsverfahren erwirbt.
Bundesamt für Justiz wehrte sich
Die Stiftung gab sich in der Folge optimistisch: «Diese Verträge können als Vorlage für weitere Hofkäufe in anderen Kantonen dienen.» Doch die Euphorie verflog jäh. Denn eine Bundesbehörde wehrte sich gegen den Verkauf, wie die «Schaffhauser Nachrichten» berichten. Das Bundesamt für Justiz legte Beschwerde ein. Der Verkauf stehe im Widerspruch zum geltenden bäuerlichen Bodenrecht, wonach Landwirtschaftsland nur an Selbstbewirtschafter verkauft werden dürfe.
Das Obergericht prüfte nun, ob ein gewichtiger Grund für eine Ausnahme besteht. Es kam nicht zu diesem Schluss. In der Urteilsbegründung anerkennte es, dass die Förderung des Biolandbau legitim ist und eine erfolgreiche biodynamische Bewirtschaftung nur über eine lange Zeit möglich ist.
Stiftung will Urteil nicht weiterziehen
Das Obergericht stimmte aber dem Bundesamt für Justiz zu, «dass mit der Anerkennung der Sicherung einer bestimmten Bewirtschaftungsform» als Grund für eine Ausnahmebewilligung «das Selbstbewirtschafterprinzip, das auch Ausdruck unternehmerischer Freiheit von bodenbewirtschaftenden bäuerlichen Betrieben ist, seines Sinnes entleert würde».
Gemäss den «Schaffhauser Nachrichten» will die Stiftung das Urteil nicht an Bundesgericht weiterziehen. Sie geht davon aus, dass dieses aus formaljuristischen Gründen das Urteil des Schaffhauser Obergerichts bestätigen würde. Wie es nun mit weitergeht, wollte die Stiftung gegenüber der Zeitung nicht sagen. Der «Hof am Stei» wird aber weiterhin nach biologisch-dynamisch bewirtschaftet.
Zum gehören nach eigenen Angaben 27 ha Acker- sowie Weide- und Wiesenland. Wir bauen Getreide und Futtergetreide sowie Kleegras und Körnermais für die Tiere an. Zudem Betrieb gehören 130 Hochstammbäume. Auf dem Hof leben 2000 Legehennen, davon 1200 in festen Ställen und 800 in drei mobilen Ställen. Zum Betrieb gehört auch eine Rindermast. Auf dem Hof leben bis zu 33 Tiere der Rasse Original Braunvieh. Sie werden auf dem Randenhof geboren. Nach dem Entwöhnen der Milch, mit ca. vier bis fünf Monaten, zieht ein Teil auf den Hof am Stei. -> Mehr zum Betrieb gibt es hier
3 Responses
Ich war GESCHOCKT, als ich vor gut einem Jahr las, was da „abgehen“ soll…… Ich konnte es einfach nicht glauben, dass sowas in einem Rechtsstaat möglich sein soll! Mit grosser Erleichterung und Befriedung lass ich nun, dass unser Rechtstaat ja doch noch (mindestens teilweise) funktioniert! „Ante legem omnes aequales sunt“, das gilt auch für Kapitalisten und Spekulaten die im Namen von „Bio“ das geltende Recht umgehen wollten um sich zu bereichern!
BRAVO JUSTITIA!!!!!!!!!!!!
Ikognito Es wäre interessant, wenn Sie das Problem des Schocks direkter benennen würden. Ich sehe in einem Betrieb dieser Art nichts schlechtes,wenn er von einer Fachperson geführt.
Ikognito ist. (hätte ich noch anfügen sollen zuletzt)