In Hohenrain sorgen Schweine für hitzige Diskussionen.
Monika Gerlach
Im luzernischen Hohenrain gibt es viele Schweine. Das führt zu Emissionen. Und sorgt für Unruhe im Dorf. Ein Projekt zur Verminderung des Geruchs, das vom kantonalen Bauernverband geleitet wird, verläuft harzig, wie eine Reportage des TV-Senders SRF zeigt.
In Hohenrain gibt es fünfmal mehr Schweine als Einwohner. Das sorgt für Ärger. So auch bei Markus Ineichen. Der pensionierte IT-Supporter lebt seit rund 30 Jahren im Dorf. Er liess sich in einem Haus rund 40 Meter entfernt von einem Bauernhof nieder.
«Behörden schieben Ball hin und her»
Zu Beginn sei das kein Problem gewesen, sagte Ineichen im Sommer 2022 zu SRF. Denn der Landwirt habe 12 bis 15 Kühe gehalten. Doch vor 25 Jahren stellte er den Betrieb auf Schweine um und vergrösserte den Stall. Der Geruch sei intensiv und unangenehm gewesen, so Ineichen. Und seither leide er. Der Nachbar von Ineichen installierte 2007 einen Luftwäscher. «Doch das ist ein Eigenbau und wurde von den Behörden nicht abgenommen», sagte Markus Ineichen. Der Grenzwert werde überschritten. Der Geruch habe seit dem Einbau nicht abgenommen, kritisierte Ineichen. Die Behörden hätten das Gesetz nicht vollzogen, so SRF. Sie hätten die Luftwäscher kontrollieren sollen.
Er habe bei der Gemeinde oft reklamiert, führte Ineichen im SRF-Film aus. Doch dort sei er aufgelaufen oder man habe ihn vertröstet, kritisierte er. Die Gemeinde verwies auf den Kanton. Dieser spielte den Ball zurück. «Man habe sich den ‘Schwarzen Peter’ hin und her geschoben», so Ineichen.
Schnüffler stellen Überschreitung fest
Kritisiert werden von den Anwohnern auch die Ausläufe der Schweine. Sie erhöhen das Tierwohl, sorgen aber auch für mehr Emissionen. Landwirt Walter Anderhub sagte, dass für diese Haltung Beiträge vom Bund ausbezahlt würden. Eine Überdeckung sei finanziell nicht stemmbar. Er rechnet mit Kosten von über 300’000 Franken. «Und es stellt sich die Frage, ob der Stall so überhaupt noch funktioniert», führte er weiter aus.
In Hohenrain wurde der Geruch wissenschaftlich untersucht. Sogenannte Schnüffler haben während sechs Monaten in den Wohngebieten Daten erhoben. Resultat: Sie nahmen während mehr als 10 Prozent der gemessenen Zeit den Geruch der Landwirtschaft wahr. Der Geruch gilt so als übermässig. Erhoben wurde die Daten vom Berner Umweltunternehmen Ecolot. «Bei übermässigen Geruch muss der Kanton Sanierungsmassnahmen ergreifen und sie auch gegen den Willen des Verursachers, also des Bauers, verfügen», sagte CO-Geschäftsführer Luzi Bergamin zu SRF. In Hohenrain sei es ein wenig komplexer. Weil mehrere Bauern für die Gerüche verantwortlich seien, brauche es einen Massnahmenplan. Das sei juristisches Neuland.
1,2 Millionen
2021 wurde das Ressourcenprojekt «Ammoniak und Geruch» lanciert. Das Budget für acht Jahre beträgt 1,2 Millionen Franken. Ein Teil des Geldes ist für Massnahen der Bauern reserviert, um die Düfte einzudämmen. Für den Teilbereich Geruch wurden vier Gemeinden gesucht. Gemeldet hat sich aber nur Hohenrain LU. «Und die bisherigen Erfahrungen sind ernüchternd», so SRF.
Mit 15 Bauern wurden Massnahmen zur Geruchsverminderung diskutiert: Von der täglichen Reinigung der Ställe, über Spaltenböden, damit die Gülle besser abfliesst, bis zu Luftwäschern, die die Luft im Stall reinigen und der Schliessung der Bereiche im Freien neben dem Stall. Regelmässig werden seither Treffen zwischen Anwohnern und Bauern organisiert.
Den grössten Effekt versprachen sich die Projektverantwortlichen von der Zusage von drei Bauern – sie sollen alte und mangelhafte Luftwäscher in ihren Ställen durch neue ersetzen. Ein vierter Landwirt kündigte an, von Schweinen auf Rinder umzustellen. Nach zwei Jahren hat aber nur einer der Bauern eine neue Luftreinigungsanlage installiert.
Kanton: Vollzug ist schwierig
Die Anwohner sind verärgert. Es fehle an Transparenz, einem Konzept, einer Zielvereinbarung und an Professionalität, monierte Anwohner Reto Berthel. Man sei daran, Verbesserungen herbeizuführen, antwortete Gemeindepräsident Alfons Knüsel. Das gehe rascher als der rechtliche Weg. Man halte deshalb an der Freiwilligkeit fest.
Das Umweltschutzgesetz würde den Kanton verpflichten, Massnahmen zu ergreifen, um den Geruch zu vermindern. Weshalb tut der Kanton nichts? «Wenn man heute das Parlament anschaut, gibt es eine starke Lobby, die den Ton angibt», verteidigte sich Daniel Christen, Leiter des Umweltamts des Kanton Luzern. Der Vollzug sei schwierig umzusetzen, hielt er fest. Es brauche nun einen Gesinnungswandel.
Bauern kritisieren sich
Ein Bauer des Ressourcenprogramms hat neue Luftwäscher installiert. Arthur Röösli hat 250’000 Franken in die Anlage investiert. Die Gemeinde hat ihm 50’000 Franken als Beitrag versprochen, auch noch im Zusammenhang mit anderen Massnahmen. Aufgrund des Baugesuchs für den neuen Wäscher muss er nun seinen Auslauf für die Schweine abdecken. So verliert Röösli 12’000 Franken an Beiträgen pro Jahr. Er verstehe das, sagte Anwohner Berthel im Sommer 2022. Doch in jeder Berufsgattung gebe es Risiken.
Im Oktober 2022 treffen sich die Bauern im Rahmen des Ressourcenprojekts mit Vertretern der Gemeinde und Anwohnern. «Bin ich etwa der Tubel von Hohenrain?», sagte Arthur Röösli an einer Projekt-Sitzung aus. Er brauche für jeden «Muggenschiss» eine Baubewilligung «Es darf nicht sein, dass ich einen neuen Luftwäscher kaufe und neben mir gewurstelt wird», kritisierte er. Er habe alles so hingebracht, wie es gewünscht worden sei. Er müsse nun seinen Betrieb schützen, sagte Röösli an der Sitzung.
Bauernverband leitet das Projekt
Erst zweieinhalb Jahre nachdem der unbewilligte Rückbau den Behörden gemeldet wurde, haben diese verfügt, dass der Bauer den veränderten Aussenbereich rückbauen oder schliessen müsse. Der kritisierte Bauer sagte, er wolle seinen Betrieb auf Rindviehmast umstellen. Sei der Umbau verbindlich, fragte Bethel. Verbindlich sei gar nichts. Eine Umstellung sei abhängig von der Marktlage und den Baupreisen. Es sei möglich auch möglich, dass er bei der Schweinehaltung bleibe.
«Wir hatten gehofft, dass es schneller geht», sagte Gemeindepräsident Alfons Knüsel ernüchtert. Ein Baugesuch läuft, ob der Rinderstall aber erstellt wird, ist unklar. Das Ressourcenprojekt basiert auf Freiwilligkeit. Sanktionen gegen Bauern, die keine Massnahmen gegen den Gestank ergreifen, gibt es nicht.
Verantwortet wird das Projekt von Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband. Wacht hier der Fuchs über den Hühnerstall, fragt SRF? Das sehe er nicht so, sagte der stellvertretende Geschäftsführer Raphael Felder. Man leite das Projekt, um Lösungen zu finden, stellte er klar. Wenn es mit der Freiwilligkeit nicht funktioniere, könne man dem Verband nicht vorwerfen, nichts unternommen zu haben. Und mit dem Projekt in Hohenrain verfüge der Verband nun über einen Leitfaden, wie Gemeinden bei Geruchsstreitigkeiten vorgehen können.
7 Responses
Nützt nichts wenn ich es hier schreibe aber schon schräg das vom srf das schliessen der ausläufe gefordert wird, im nächsten beitrag wird wohl wieder kritisiert die schweine sehen nie tageslicht
Und wieder sollen die Schweine das vom Mensch gemachte Schlamassel ausbaden. Kein Auslauf und Spaltenböden. Das kann es doch nicht sein!
Verlierer sind hier die Bauern: Behörden, Wissenschaft und Ingenieurbüros zeigen Ratlosigkeit und machen auf Schwarzpeterspiel. Dabei gäbe es gute Erfahrungen aus der Praxis wie Fäulnis und Gestank aus Ställen und Hofdüngern spürbar reduziert werden kann. Es wäre an der Zeit, dass unsere Forschung sich den Themen qualitative Hofdüngeraufbereitung und Stickstoffkreisläufe annimmt.
Verlierer sind die Bauern: Behörden, Wissenschaft und Ingenieurbüros zeigen Ratlosigkeit und machen auf Schwarzpeterspiel. Dabei gäbe es gute Erfahrungen aus der Praxis wie Fäulnis und Gestank aus Ställen und Hofdüngern spürbar reduziert werden kann. Es wäre an der Zeit, dass unsere Forschungstellen sich den Themen umweltfreundliche, qualitative Hofdüngeraufbereitung und Stickstoffkreisläufe annimmt.
Ein Pülverli löst das Problem sicher nicht.
Wer redet da denn von Pülverli. wohl noch nie etwas von Hofdünger aufbereiten gehört und was es bewirkt.
Und überigens, wenn jetzt genau so ein Pülverli eine Wirkung hätte, was hättest du denn dagegen. ich glaub da könnte kommen was da wolle, du würdest es negativ kritisieren, wie an anderer Stelle auch.
Sein doch einfach etwas positiv. oder warum bist du so ein Negativchnüter
Wie kommt es, dass ein Landwirt die Bewilligung bekommt, 40 m neben einem Wohnhaus, welches nicht dem Landwirt gehört, Schweine zu halten? Nicht nur der Fall Hefenhofen lässt Vetterliwirtschft und Gemauschel vermuten.