Esther Siegenthaler ist ausgebildete Lehrerin. Doch auch nach ihrem dreimonatigen Aufenthalt in Neuseeland, aus welchem sie ebenfalls bloggte, kehrt sie nicht zur Schule zurück. Die Bauerntochter geht auf der Alp Meienfall im Diemtigtal BE als Zusennin z‘Bärg.
05.45 Uhr: Mein Wecker klingelt, direkt vor meinem Fenster warten bereits die ersten Kühe, es ist Zeit auf zu stehen. Der heutige Freitagmorgen ist kühl, ja sogar kalt, aber wieder wolkenlos. Mittlerweilen kennen die Kühe ihre Plätze und das Stallen geht einfach.
Auch die Melkzeit hat sich um 20 Minuten verkürzt, zum einen weil bereits fünf Kühe galt sind, zum anderen weil die laktierenden Kühe weniger Milch geben. Auf der Weide steht noch Heugras, es ist etwas alt geworden, auch die hohen Temperaturen beeinflussen die Milchleistung negativ und nach der kommenden Milchkontrolle, werden weitere Kühe galt gestellt. Doch um das Käsekessi zu füllen und die Kälber zu tränken, reicht die Milch aus.
Zaun fertig stellen
Nach dem Melken und Stallputzen essen wir das Frühstück. Die Kälber sind noch weit oben am Hang am Grasen, so werden sie halt nach dem Frühstück getränkt. Zeitgleich wollen auch die Kühe wieder in den Stall, die Bremsen und Fliegen sind zu zahlreich um ihnen zu trotzen.
Nachdem wir die Stallarbeit erledigt haben, wollen wir das letzte Stück Zaun erstellen. Wir haben am Montag und Donnerstag zwei lange und arbeitsintensive Stücke errichtet. Das letzte, hinten im Wald, geht relativ zügig, denn es müssen kaum Pfähle eingeschlagen werden, die Isolatoren sind direkt in den Baumstämmen. Pünktlich zum Mittagessen sind wir fertig. Somit ist der feste Zaun für diese Saison fertig errichtet.
Besuch aus der Gymerzeit
Am Nachmittag besucht mich eine Kollegin aus meiner Gymer- und Studizeit, ebenso mein damaliger Hüetibueb wandert mit seiner Mutter auf den Meienfall. Während Stocker’s einen neuen Lattenzaun vor der Hütte errichten, kann ich mich mit dem Besuch austauschen und auch zum See spazieren.
Dieser ist in den letzten Wochen deutlich kleiner worden. Auf dem Rückweg kontrollieren wir die Rinder. Eines, die Nummer sieben, hat einen leicht geschwollenen Hinterfuss, auch eine kleine Wunde ist zu sehen.
„Räpp“, eine ernstzunehmende, aber nicht allzu gefährliche Entzündung
Wieder bei der Hütte ist es bereits Zeit die Stallarbeiten zu erledigen. Während des Melkens erklärt mir Res, dass das Rind, laut meinen Beschreibungen, „Räpp“ hat. Wir wissen den Fachausdruck nicht. Durch einen Stein oder eingetrocknete Erde hat sich das Rind leicht verletzt und die Wunde wurde verunreinigt, eine leichte Entzündung ist entstanden. Da die Schwellung nicht all zu gross ist und das Rind kaum lahmt, können wir bis am Samstagmorgen mit der Behandlung warten.
Sonnenuntergang geniessen
Nach dem Nachtessen gehe ich auf den nahegelegenen Hügel wo es Natelempfang hat. Doch nicht nur die Kommunikation mit den Menschen im Tal ist der Grund, auch die atemberaubende Aussicht. Langsam sinkt die Sonne hinter der Schwarzenbergfluh, ein kühler Wind weht. Ein weiterer Tag ist vergangen, bereits der 16. in Folge, an dem ich keinen Regen auf meiner Haut gespürt habe.