Die Räumung des Armee-Munitionslagers in Mitholz BE stellt 87 Bewohner des Dorfs vor eine schwierige Entscheidung. Entgegen der ursprünglichen Planung dürfen sie nun doch im Dorf bleiben, wenn sie dies wollen.
Allerdings dürfte die Lebensqualität jahrelang eingeschränkt sein: Lärm, Staub und Erschütterungen seien zu erwarten, teilte das Verteidigungsdepartement (VBS) am Mittwoch mit. Das VBS sei deshalb weiterhin bereit, sämtliche Liegenschaften im Berner Oberländer Dorf zu kaufen und die Menschen beim Wegzug zu unterstützen.
1947 bei Explosion verschüttet.
Das riesige unterirdische Munitionslager wurde 1947 bei einer Explosion verschüttet. In den eingestürzten Anlageteilen und Schuttkegel sollen noch tausende Tonnen Munition liegen. 2018 kamen Experten zum Schluss, dass vom Lager eine grössere Gefahr ausgeht als bis dahin angenommen.
Seither laufen die Vorarbeiten für die möglichst vollständige Räumung. Zunächst ging man davon aus, dass alle Bewohner ihre Häuser spätestens 2030 aus Sicherheitsgründen verlassen müssen. Die «heisse Phase» der Räumung wird danach etwa zehn Jahre dauern.
Schalenmodell
Neue Hoffnung kam im Dorf auf, als im vergangenen Herbst ein «Schalenmodell» mit abgestuften Gefahrenzonen angekündigt wurde. Über die Resultate wurden die Bewohner am Mittwoch in Mitholz und die Medien in Bern informiert.
87 Bewohner leben in der äussersten Gefahrenzone und können bleiben, wenn sie wollen. Temporäre Evakuierungen sind allerdings möglich. Für weitere 51 Bewohner bleibt es dabei, dass sie ihre Häuser verlassen und an einen sichereren Ort umziehen müssen.
Der Dialog mit der Bevölkerung ist seit längerem im Gang. Das VBS hat bisher vier Liegenschaften gekauft, vier weitere folgen in Kürze. Die Kaufpreise sind nicht bekannt. Drei Familien sind bereits weggezogen, wie es an der Medienorientierung in Bern hiess.
Die Liegenschaftskäufe und Umzüge müssten spätestens 2030 abgeschlossen sein. Für den Bau der Schutzbauten für Strasse und Bahn müssen erste Bewohner ihre Häuser allerdings schon 2025 verlassen.
Linienführung geklärt
Bekannt ist nun auch die künftige Linienführung der Nationalstrasse, welche die Kantone Bern und Wallis verbindet. Damit sie während der Räumung geschützt ist, soll der bestehende Lawinenschutztunnel in Richtung Frutigen verlängert werden. Diese Schutzbaute wird nach Abschluss der Räumung als Ortsumfahrung bestehen bleiben.
Mehrere Varianten wurden geprüft, entschieden haben sich die Behörden für eine Linienführung östlich der heutigen Ortsdurchfahrt. Mit einem im Fels erstellten Tunnelteil tangiere diese nur wenige Gebäude, ermögliche eine gute Baustellen-Situation und passe gut ins Ortsbild, hiess es an der Medienorientierung.
Notlösung möglich
Ob das verschüttete Munitionslager wirklich komplett geräumt werden kann, ist noch offen. Klarheit wird erst im Lauf der Räumung herrschen. Zur Not könnte die gesamte Anlage mit Gestein überdeckt werden.
Zunächst geht es für das VBS nun darum, mit allen betroffenen Bewohnern persönliche Gespräche zu führen. Im zweiten Quartal dieses Jahres folgt eine Mitwirkung zum Sachplan-Objektblatt Mitholz. Bis Ende 2022 wird der Bundesrat die nötigen Kredite für die Räumung im Parlament beantragen. Gemäss früheren Angaben werden die Kosten auf 500 bis 900 Millionen Franken geschätzt.

