«Nur die Landwirtschaft stellt sicher, dass eine artgerechte Pferdehaltung möglich ist», sagt Martin Wipfli.
zVf/ Pro Pferd
Martin Wipfli ist Präsident der Stiftung Pro Pferd und erklärt, weshalb eine artgerechte Pferdehaltung nur dank und mit der Landwirtschaft möglich ist und was er sich für die Pferde in der Schweiz wünscht.
«Schweizer Bauer»: Was ist die Stiftung Pro Pferd und was sind die Hauptziele?
Martin Wipfli: Wir sind eine Stiftung, welche in erster Linie wissenschaftliche Forschungsprojekte rund um das Pferd finanziell unterstützt und die Ergebnisse den Reitern und Reiterinnen und allen anderen Menschen, die in ihrem Alltag mit Pferden zu tun haben, so näherbringen, dass sie das Erforschte praxisbezogen in ihrem täglichen Umgang mit dem Pferd umsetzen und anwenden können. Unser Ziel ist es die Interaktion Mensch und Pferd zu verbessern, das gegenseitige Vertrauen zu fördern, das Verständnis für das Lebewesen Pferd und seine Grundbedürfnisse zu steigern. Der Fokus liegt in der Wissenschaft und ist immer auf den Nutzen für das Pferd ausgerichtet.
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Präsident der Stiftung wurden?
Ich bin seit über 45 Jahren ein begeisterter Freizeitreiter und besitze selbst drei Pferde. Ich habe eine starke Bindung zum Wesen Pferd. Der Mensch und das Pferd haben auch historisch gesehen eine lange und intensive gemeinsame Geschichte und Verbindung zueinander, das hat mich immer fasziniert. Durch meine Anwaltstätigkeit hatte ich einige male Kontakt mit der Stiftung Pro Pferd, mit der Zeit lernte man sich besser kennen und schätzen. Seit 3 Jahren führe ich das Präsidium ehrenamtlich. Die Stiftung Pro Pferd liegt mir sehr am Herzen.
Wie steht die Stiftung zur Pferdehaltung in der Landwirtschaft?
Sehr positiv. Fakt ist: Nur die Landwirtschaft stellt sicher, dass eine artgerechte Pferdehaltung möglich ist.
Wie meinen Sie das?
In der Landwirtschaft hat es einerseits viel mehr Fläche und andererseits ist die Umgebung meist natürlicher. Weil mehr Fläche vorhanden ist, kann den Pferden eine artgerechte Haltung mit viel Bewegungsmöglichkeiten geboten werden, sei es durch Laufställe, Auslaufboxen, Gruppenhaltungen und grosszügigen Weideflächen, auf denen die Pferde auch einmal galoppieren können. Für das Bewegen der Tiere steht meistens ein Ausritt-Gelände mit Waldanschluss zur Verfügung. Es ist wichtig, dass Pferde nicht nur in einer Reithalle bewegt werden, sondern auch einmal rauskommen. Auf dem Land ist die Sicherheit für Pferd und Reiter für das Ausreiten viel grösser, stark befahrenen Strassen können beispielsweise oft umgangen werden.

Vanessa Lusti
Reitbetriebe, die ihre Pferde ja in der Gewerbezone halten müssen, befinden sich in einem grossen Konflikt. Wenn sie ihren Tieren grosszügige Weideflächen und Freilauf ermöglichen wollen, müssen sie ein gewaltiges Stück Land kaufen. Das ist ein grosser Kostenfaktor, die Bodenpreise in der Gewerbezone unterscheiden sich deutlich von der Landwirtschaftszone. Eine artgerechte Pferdehaltung in der Gewerbezone ist nur möglich, wenn der Mensch bereit ist, dafür richtig viel Geld in die Hand zu nehmen, um zusätzliche Flächen zu erwerben.
Wo sehen Sie die Knackpunkte in der Landwirtschaft?
Das sind die gleichen wie eben erwähnt: Das Raumplanungsgesetzt. In der Landwirtschaftszone wird die Pferdehaltung immer noch durch das Raumplanungsgesetzt erschwert. Zuchtbetriebe und Alterweiden stellen mittlerweile kein Problem mehr dar, aber per se ist der Reitbetrieb und das Erstellen einer Reithalle beispielsweise nach wie vor nicht erlaubt. Es gibt da noch viel Aufholungsbedarf, das ist ein wahnsinnig politisches Thema. Klar ist aber, Raumplanung verhindert den Tierschutz. Ich sehe es als grosse Gefahr, wenn Pferde nur noch auf beschränktem Raum in der Gewerbezone gehalten werden. Nicht nur die gute Haltung mit grosszügigem Weidegang geht verloren, sondern auch das Knowhow und viele intuitive Aspekte in der Haltung und im Umgang mit dem Pferd werden so verschwinden.
Was können Landwirte tun, um die Pferdehaltung zu verbessern?
Als Landwirt muss man sich bewusst sein, das mit den Pferden auch Pferdebesitzer auf den Hof kommen. Diese haben Bedürfnisse, die nicht immer einfach zu verstehen sind. Ein Landwirt, der auf seinem Betrieb Pensionspferdehaltung anbietet, wird automatisch mit einem anderen Level an Bedürfnissen konfrontiert sein. Im Umgang mit Pferden und deren Besitzer gelten nicht mehr nur die Nutztieraspekte. Ohne zu werten:

zvg
Die Interaktivität Mensch und Tier, in diesem Falle Pferd, ist eine andere. Wenn man als Landwirt Pferde halten will, weil man denkt, damit viel Geld verdienen zu können, setzt man bestimmt aufs falsche Pferd. Ohne selbst einen guten Zugang zum Lebewesen Pferd zu haben, wird es schwierig. Die Liebe und das Engagement zum und für das Pferd und die Bereitschaft sich in diesem Bereich stets weiterzubilden, sind meiner Meinung nach, das Wichtigste, um die Pferdehaltung auf dem Betrieb stets zu verbessern.
Welche Projekte stehen in diesem Jahr an?
Wir haben immer relativ viele und unterschiedliche Forschungsprojekte, die wir finanziell unterstützen. Das können kleinere Fragestellungen sein, wie beispielsweise: «Wie kann man Mauke effizient bekämpfe?» oder ganz grosse Projekte, welche wir mit mehreren 100’000 Franken unterstützen. Namentlich ist das ein Forschungsprojekt, indem man untersucht, ob man die Substanz PMSG (Pregnant Mare Serum Gonadotropin) – welche aus dem Blut trächtiger Stuten gewonnen und weltweit auf Schweinezuchtbetrieben eingesetzt wird- über ein molekularbiologisches Verfahren herstellen könnte. Wir schauen bei der Freigabe von Forschungsgeldern, dass die Projekte entweder Fragestellungen zur artgerechten Haltung und Umgang, zur Interaktivität Mensch und Pferd oder zum Pferdewohl, beinhalten.
Was wünschen Sie sich für die Pferde in der Schweiz?
Dass die Menschen, die mit ihnen Umgehen viel Wissen und Horsemanship -das heisst ein fairer und respektvoller Umgang mit dem Tier ohne Gewalt- besitzen und dass sie nicht auf egozentrische Menschen treffen, sondern auf Menschen, welche die Bedürfnisse der Kreatur Pferde in den Vordergrund stellen.
Beenden Sie die Sätze…
Die Stiftung Pro Pferd… macht sich stark für das Wohlbefinden des Pferdes.
Pferdehaltung ist… anspruchsvoll und setzt Knowhow, Enthusiasmus und Passion, das heisst Liebe zum Pferd, voraus.
Landwirtschaft ist… für uns wichtig und für das Pferd überlebenswichtig.