Alex Bellmont von der Strüby AG in Seewen fräste die mathematisch berechneten Kuhlen in eine Brettsperrholzplatte. – Empa
Schwarze Löcher im Universum sind so dicht, dass nicht einmal Licht entkommen kann. Empa-Forscher haben nun Schwarze Löcher für Holzplatten entwickelt, die nicht alles, aber immerhin Schall verschlucken sollen.
Klackernde und laute Trittgeräusche können nerven. Nicht nur in Altbauwohnungen, sondern auch in Neubauten bleibe eine entsprechende Schalldämmung eine Herausforderung, teilte die Empa am Donnerstag mit.
Linsenförmige Vertiefungen
So tüfteln die Forscher Stefan Schönwald und Sven Vallely an innovativen Holzplatten, die Ruhe in die Räume bringen sollen. Der Ansatz: Sogenannte akustische Schwarze Löcher sollen Geräusche schlucken, indem sie die durchs Holz schwingende Schallwellen aufnehmen und ausschwingen lassen. In Computersimulationen zeigte sich, dass dies funktionieren sollte.
Um die Probe aufs Exempel zu machen, haben sich die Empa-Forscher mit der Schreinerei Strüby zusammengetan, die die Schwarzen Löcher präzise aus realen Holzplatten fräst. Dabei handelt es sich nicht tatsächlich um Löcher, sondern um linsenförmige Vertiefungen.
Trittschallmessungen
In einem ersten Experiment untersuchten die Forscher, wie sich Vibrationen durch die Platte bewegen – und die Resultate stimmten grösstenteils mit den Computersimulationen überein, wie die Empa festhielt. Derzeit führe man Trittschallmessungen nach internationalen Normvorgaben durch, erläuterte Schönwald. Auch Brandschutz- und Statik-Eigenschaften müssten noch bestätigt werden.
Nach Abschluss der Versuchsreihen wollen die Wissenschaftler zudem ein Verfahren entwickeln, das die beste Anordnung und Form der Vertiefungen auf die gewünschte Bodengrösse und -form aufzeigt.
So funktioniert es
Die Wirkungsweise der Platten beschreibt Stefan Schoenwald, Leiter des Bauakustiklabors der Empa in Dübendorf, so. «Bei der Dämmung von Trittschall muss ich drei Eigenschaften zugleich im Auge behalten: die Masse des Bauteils einerseits, seine Steifigkeit und die Bedämpfung andererseits. Steifigkeit und Bedämpfung widerstreben sich – ein weiches Bauteil lässt sich gut bedämpfen, ein steifes Bauteil weniger gut.»
Schoenwald nennt ein Beispiel: «Klassische Massivholzdecken sind zugleich leicht und steif – hier verbinden sich also zwei ungünstige Eigenschaften» Ein möglicher Ausweg ist es, die Masse des Bauteils zu erhöhen. In moderne Holzhäuser bauen die Architekten daher dicke Schichten von Kies zur Beschwerung ein. So geraten die Holzdecken weniger leicht in Vibration, falls ein Erwachsener darüber läuft oder ein Kind durch die Wohnung hüpft.
Schwingung mit Kies dämpfen
Schoenwald und Vallely beschreiten einen anderen Lösungspfad. «Wir machen die Holzdecken an bestimmten Stellen besonders weich, damit sie dort besonders stark schwingen können. An diesen Stellen dämpfen wir die Schwingung gezielt mit einer kleinen Menge Sand oder Kies», erläutert Stefan Schoenwald. Das gleiche Material, nämlich der Kies, erfüllt hier einen völlig anderen Zweck: «Bei uns ist der Kies nicht zur Beschwerung da. Er soll sich stattdessen bewegen und durch seine innere Reibung die Vibration in Wärme umwandeln.»
Das Ergebnis: Eine Holzdecke mit akustischen schwarzen Löchern ist wesentlich leichter als eine herkömmliche Decke und dämpft Trittschall dennoch deutlich besser. Die baulich vorteilhafte Steifigkeit der gesamten Deckenkonstruktion bleibt dabei erhalten.