Die Fütterung ist eine ständige Herausforderung auf Betrieben. – Susanne Meier
Das Füttern von Pferden entsprechend ihrer physiologischen und Verhaltensbedürfnissen verursacht den Besitzern von leichtfuttrigen Pferden durchaus gelegentliche Kopfschmerzen. Sogenannte Slowfeeding-Fütterungssysteme können dabei helfen.
Unter natürlichen Bedingungen verbringen Pferde rund 60% ihrer Zeit der Futteraufnahme. Fressen findet Tag und Nacht statt, und das Unterbrechen der Futteraufnahme von mehr als 4 Stunden wird vermieden.
Aus ethologischer Sicht scheint die Gabe von Heu ad libitum die beste Lösung für eine pferdegerechte Fütterung zu sein. Leider neigen aber viele Equiden zu Verfettung, wenn die Heumenge nicht rationiert wird.
Fastenperioden sind schädlich
Rationierte Heufütterung ist in der Regel mit langen Unterbrechungen der Futteraufnahme verbunden, insbesondere nachts. Fastenperioden führen zu einer Übersäuerung des Verdauungstrakts und erhöhen das Risiko für schmerzhafte und gefährliche Magengeschwüre und Koliken.
Weitere Folgen dieser rationierten Raufutterfütterung sind Langeweile und chronische Frustration. Nicht selten führt das wiederum zu Verhaltensstörungen wie Stereotypien (z.B. Koppen und Weben) oder Verhaltensproblemen wie Aggressivität gegenüber dem Menschen oder Artgenossen, Apathie oder anderen sichtbaren Zeichen des Unwohlseins.
Schwieriges Dilemma
Für Pferdehaltende, die sich um das Wohlergehen von ihren Tieren kümmern, geht es darum, Lösungen zu finden, mit denen die Tiere ungefähr 16 Stunden am Tag Raufutter fressen können, ohne an Gewicht zuzunehmen und ohne Fastenzeiten von mehr als 4 Stunden zu erdulden.
Diese Lösungen sollten zudem für den Menschen einfach umsetzbar und finanziell tragbar sein. Es gibt mehrere Ansätze, um diesem Dilemma entgegenzutreten.
• Den Energiegehalt der Ration senken. Verzicht auf Kraftfutter und Ersatz eines Anteils der Heuration durch Stroh und Zweige (zum Beispiel Birke, Hainbuche, Pappel, Hasel).
• Erhöhen des Erhaltungsbedarfs und der Arbeit. Je mehr Energie vom Pferd zur Aufrechterhaltung seiner Vitalfunktionen (z.B. Aufrechterhaltung der Körpertemperatur) und für die Bewegung verbraucht wird, desto mehr kann es fressen, ohne an Gewicht zuzunehmen.
• Anzahl der Fütterungen erhöhen und besser verteilen über 24h. Verschiedene Fütterungssysteme, welche eine automatisierte Futtergabe ermöglichen, sind auf dem Markt erhältlich. Es handelt sich dabei meistens um Einrichtungen, bei welchen der Zugang zum Futter elektronisch programmiert werden kann, zum Beispiel durch Öffnen und Schliessen einer Abdeckung der Raufe. So kann die totale Fressdauer und die Verteilung der Mahlzeiten vorgegeben werden, eine effiziente Möglichkeit, die Fressphasen besser über 24h zu verteilen.
• Raufutteraufnahme verlangsamen durch Einsatz von einem oder mehreren Slowfeedern.
Slowfeeding für Pferde
In den letzten Jahren wurden vermehrt verschiedene Arten von Heuraufen entwickelt und unter dem Begriff Slowfeeding-Systeme (aus dem Englischen wortwörtlich «langsames Fressen») vermarktet. Diese Futterdispenser sollen die Fressgeschwindigkeit mechanisch erschweren und damit eine längere Raufutteraufnahme für die gleiche Menge Heu bewirken.
Einige dieser Raufen sind mit Gittern oder Netzen bedeckt, andere sind aufgehängte oder am Boden liegende engmaschige Netze, Plastiktonnen, Säcke oder Kisten, die mit Löchern in unterschiedlicher Grösse versehen sind.
Unterschiedliche Wirkung
Mehrere wissenschaftliche Studien belegen, dass Slowfeeding-Systeme – im Vergleich zur Fütterung auf dem Boden – die durchschnittliche Aufnahmegeschwindigkeit von Heu senken und somit die Fresszeiten verlängern.
Nichtsdestotrotz gibt es auf Grund der grossen Anzahl verschiedener Systeme und grossen individuellen Unterschieden zwischen den Pferden keine allgemeingültigen Zahlen.
Unbekannte Langzeiteffekte
Mehrere Fragen zu Langzeiteffekten der Fütterung aus einem Slowfeeding-Dispenser sind noch offen, nämlich: Schäden an Zähnen und Zahnfleisch, Abnutzung der Tasthaare, Auswirkung auf die Muskulatur und das Skelett, Empfinden von Frustration und Stress für das Tier, Langlebigkeit und Verletzungsgefahren dieser Slowfeeding-Systeme sowie Arbeitsaufwand für das Befüllen. Das Schweizer Nationalgestüt SNG von Agroscope untersucht in Zusammenarbeit mit der Universität Bern diese verschiedenen Aspekte.
Auf folgende Punkte muss bei der Installation eines Slowfeeding-Systems geachtet werden:
• Es soll eine schrittweise Angewöhnung des Pferdes an das System erfolgen
• Verletzungsrisiken vor allem bei beschlagenen Pferden minimieren: es muss darauf geachtet werden, dass das Pferd nicht mit einem Hufeisen im Netz hängen bleiben kann
• Auf Stress- und Frustrationsanzeichen des Pferdes achten
• Tasthaare, Zahnfleisch und Zähne sollten regelmässig kontrolliert werden
• Soweit möglich, das Raufutter in verschiedenen Slowfeeding-Systemen anbieten, damit das Pferd die Fressposition variieren kann
• Das Raufutter zeitweilig auch in loser Form anbieten und die Möglichkeit zum Grasen auf der Weide geben