Uniterre fordert eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Schweizweit wird eine 45 Stunden-Woche gefordert. Der Schweizer Bauernverband unterstützt das Anliegen nicht. Wie denken Sie darüber? Stimmen Sie ab und diskutieren Sie mit
Die Forderung von Uniterre dürfte zu regen Diskussionen in der Landwirtschaft führen. Die Organisation will erreichen, dass sich die Arbeitsbedingungen der Angestellten auf Bauernbetrieben verbessern.
Grosse Unterschiede
Uniterre untermauert die Forderung durch eine Studie von Bourquin und Chiarelli. Diese zeigt auf, dass die kantonalen Unterschiede bezüglich der Beschäftigung in der Landwirtschaft sehr gross sind und den Landwirten schaden.
Weiter legt die Studie dar, dass die Wochenarbeitszeit im Kanton Glarus bei 60 bis 66 Stunden liegt, in den Kantonen Zürich, Thurgau und Bern bei 55 Stunden, im Kanton Genf hingegen bei «nur» 45 Stunden. Um eine Verbesserung der Angestellten zu erreichen, setzt sich Uniterre dafür ein, die Landwirtschaft dem Arbeitsgesetz zu unterstellen. Die wöchentliche Arbeitszeit würde so 45 Stunden betragen.
Löhne sollen rauf
Nebst besseren Arbeitsbedingungen sollen aber auch die Löhne steigen. «Eine weitere Massnahme könnte die Erarbeitung eines nationalen Normalarbeitsvertrages sein, der einheitliche Löhne vorgibt», sagte Uniterre-Sekretär Mathias Stalder vor den Medien. Gemäss Stalder verdient eine Hilfskraft im Kanton Bern im Durchschnitt 3'140 Franken, in Genf aber 3'482 Franken. Stalder räumt aber ein, dass es grosse Unterschiede zwischen einer Region, die mit der Stadt verflochten ist und jener, in welcher steile Berghänge bewirtschaftet werden, gibt.
Stalder möchte nun eine «dringend nötige Debatte» eröffnen. Für ihn ist aber klar, dass die Einkommenssituation der Bauern miteinbezogen werden muss. Damit meint Uniterre vor allem die Produzentenpreise, die in den vergangenen Jahren stark unter Druck gerieten. «In den letzten 30 Jahren sind 30% vom Produzentenpreis verlorengegangen, während die Konsumentenpreise um 15% gestiegen sind. Wir sehen ganz genau, wo die Margen gestiegen sind und wer schlussendlich Opfer ist dieser verfehlten Agrarpolitik geworden ist», sagte Stalder gegenüber «Schweizer Bauer».
Weniger Marge für Detailhandel
Uniterre will die Forderungen «sozialverträglich» umsetzen. Stalder bringt Artikel 5 des Landwirtschaftsgesetzes in Spiel. Dieser berechtigt den Bundesrat, kurzfristige Massnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation zu ergreifen, wenn diese deutlich unter dem Durchschnitt liegt, wie es in der Landwirtschaft der Fall ist.
In der Pflicht sieht Uniterre auch den Detailhandel. Grossverteiler könnten mit kleinen Margenänderungen schon sehr viel auslösen, sagt Stalder. Sämtliche bäuerliche Organisationen und Konsumentenverbände müssten nun Druck ausüben. Bei Bio Suisse oder IP-Suisse wurde Uniterre aber noch nicht vorstellig.
Politischer Vorstoss
Dafür macht Uniterre über Bundesbern Druck. Nationalrätin Meret Schneider (Grüne, ZH) will mit einer Interpellation von der Landesregierung wissen, ob der Bund Löhne von landwirtschaftlichen Mitarbeitenden zu einem Prozentsatz mittels Subventionen mitfinanzieren kann. Damit könnte das Lohnniveau in der Landwirtschaft auf ein in der Schweiz übliches Mindestniveau angehoben werden.
Und Schneider will wissen, wie der Bundesrat zu einer Aufnahme der Landwirtschaft ins Arbeitsgesetz steht. Zudem will sie wissen, welche Möglichkeiten sieht er, damit die entstehenden Mehrkosten nicht auf die Betriebseigner abgewälzt werden.
SBV gegen 45-Stunden-Woche
Der Schweizer Bauernverband (SBV) pflichtet bei den Einkommen Uniterre bei. «Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist es eine Tatsache, dass keine grossen Verdienste in der Landwirtschaft sowohl für die Arbeitnehmenden wie auch für die Arbeitgebenden erzielt werden können», sagt Sprecherin Mirjam Hofstetter gegenüber schweizerbauer.ch.
Die Einführung einer 45-Stunden-Wochen lehnt der SBV aber ab. «Eine Senkung der Wochenarbeitszeit führt zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung der Betriebe. Aus diesem Grund wird eine generell 45-Stunden-Woche und die Unterstellung unter das Arbeitsgesetz abgelehnt», macht Hofstetter klar.
Das föderale System hat für den SBV Vorteile. «Kantone kennen die lokalen Gegebenheiten in der Landwirtschaft am besten und wissen, welche Arbeitszeiten kantonal möglich sind», so die Sprecherin.
Das landwirtschaftliche Anstellungsverhältnis wird durch das Obligationenrecht (OR) und die kantonalen Normalarbeitsverträge (NAV) geregelt, welche die Arbeits- und Ruhezeit sowie die Arbeitsbedingungen festlegen. Der Schweizer Bauernverband (SBV) hat keinen direkten Einfluss auf die Ausgestaltung der kantonalen NAVs. «Er bemüht sich aber um eine Koordination der Bedingungen zwischen den Kantonen (Muster-NAV)», sagt Hofstetter. Es besteht eine sozialpartnerschaftliche Lohnrichtlinie (für familienfremde Arbeitnehmende in der Landwirtschaft) die zwischen dem SBV, dem Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverband und der Arbeitsgemeinschaft der Berufsverbände landwirtschaftlicher Angestellter jährlich vereinbart und publiziert wird.



