Am Donnerstag hat Carl Brandenburger, Vize-Präsident von Braunvieh Schweiz, den Weltkongress der Braunviehzüchter in St. Gallen eröffnet. In zwei Tagen referieren Braunviehleute aus der ganzen Wellt zu interessanten Themen rund um die braune Kuh.
Zwar waren am Weltkongress Braunviehzüchter und -funktionäre aller Kontinente vereint. Es zeigte sich aber deutlich, unter welch unterschiedlichen Bedingungen die braune Kuh rund um den Globus ihre Leistung bringen muss.
Nach einigen feierlichen Alphornklängen begrüsste Carl Brandenburger in alphabetischer Reihenfolge alle 18 Nationen, die am Donnerstag am 9. Weltkongress der Braunviehzüchter in St. Gallen anwesend waren. Dass der Vizepräsident von Braunvieh Schweiz die Begrüssung anstelle von Braunvieh-Weltpräsident Markus Zemp übernahm, ist einem tragischen Umstand geschuldet: Markus Zemp verunfallte diese Woche auf den winterlich glatten Strassen, ist aber auf dem Weg der Besserung.
«Die Schweiz ist das Mutterland des Braunviehs», bot Brandenburger den 330 Teilnehmern einen kurzen Abriss über die Geschichte der mittlerweile weltweit verbreiteten und geschätzten Rasse. «Wir sind hier zusammengekommen, um uns international auszutauschen und von unseren Erfahrungen mit dem Braunvieh zu berichten“, schloss er die Einleitung.
Keine verlässlichen Zahlen
Tatsächlich sind die Erfahrungen mit Braunvieh extrem vielfältig und unterschiedlich. Das zeigte sich im Rahmen der ersten Kongresssession, die bezeichnenderweise den Titel «Braunvieh in unterschiedlichen Ländern und Produktionssystemen» trug. «Es ist gar nicht so einfach, sich einen Überblick über die weltweite Braunviehbewegung zu verschaffen», erläuterte Lucas Casanova, Direktor von Braunvieh Schweiz, die Ergebnisse einer Umfrage. «Wir schätzen den weltweiten Bestand der Rasse aber auf 6 Mio. Tiere. In vielen Ländern Osteuropas wären durchaus grössere Tierzahlen vorhanden, allerdings fehlt dort eine Organisation, die auch Zahlen liefern kann.» Grosse Braunviehländer seien die Schweiz (400000 Herdebuchtiere), Deutschland und Italien (je etwa 155000), aber auch die USA. Dort, in den Stammlanden des Brown Swiss, bringt das Zuchtprogramm mithilfe der Genomik jährlich 40 bis 45 Prüfstiere hervor. Gerade die genomische Selektion helfe, die weltweite Braunviehzucht voranzubringen, betonte Casanova: «Auch Länder mit kleinen Zuchtprogrammen erreichen so eine Zuchtfortschritt.»
1,7 Kühe pro Herde
Ein Land mit einem mit einem kleinen Zuchtprogramm ist Kolumbien, das 4930 Kühe unter Milchleistungsprüfung stehen hat. Kolumbien hat aber dafür in einer anderen Auswertung die Nase vorn: Dort sind die Braunviehbetriebe mit durchschnittlich 65 Kühen pro Betrieb die grössten. Am anderen Ende dieser Betriebsgrössen-Rangliste wiederum steht Rumänien mit durchschnittlich 1,7 Kühen pro Herde.
In vielen Ländern habe das Braunvieh nicht nur schlechte Produktionsbedingungen, sondern auch keine Lobby, betonte Casanova. Er forderte die Kongressteilnehmer, aber auch die Braunvieh-Weltbewegung auf, sich stärker zu vernetzen. Nur so könne die braune Kuh, die vielerorts nur einen marginalen Anteil an der jeweiligen Milchviehpopulation habe, gestärkt und gefördert werden. Hier sei nochmals das Beispiel Kolumbiens erwähnt, wo 0,05 Prozent der gesamten Rindviehpopulation der Rasse angehören. In Italien macht der Anteil der Rasse 20 Prozent aus, in der Schweiz einen guten Drittel.
In Holstein einkreuzen
Frankreich zählt knapp 50000 Braunviehkühe, davon stehen gut 17000 unter Milchkontrolle. Interessant ist, dass Braunvieh dort oft mit Holstein gekreuzt wird. Es gebe etwa 8555 Kreuzungstiere, erzählte Olivier Bulot vom französischen Braunviehzuchtverband BGS. «Etwa zwei Drittel der Züchter, die Braunvieh einkreuzen, wollen als Endziel reinrassige Braunviehtiere erhalten. Die anderen wollen mit einer Dreirassen-Rotationszucht die funktionellen Merkmale und den Milchpreis verbessern.» Die Vorteile des Braunvieh würden auf der Hand liegen: «Der hohe Eiweissgehalt ermöglich in Frankreich einen 10 bis 15 Prozent besseren Milchpreis.» Braunvieh habe zudem eine längere Nutzungsdauer als Holstein und sei ruhiger und umgänglicher.
Nachfrage in Afrika steigt
Mit knapp 14000 Herdebuchtieren ist auch Slowenien eines der Länder mit einer relativ grossen Braunviehpopulation. Klement Potocnik vom slowenischen Zuchtverband: «Die durchschnittliche Milchleistung in der Standardlaktation liegt allerdings bei lediglich 5526 kg, obwohl wir auch Betriebe mit sehr guten Milchleistungen haben.» In Zukunft, so Potocnik, wolle man die heute sinkenden Kuhzahlen wieder steigern – auch beim Original Braunvieh.
Der Südafrikaner Anton Smit lobte das Braunvieh als anpassungsfähige Rasse, die die Hitze sehr gut ertrage, auch Futter schlechterer Qualität in Milch und Fleisch umsetzen könne und die deshalb sehr gut nach Südafrika passe. «Wir möchten unsere nationale Population vergrössern», betonte Smit, «und sobald möglich Braunvieh auch in andere afrikanische Länder exportieren. Die Nachfrage ist gross.»