Vor 25 Jahren lief der Öltanker «Exxon Valdez» vor Alaska auf ein Riff. Experten sprechen von der «Mutter aller Ölkatastrophen». Ist ein Unglück dieser Art heute noch möglich?
Zuerst die gute Nachricht: 25 Jahre nach der Katastrophe des Tankers «Exxon Valdez» vor der Küste Alaskas sind die Seeotter zurück. Die schwere Ölpest im Prinz-William-Sund kostete damals Tausende der Tiere das Leben - jetzt leben fast 4300 Seeotter wieder in der Unglücksregion, wie eine Studie der Behörde US-Geological Survey ergab.
Ölreste «überwintern»
Viele Tierarten waren damals wegen der schmierigen, schleimigen Ölmassen im Meer bedroht. Die Biologin Brenda Ballachey sagt: «Unsere Arbeit zeigt, dass die Erholung von Arten, die durch langfristige Folgen der Ölpest betroffen sind, Jahrzehnte dauern kann.»
Die schlechte Nachricht: Noch immer sind Reste der Ölpest an der Küste zu finden. Zwar sind Meer und Strände auf den ersten Blick längst wieder intakt, die Landschaft um den Sund ist grandios wie eh und je. Doch Meeresforscher und Biologen warnen, dass unter Felsblöcken und Ufergestein nach wie vor Ölreste «überwintern».
Eine Viertelmillion tote Seevögel
Ein Blick zurück: Es war tief in der Nacht, als der US-Supertanker «Exxon Valdez» am 24. März 1989 durch die eisigen Fluten glitt. Das Schiff war mit 163'000 Tonnen Erdöl beladen, es fuhr Richtung Kalifornien.
Wenige Minuten nach Mitternacht ging plötzlich ein Ruck durch den Schiffsleib, ein lautes Knirschen zerriss die Stille. Der Tanker hatte ein Riff gerammt. «Offenbar verlieren wir Öl, wir werden hier wohl eine Weile festsitzen», funkte damals Kapitän Joseph Hazelwood. Der lakonische Satz markiert den Beginn einer der schwersten Umweltkatastrophen der amerikanischen Geschichte.
Die Öl-Katastrophe des Tankers «Exxon Valdez»
Das Unglück des US-Tankers «Exxon Valdez» hat vor 25 Jahren die bis dahin grösste Umweltkatastrophe in der Geschichte der USA verursacht. Am 24. März 1989 lief das 335 Meter lange Schiff vor Valdez in Alaska auf ein Riff.
Der Kapitän lag zum Unglückszeitpunkt schlafend in der Kabine und hatte dem unerfahreneren dritten Offizier das Kommando überlassen. Rund 40'000 Tonnen Rohöl liefen bei dem Unglück in den fischreichen Prince-William-Sund. 2400 Kilometer Küste in dem empfindlichen Ökosystem wurden verunreinigt. Die Fischerei erlitt schwere Schäden. Trotz aufwendiger Reinigungsarbeiten erholte sich das Gebiet nur oberflächlich. Niedrige Temperaturen verzögerten den biologischen Abbau des Öls.
Der Rechtsstreit um Ursachen, Verantwortlichkeiten und Folgen der Katastrophe dauerte bis 2009. Am Ende zahlte der Konzern ExxonMobil rund 4,4 Milliarden US-Dollar für Geldbussen, Säuberungen, Schadenersatz und Zinsen. Das Unglücksschiff wurde nach der Havarie überholt und brachte zunächst als «Exxon Mediterranean» Öl vom Persischen Golf nach Europa und Amerika. Nach weiteren Umbenennungen verkaufte ExxonMobil 1993 das Schiff. Der mehrfach umgebaute Frachter transportierte von 2010 an als «Dong Fang Ocean» Erz unter der Flagge Panamas. sda
Rund 40'000 Tonnen Öl liefen aus und verwandelten 2400 Kilometer Küste in einen ekelhaften, klebrigen Teerstrand. Mehr als eine Viertelmillion Seevögel starben, genauso wie viele Otter, Seehunde und Wale. Die Bestände an Heringen und Schwertwalen wurden in einigen Teilen nahezu vernichtet - die Bilder des Unglücks schockierten die Welt.
Auch soziale Folgen
«Die Idee, dass alles Öl beseitigt werden kann, ist nichts weiter als ein Mythos», sagt Meeresbiologe Richard Steiner als einer der schärfsten Kritiker in Alaska der Nachrichtenagentur dpa. Bemängelt wird unter anderem, dass die Massnahmen zur Rettung der Natur damals nur schleppend anliefen.
Roy Robertson von der Regional Citizen's Advisory Council, einer Bürgerbewegung der dort lebenden Bevölkerung, sagt rückblickend: «Zuerst mangelte es an der richtigen Ausrüstung, zwei Tage später kam ein Sturm auf, der das Öl an den Strand drückte.» Am schlimmsten seien die sozialen Folgen gewesen. «Die Fischer konnten ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Was folgte, war Alkohol... mitunter Selbstmord», sagt Robertson.
Untergang der «Deepwater Horizon»
Längst ist die Ölkatastrophe nicht mehr die schwerste in der US-Geschichte. Bei der Explosion und dem Untergang der Ölplattform «Deepwater Horizon» flossen im Frühjahr 2010 wesentlich grössere Mengen Öl in den Golf von Mexiko. Doch im Vergleich zu Alaska fielen die Folgen nach Expertenansicht glimpflicher aus.
Sie verweisen auf zwei entscheidende Unterschiede: Das Unglück im Golf ereignete sich im offenen, tiefen Meer - nicht in flachen Gewässern der Meeresenge in Alaska. Und: Im tropisch-warmen Wasser wird das Öl sehr viel wirksamer und rascher abgebaut als in den eisigen Nordlandfluten.
Alkoholtest für Kapitäne
Kann sich ein Unglück wie vor 25 Jahren wiederholen? «Es hat sich viel getan», sagt Robertson. So sind im Prinz-William-Sund nur noch doppelwandige Öltanker im Einsatz, zudem müssen die Schiffe von mehreren Schleppern begleitet werden. Und: Kapitäne und Offiziere müssen vor der Fahrt einen Alkoholtest machen.
Der Unglückskapitän Hazelwood stand seinerzeit unter Verdacht, getrunken zu haben. Ein Gericht sprach ihn allerdings von diesem Vorwurf frei. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt - und zu 1000 Stunden Gemeindearbeit. Für Exxon wurde das Unglück teurer: Der Ölmulti zahlte 4,4 Milliarden Dollar als Geldbussen, Schadenersatz und für Säuberungen.