Grengiols-Solar ist im Saflischtal auf einer Fläche von 3,4 Quadratkilometern im Gebiet der Gemeinde Grengiols (VS) geplant.
Grengiols-Solar
Mit Grengiols-Solar soll in den Walliser Alpen eine der grössten Solaranlagen der Schweiz entstehen. Die Gemeinde Grengiols sowie fünf Energieunternehmen präsentierten am Mittwoch in Brig eine Machbarkeitsstudie. Bis Ende 2023 soll das Bauprojekt vorliegen. Die Anlage soll sich über 340 Hektaren erstrecken. Kühe sollen trotzdem grasen können.
Die Anlage ist für Schweizer Verhältnisse gigantisch. Auf einer Fläche von 3,4 Quadratkilometern – das sind 340 Hektaren – in 2000 bis 2500 Metern Höhe sollen im Endausbau 910’000 Solarmodule mit einer Leistung von 440 Megawattpeak dereinst 600 Gigawattstunden Strom liefern, 42 Prozent davon im Winter. Das hat eine Machbarkeitsstudie ergeben. Dies würde den Strombedarf von rund 200’000 Haushalten decken. In Kombination mit Wasserkraft könnte das Potenzial verdoppelt werden.
Projekt verkleinert
Im Vergleich zu den ersten Plänen wird die Anlage kleiner ausfallen. 2022 planten die Verantwortlichen eine Anlage auf 5,6 Quadratkilometern, das Kraftwerk hätte 2,4 Milliarden Kilowattstunden Strom geliefert und rund 400’000 Haushalte mit Strom versorgen. Damit wäre praktisch jeder besonnte Flecken auf der Alp Furggen mit Solarpanels überbaut worden.
Wer hinter Grengiols-Solar steht
Hinter Grengiols-Solar stehen verschiedene Partner aus dem Wallis und der übrigen Schweiz: die Gemeinde Grengiols, die beiden Walliser Energieunternehmen EnBAG (Energie Brig-Aletsch-Goms) und FMV (Forces Motrices Valaisannes) sowie EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich), das Westschweizer Energieunternehmen Groupe E und IWB (Industrielle Werke Basel). «EKZ, Groupe E und IWB unterstützen die Projektierung, weil sie zur Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter sämtliche Optionen nutzen und ihre Verantwortung für erneuerbare Energien wahrnehmen wollen», heisst es vonseiten der Promotoren.
In der Machbarkeitsstudie wurden 6,6 Quadratkilometern untersucht. 3,4 Quadratkilometer lassen sich ohne Schutzmassnahmen gegen Naturgefahren nutzen. Die Anlage liegt in einem Gebiet mit jährlich rund 1500 Sonnenstunden. «Im Unterland scheint die Sonne pro Jahr nur 800 bis 1000 Stunden. Auch im Winter bei tiefem Sonnenstand ist der Perimeter praktisch nicht beschattet», halten die Promotoren fest. Auch am kürzesten Tag des Jahres mit dem tiefsten Sonnenstand am 21. Dezember beträgt die Sonnenscheindauer bei schönem Wetter rund sieben Stunden. «Der Solarertrag einer alpinen Anlage ist im Winter etwa drei- bis viermal höher als bei einer Anlage im Unterland», teilten die Energieunternehmen und die Gemeinde mit.
Kombinieren mit Speicherkraftwerk
Gemäss der Studie lässt sich das Solarkraftwerk mit der Wasserkraft kombinieren. So wollen die Gommerkraftwerke (GKW) das neue Speicherkraftwerks Chummensee realisieren. Das Projekt wird unabhängig des Solarkraftwerks vorwärtsgetrieben. Neben dem Chummensee mit 48.5 Millionen Kubikmetern Wasser sollen auch mehrere zusätzliche Kraftwerkszentralen, über die das Wasser über eine Höhendifferenz von rund 1000 Metern in den Chummensee hochgepumpt werden soll, gebaut werden.
«Dadurch lässt sich überschüssiger Sonnenstrom aus Grengiols-Solar in wertvollen – weil knappen – Winterstrom umwandeln. Der Chummensee dient somit als hocheffiziente Batterie für die Solaranlage», heben die Promotoren des Solarkraftwerks hervor. Die beiden Anlagen liegen 4 Kilometer voneinander entfernt. Die Kombination von Grengiols-Solar, Chummensee und der Kraftwerkskaskade bis ins Rhonetal bietet gemäss der Studie ein Stromproduktionspotenzial von jährlich 1’200 GWh. Diese sei dank der Speicherung jederzeit verfügbar. Werden die Potenziale ausgeschöpft, ergibt sich ein Winterstromanteil von rund 560 GWh (47 Prozent).
Die 1200 GWh würden dem Jahresverbrauch der Haushalte der Kantone Luzern und Schwyz zusammen entsprechen. «Dieses Projekt ist ein Dreamteam zwischen Solar- und Wasserkraft. Es ist auch ein Dreamteam zwischen Berg und Tal, es ist ein Projekt im Wallis für die Schweiz», sagte FMV-Direktor Stéphane Maret.

Grengiols Solar
Wie der Strom ins Tal kommt
Bis das Solarkraftwerk gebaut ist, dürfte es mehrere Jahre dauern. Denn es könne nur im Sommer gebaut werden. «Doch bereits ab Ende 2025 soll die Anlage die vom Gesetz geforderte Leistung am Netz anschliessen», so die Promotoren. Damit wäre die Vorgabe erfüllt, dass das Projekt von Subventionen des Bundes profitieren könnte.
In den Anfangsetappen wird der Strom vom Berg über eine temporäre Freileitung nach Heiligkreuz geführt und dort an die bestehende, ins Rhonetal führende 65-Kilovolt-Leitung abgegeben. Später soll die Leitung in einen Stollen gelegt werden. Wie der Strom in die Deutschschweiz gelangt, muss noch abgeklärt werden. «Für die Anbindung ans Swissgrid-Übertragungsnetz werden dannzumal oberirdische und unterirdische Varianten geprüft», heisst es dazu.

Grengiols Solar
Der Bau erfolgt etappenweise. Man brauche den entsprechenden Netzanschluss, aber auch Sicherheit für die Partner. Wie viel die Anlage kosten wird und bis wann die Anlage fertiggestellt sein wird, könne heute noch nicht abschliessend kommuniziert, so die Promotoren. Weitere Angaben soll im Verlauf des Jahres bekanntgegeben werden.
Weil für das Solarkraftwerk eine Rückbaupflicht am Ende der Betriebszeit besteht, wollen die Betreiber «umweltschonend vorgehen». Die Basis-Erschliessung soll über eine temporäre Transportseilbahn erfolgen. Am Berg sollen unter anderem Seilwinden, Bodenmatten und breite Reifen das Gelände schonen. Geprüft wird ein Verzicht auf Betonsockel. Wie sich das Kraftwerk auf die Wildvögel auswirkt, ist ungewiss. Es soll deshalb ein Umweltbegleitung durchgeführt werden.

Grengiols Solar
Kühe sollen weiterhin grasen können
Stark betroffen vom Projekt sind Landwirtinnen und Landwirte. Hier beschwichtigen die Betreiber. Die Anlage werde so ausgelegt, dass auch weiterhin Kühe unter und zwischen den Modulen grasen könnten. «Die berechtigen Fragen der Alp-Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter sind zu klären. Heute bewirtschaften drei Familien die Alp im Saflischtal», heisst es vonseiten der Promotoren des Projekts «Grengiols-Solar».
In der Umweltverträglichkeitsprüfung zu Grengiols-Solar wird das Thema Mensch und Alpwirtschaft behandelt. Ob die Anlage umweltverträglich sei, würden die Resultate der Umweltverträglichkeitsprüfung zeigen. Es gebe Kompensationen. Mit dem Projekt begehe man Neuland, so die Promotoren. Man habe keinen Referenzwert. Am Schluss würden die Behörden entscheiden. Im Sommer 2023 erfolgen Feldaufnahmen von Fauna und Flora. Gegen Ende des Jahres sollen der Umweltverträglichkeitsbericht und das Bauprojekt vorliegen.
Ob die Realisierung in dieser Grössenordnung möglich ist, hänge von rechtlichen Rahmenbedingungen ab, halten die Betreiber fest. Und hier hat sich grosser Widerstand angekündigt. Die Grünen des Kantons Wallis stellen sich gegen das Projekt wie Umweltorganisationen. So bezeichnete Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz das Projekt gegenüber dem Online-Magazin Republik als «Luftschloss». Umweltschützer befürchten, dass das Landschaftsbild in den Alpen verschandelt würde. Sie sind überzeugt, dass eine Solaranlage von dieser Grössenordnung nicht mit einem Naturpark vereinbar sei.
Bauern fühlen sich hintergangen
Die betroffenen Bauern fühlten sich bei der Bekanntgabe des Projekts von den Promotoren verschaukelt und hintergangen. Die Gebrüder Marcel und René Heinen bewirtschaften als Betriebszweiggemeinschaft zusammen mit ihrem Cousin Bernhard Heinen die Alp Furggen im Saflischtal. Im Juni wurde Marcel Heinen, der als Alpmeister die drei Familienbetriebe vertritt, von Armin Zeiter, dem Gemeindepräsidenten von Grengiols, über die geplante Photovoltaik-Anlage im Saflischtal informiert. Damals war die Rede von einem Quadratkilometer, der an einem steilen Hang mit Solarpanels überbaut werden solle. «Kein schöner Anblick in dieser unberührten Bergwelt, aber damit hätten wir leben können» sagte Marcel Heinen im Oktober 2022 zu «Schweizer Bauer».

cni
Die Bauernfamilien waren sehr enttäuscht über das Vorgehen der Kraftwerksbetreiber. Die drei Landwirtschaftsbetriebe wurden damals im Projekt «Grengiols-Solar» weder erwähnt noch berücksichtigt und schon gar nicht eingebunden. «Seit mehreren Generationen bewirtschaften wir die Alp. Jeden Sommer weiden hier 50 Milchkühe und etwa 40 Jungtiere. Wir produzieren auf dieser Alp jährlich rund vier Tonnen Alpkäse und eine Tonne Alpziger», so Heinen.
Die Alp besteht aus fünf Alpstafeln. Die Bauern haben sie in den letzten fünf Jahren mit vorwiegend eigenen finanziellen Mitteln, insgesamt über 500 000 Franken und mehreren tausend Stunden Eigenarbeit saniert und renoviert. Die betroffenen Bauern äussern sich am Mittwochabend zur Machbarkeitsstudie.
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