Die Familie Müller wohnt in Attiswil auf dem Hof Teuffelen auf 860 m ü.M. Ihre erste selbst gezüchtete Hinterwälder Kuh Anuschka begleitet sie jetzt seit 17 Jahren. Einer ihrer Nachkommen ist im Zirkus gelandet.
(v.r.): Remo Müller, Jonas (15), Barbara Müller, Jasmin (10), davor Diana (5) und Pia (2) mit Anuschka und ihrem Kalb Apollo .
Während den Festtagen präsentieren wir euch in regelmässiger Folge Artikel, die 2023 auf reges Interesse gestossen sind. Dieser Artikel wurde am 7. Januar 2023 erstmals publiziert.
Sie ist definitiv nicht die Schönste. Auf einem Auge ist sie seit Geburt fast blind, und als ob sie es wüsste, dass sie die Herzen der Betrachter nicht im Sturm erobert, mag sie Menschen nicht besonders.
Mit ihr kuscheln und sie kraulen kann nur der Chef. «Zwei unserer Kinder hat sie, als diese noch kleiner waren, aus der Krippe hinausspediert», sagt Barbara Müller. Trotzdem ist Anuschka ein Star ihrer Zunft.
Käse, Fleisch und Zucht
Die Bäuerin FA und Köchin betreibt mit ihrem Mann Remo Müller, Landwirt, Forstwart und LKW-Fahrer, und der Familie den Hof Teuffelen. Der Betrieb gehört zur Gemeinde Attiswil und liegt auf 860 m ü.M. Auf ihrem Betrieb züchtet die Familie Hinterwälder Kühe, produziert Käse und Fleisch und betreibt eine kleine Bergwirtschaft. «Die Einnahmen kommen je etwa hälftig von der Bergwirtschaft und aus der Landwirtschaft», sagt Remo Müller.
7 Milchkühe leben derzeit auf dem Hof, dazu noch Aufzuchtrinder. Im Sommer kommen zusätzlich rund 50 Sömmerungsrinder auf den Hof. Anuschka, geboren am 20.2.2005, ist die Leitkuh im Stall. «Es gibt zwar andere Tiere, die stärker sind, aber die trauen sich nicht, sich mit Anuschka anzulegen», sagt Remo Müller und lacht. Die Hinterwälderin hat aus bisher 19 Besamungen stolze 17 Kälber auf die Welt gebracht. Mehrheitlich männliche.
Sogar im Zirkus
«Sie hat alle Kälber allein auf die Welt gebracht, und alle waren fit, gesund und schön», erzählt der stolze Bauer. Amadeus, Angela, Amor, Toni, Fidibus, Amalia, Alina, Max, Anna, Asterix, Anton, Andrin, Amadeus II., Alexandra, Ariel, Asterix II und Apollo heissen ihre Nachkommen. Apollo, das zuletzt geborene Kalb, erblickte am 2. November dieses Jahres das Licht der Welt.
Sogar in den Zirkus hat es einer dieser Anuschka-Nachfahren geschafft. Anna (geb. 2015) wurde vom Zirkus Harlekin quasi als Profi unter Vertrag genommen. Die damalige Dressurleiterin hatte schon früher gute Erfahrungen mit Hinterwälder Rindern gemacht und war auf der Suche nach einem neuen Mitglied ihres Ensembles. Auf dem Hof Teuffelen wurde sie fündig. «Soviel ich gehört habe, hat sie ihre Sache gut gemacht», sagt Remo Müller. Ausser dann, wenn sie stierig gewesen sei – dann habe sich die Zirkuskuh Anna aus Attiswil nicht so sehr für Kunststücke, gestutzte Stirnfransen oder mit glitzernden Perlen besetzte Halfter interessiert.
Von Anfang an dabei
Von Glück im Stall kann man im Fall von Anuschka sprechen – und was für ein Omen. «Anuschka war unser erstes Kuhkalb.» Auf die Rasse Hinterwälder ist Remo Müller Anfang der 2000er-Jahre an der Berner Ausstellung BEA aufmerksam geworden. Die Hinterwälder, eine ProSpecie-Rara-Rasse, u.a. bekannt für ihre Widerstandsfähigkeit und Geländegängigkeit, hat sofort sein Interesse geweckt. «Die Rasse passt tipptopp zu unserem Wunschhof auf dem Berg. Wir haben eine sehr extensive Tierhaltung mit entsprechend natürlicher Fütterung. Die Milchleistung hält sich so in Grenzen, Fett- und Eiweisswerte sind indes hoch.»
<figure class="wp-block-image"><figcaption>Das Hinterwälder Rind ist die kleinste Rinderrasse Mitteleuropas.
ProSpecieRara</figcaption></figure>
Hinterwälder sind eine alte Bergrinderrasse, die im Schwarzwald überlebt hat. Die Kühe eignen sich sowohl als Milch- wie auch als Mutterkuh. Mit Widerristmassen von 112 bis 122cm werden die Tiere zwischen 350 und 450kg schwer. Dank des leichten Gewichts, straffer Sehnen und gesunder Gelenke eignen sich die Hinterwälder für die Bewirtschaftung von Hang- und Extensivlagen. Die Tiere kommen bei Müllers trotz Anbindestall täglich ins Freie.
In ihrer kleinen Wirtschaft ist der Hauptmenüpunkt der eigene Hinterwälder-Käse. «Wir machen eine rezente und eine milde Sorte», sagt Remo Müller. Ab Hof wird der Käse natürlich auch verkauft. Rund 1,2 Tonnen sind es pro Jahr. Dazu gibt es etwas Fleischproduktion, allerdings nur für den Eigenbedarf.
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