Die rund 144’000 Einwohner zählende Bundeshauptstadt verfügt auch über Landwirtschaftsbetriebe. Für den Hof Elfenau sucht die Stadt Bern ab Sommer 2025 einen neuen Pächter. Gesucht wird eine Pächterschaft mit innovativem Konzept, die den Betrieb nach den Kriterien von Bio Suisse und unter Berücksichtigung der Interessen der Stadt und des Quartiers führt.
Der Landwirtschaftsbetrieb Elfenau umfasst eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 24 Hektaren und ist seit dem Jahr 1820 Bestandteil des Elfenauguts. Zum Betrieb gehören unter anderem ein Wohnhaus, Stallungen und verschiedene Silos. Der heutige Pächter wird Anfang 2025 pensioniert. Familienintern gibt es keine Nachfolge, weshalb die Pacht neu ausgeschrieben wird.
Stadtbevölkerung Mehrwert bieten
Die Stadt möchte im Einklang mit der Teilstrategie Landwirtschaft des Fonds für Boden und Wohnbaupolitik den Elfenau-Betrieb auch in Zukunft landwirtschaftlich nutzen. Das bestehende Pachtland sowie die Hofgrösse sollen deshalb beibehalten werden. Vor über 15 Jahren plante die Stadt, das Land des Hofes einer Überbauung zuzuführen. Diese Pläne scheiterten jedoch am Widerstand der Bevölkerung. Diese setzte sich für den Erhalt des Betriebs ein.
Mit dem Pächterwechsel wird der Produktionsrichtung geändert. Der Hof wird bereits in den Jahren 2023/2024 auf Richtlinien von Bio Suisse umgestellt. «Auch die künftige Pächterschaft muss den Hof biologisch betreiben und mindestens die Knospe-Richtlinien einhalten», schreibt die Stadt Bern. Die Neuausrichtung des Betriebs soll der Stadtbevölkerung einen Mehrwert bieten, hält die Stadt fest. Konkret heisst das: Der Betrieb soll einen positiven Beitrag zum Stadtklima und zu einer behutsamen Weiterentwicklung als Erholungsraum beitragen. Zudem soll der Betrieb hofeigenen Produkte und Angeboten anbieten sowie als Lernort dienen. Die Neuausrichtung des Betriebs soll im Einklang mit den öffentlichen Nutzungen entwickelt werden. «Die Stadt gibt vor, dass die neue Pächterschaft den Unterhalt und sämtliche wertvermehrenden Investitionen selbst finanzieren muss», heisst es in der Mitteilung.
Anbindestall
Wie es in der Ausschreibung heisst, verfügt der Betrieb Elfenau über eine Landwirtschaftliche Nutzfläche von 25.77 ha, davon sind 17.89 ha pachtzinspflichtig. Heute werden die Parzellen ausschliesslich futterbaulich genutzt (Heuverkauf). Das geerntete Raufutter wird verkauft. Der Tierbestand beschränkt sich derzeit auf 25 Legehennen.
Der Hof verfügt über ein Wohnhaus mit angebauter Garage, Werkstatt und Schopf sowie einen Rindviehstall für 28 Kühe mit Scheune, einen Wagenschopf, drei Futtersilos (à je 80 m3) und ein freistehendes Jauchesilo (600 m3). Der tierschutzkonforme Anbindestall (umgebaut im Jahr 2012) für 28 Kühe verfügt über eine Schwemmentmistung, einen deckenlastigen Heustock mit Greifer und Verteilergebläse sowie eine alte Heubelüftung.
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23’200 Franken Pachtzins
«Der Milchraum ist noch ausgerüstet und direkt benutzbar. Der Schweinestall wurde in einen Lernort mit tiergestützter Pädagogik und einer Waldkita umfunktioniert und von Immobilien Stadt Bern den Kindertagesstätten Murifeld vermietet», heisst es in der Ausschreibung. Der Wagenschopf daneben ist noch in Gebrauch. Sämtliche Bauten wurden 1962 erstellt, seien aber in gutem Zustand.
Die Ertragswertschätzung vom 29. Januar 2008 ergab einen Ertragswert von 4’46 Mio. Fr.. Dieser Wert wurde 2014 nochmals bestätigt. Der aktuelle Pachtzins liegt bei 23’200 Franken pro Jahr. Der Betrieb erreicht bei der heutigen Bewirtschaftung 0.79 (ohne Wald) bzw. 0.87 Standardarbeitskräfte (SAK). «Das Halten von Nutztieren oder eine stärkere Diversifizierung der Produktion würden die berechneten Standardarbeitskräfte erheblich erhöhen», schreibt die Stadt.
Ackerbau, tiergerechte Haltung und Hofladen
Die Stadt Bern hält in der Ausschreibung auch fest, was er sich für den Betrieb wünscht. So sind beispielsweise vielseitige Formen des Ackerbaus erwünscht. «Ebenfalls ist eine tiergerechte Haltung für die zur Parkanlage passenden Nutztiere anzustreben», heisst es weiter. Der Aufbau eines Hofladens biete sich für dieses stark frequentierte Naherholungsgebiet an.
«Je vielseitiger der Betrieb ist, umso vielfältiger wird das Angebot im Hofladen. Mit Obst, Beeren und/oder Kräutern kann die Angebotsvielfalt weiter erhöht werden», heisst es weiter. Auch ein Angebot im Bildungsbereich ist aufgrund des gut mit öV erreichbaren Landwirtschaftsbetrieb prüfenswert. Die Stadt Bern hat sich mit dem Biodiversitätskonzept die Zielsetzung gesetzt, Naturwissen zu fördern, Naturerlebnisse zu ermöglichen und die Umweltbildung in Kindergarten und Schulen zu unterstützen.
Plantagenähnliche Kulturen, Folientunnels oder unkonventionelle Festzäune kommen im gesamten Perimeter des Parks aufgrund gartendenkmalpflegerischen Gründen nicht in Frage.
Auswahlverfahren
Die Stadt Bern möchte möglichst viele unterschiedliche Bewerbungen. Deshalb wird ein zweistufiges Verfahren angewandt. Die Stadt verspricht sich aus der Ausschreibung «innovative Konzepte für eine biologische Landwirtschaft und Ideen für einen lebendigen und vielfältigen Betrieb im städtischen Umfeld.» In einem ersten Schritt werden in verschiedenen Fachmedien Inserate veröffentlicht. Die von den Interessentinnen und Interessenten eingereichten Konzepte werden von einem Beurteilungsgremium unter Einbezug des Quartiers bewertet.
Im Gremium nehmen je eine Vertretung der Quartierorganisation des Stadtteils 4 (QUAV4) sowie der Interessengemeinschaft (IG) Elfenau Einsitz. Die besten drei bis vier Bewerber können ein finales Betriebskonzept ausarbeiten. Mit dem Siegerteam wird ein Pachtvertrag abgeschlossen. Um die Abhängigkeit von Einzelpersonen zu reduzieren und die Altersvorsorge der Mitarbeitenden zu garantieren, wird als Pächterin eine Betriebs-GmbH oder Betriebs-AG angestrebt. Die neuen Pächter sollen im April 2024 bekanntgegeben werden.