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ProSpecieRara setzt sich für den Erhalt der Saaser Mutten ein, von denen es gemäss Schätzungen noch 400 bis 500 Tiere gibt.
Mangels Beweisen hat ein Gericht in Italien zwei mutmassliche Schaf-Diebe freigesprochen. Der Fall reicht ins Jahr 2014 zurück. Angeklagt waren Vater und Sohn: Sie sollen 103 Saaser Mutten gestohlen haben.
Der Fall erhielt national Beachtung. Nur kurz nachdem die Stiftung Pro Specie Rara im Sommer 2014 die im Saastal heimische Rasse der Saaser Mutten in ihre Liste der gefährdeten Schafrassen aufgenommen hatte, wurde bekannt, dass von einer Alp im Mattmark-Gebiet 103 dieser seltenen Schafe gestohlen wurden. Sechs Schafe wurden bei einem Gastwirt im italienischen Anzasca-Tal gefunden, von denen zwei überstrapazierte Tiere den Transport zurück ins Saastal nicht mehr schafften.
Anzeige eingereicht
Beim mutmasslichen Täter konnten 42 Treicheln sichergestellt werden, die den Besitzern 1½ Jahre nach dem Diebstahl zurückgegeben wurden. Die Saaser Schäfer, unter ihnen auch Martha Burgener, die den Verlust all ihrer 34 Schafe zu beklagen hatte, reichten daraufhin Anzeige gegen den mutmasslichen Dieb, dessen Sohn und seine damalige Lebensgefährtin ein sowie gegen den genannten Gastwirt wegen Hehlerei.
Nun meldete die im italienischen Domodossola erscheinende Zeitung «Ossola-News» diese Woche, dass die mutmasslichen Täter von der italienischen Justiz mangels Beweisen freigesprochen wurden. «Wir haben nie eine Entschädigung erwartet, zumal der Dieb als mittellos gilt», erklärt Martha Burgener. Trotzdem zeigt sie sich enttäuscht über den Freispruch, zumal auch sie über italienische Medien, nicht aber vom Gericht in Verbania vom Urteil erfahren hat.
Kein Unbekannter
Sie erzählt, dass sie zusammen mit drei anderen Schäfern aus dem Saastal schon vor über einem Jahr einen ganzen Tag nach Verbania gereist sei – auf eigene Kosten – um ihre Aussagen vor Gericht zu machen. «Wir haben seither nie wieder etwas vom Gericht gehört», schildert Burgener. Heute tue ihr aber vor allem der Wildhüter aus Domodossola leid, der sich als einziger zu Gunsten der Walliser Schäfer engagiert habe, und dem der mutmassliche Dieb schon bekannt war als ein Hirte, der nach dem Alpsommer Tiere nicht mehr zurückgegeben habe.
Für Gregor Zurbriggen, der an der Gerichtsverhandlung in Verbania ebenfalls zugegen war und der als Erster ausgesagt hatte, ist das Verfahren von Anfang an eine Farce gewesen. «Die Befragung dauerte kaum länger als eine bis zwei Minuten, dazu wurden Fragen gestellt, die wir schon schriftlich beantwortet hatten, was in uns den Eindruck erweckte, dass die Richter ihre Hausaufgaben gar nicht gemacht hatten», erzählt Zurbriggen.
Über den Freispruch zeigt er sich denn auch nicht mal mehr enttäuscht. «Innerlich haben wir diese Sache schon lange abgeschlossen», so Zurbriggen. Er mag den Fall daher auch nicht an höhere Instanzen weiterziehen.
Mobile Hütte
Als einen «Schlag ins Gesicht» sieht allerdings auch Philippe Ammann von Pro Specie Rara das Urteil aus Verbania. Angst davor, dass der Freispruch nun dazu führen könnte, dass man auf Saaser Alpen wie in einem Selbstbedienungsladen Schafe stehlen wird, hat Ammann aber nicht. «Die Alp hat soeben eine mobile Hütte für einen ständigen Hirten bekommen, vor allem zum Schutz vor Grossraubtieren», erzählt Ammann. Die Sender, welche die Tiere seit dem Diebstahl um den Hals tragen, spielen dank der nun eingerichteten ständigen Behirtung nur noch eine untergeordnete Rolle.