Die Festlegung einer Untergrenze des Euro zum Schweizer Franken durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) präsentiert sich ein halbes Jahr nach der Einführung als Erfolgsgeschichte. Die SNB konnte in dieser Zeit den Euro-Mindestkurs von 1,20 Fr. offenbar ohne grössere Interventionen durchsetzen.
Seit Mitte Januar scheint der Wechselkurs allerdings fast an der Untergrenze «festzukleben».
Im Spätsommer 2011 hatte sich die Schweizer Währung dermassen aufgewertet, dass sie sich zum Entsetzen der Schweizer Exportwirtschaft zeitweise der Parität zum Euro annäherte. Die SNB versuchte zunächst mit geringem Erfolg, den Franken durch Zinssenkungen und massive Erhöhungen der Liquidität auf dem Geldmarkt zu schwächen.
Richtigen Ton getroffen
Am 6. September 2011 griff sie dann zu ihrem stärksten Instrument: Sie legte den Mindestkurs zum Euro bei 1,20 Fr. fest und verpflichtete sich, diese Marke notfalls mit unbeschränkten Interventionen zu verteidigen.
Spekulanten ziehen ab
Offenbar hatte die SNB damals auch in der Kommunikation den richtigen Ton getroffen. Nicht nur sprang der Franken fast unmittelbar über die anvisierte Grenze und ist bis heute darüber geblieben. Die Währungsspekulanten dürften durch die demonstrative Entschlossenheit der SNB dazu gebracht worden sein, sich auf andere Währungspaare zu verlagern, heisst es am Markt. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass die Nationalbank - abgesehen von Eingriffen ganz zu Beginn der Massnahme - insgesamt nur wenig intervenieren musste.
Nahe am Mindestkurs
Zusätzliche Unterstützung erhalte die SNB dabei auch von den Schweizer Teuerungsdaten, die derzeit auf einen deflationären Druck hindeuteten, sagt Ökonomin Susan Joho von der Bank Julius Bär: «Ankündigungen der SNB, Geld zu drucken, sind damit sehr glaubwürdig.»
Hatte sich der Wechselkurs von Oktober bis Dezember teilweise bis in die Nähe von 1,25 Fr. erhöht, so bewegt er sich seit Mitte Januar meist nur noch zwischen 1,20 und 1,21 Fr. und damit nur leicht über dem Mindestkurs. Einige Beobachter vermuten gar, dass die SNB in den letzten Wochen nun doch Eingriffe zur Abschwächung des Frankens durchführen musste, andere bezweifeln dies: «Wenn die SNB interveniert hat, dann wohl nur marginal», meint etwa David Marmet von der ZKB.
Devisenmarkt sieht fairen Wert bei Fr. 1.20
Auffallend ist aber, dass sich der Euro im Zug des Aufschwungs der Aktienmärkte seit Anfang Jahr gegenüber anderen «Fluchtwährungen» wie dem Yen oder dem US-Dollar deutlich verstärkt hat, zum Franken eine solche Bewegung aber ausgeblieben ist. Auch wenn die meisten Schweizer Ökonomen und Politiker den Franken weiterhin als überbewertet ansehen, seien die Märkte anderer Meinung, kommentiert Marmet: «Der Devisenmarkt sieht den fairen Wert offenbar eher bei 1,20 Franken.»
Kaum Anhebung der Untergrenze
Eine Anhebung der Wechselkurs-Untergrenze auf 1,25 oder 1,30 Franken scheint derzeit weniger wahrscheinlich als etwa noch im vierten Quartal 2011. Auch neue und eher positiv ausgefallene Konjunkturdaten wie etwas das KOF-Barometer haben entsprechende Forderungen aus dem Inland leiser werden lassen. Im Ausland würde dies ohnehin wohl kaum verstanden und als «Anheizen eines Währungskriegs» interpretiert, meint Marmet.
Dennoch erwarten die meisten Beobachter, dass der Druck auf den Schweizer Franken im Verlauf von 2012 nachlassen wird. Sollte das Vertrauen stärker in die Finanzmärkte zurückkehren, dann dürfte auch ein Teil der hier parkierten Gelder abfliessen, meint Sarasin-Chefstratege Philipp Bärtschi. «Wir glauben, dass der Eurokurs in der zweiten Jahreshälfte auf 1,25 bis 1,30 Fr. steigen wird.»
SNB «Exit-Strategie»?
ZKB-Ökonom Marmet glaubt zudem, dass die Nationalbank eine «Exit-Strategie» aus der Mindestkurs-Politik im Hinterkopf hat. Diese könnte darin bestehen, dass die SNB-Führung auf eine Abschwächung des Schweizer Frankens in Richtung 1,30 Fr. später im Jahr wartet und graduell die Kommunikation der Untergrenze aufgibt. Mit einer Anhebung des Mindestkurses würde sie sich eine solche Möglichkeit verbauen, gibt er zu bedenken.