Landwirt Peter Rutishauser hat 89 Aren Mischwald in Amriswil TG der Friedwald GmbH für 99 Jahre zur Nutzung übergeben. Die Firma ermöglicht Bestattungen im Wald. Ein Baum kostet über 4500 Franken.
Der Mischwald von Peter Rutishauser ist einer der 80 «Friedwälder» in der Schweiz. Die Asche eines Verstorbenen wird bei den Wurzeln eines Baumes eingebracht. Seit 1995 nimmt die Anzahl Fried- oder Ruhewälder laufend zu, und mancher Waldbesitzer könnte sich einen guten Zustupf verdienen. Landwirt und Waldbesitzer Peter Rutishauser: «Ein ‹Friedwald› ist die Alternative zum herkömmlichen Wald. Die Baumbestattung ist ein interessantes Geschäftsmodell für Waldbesitzer.»
Ein Bedürfnis
Der Wunsch nach letzten Ruhestätten ausserhalb von Friedhöfen ist in den letzten Jahren zu einem Bedürfnis verschiedener Bevölkerungsgruppen geworden. «Die Natur ist ein Kreislauf, in dem jeder Mensch einen Anfang und ein Ende hat. Das muss man einfach so nehmen, wie es ist», sagt Peter Rutishauser (54), Landwirt in Hemmerswil, heute ein Ortsteil von Amriswil TG. Sein Wald liegt fast einen Kilometer von seinem Hof entfernt, wo sich seit 22 Jahren einer von heute achtzig Friedwäldern in der Schweiz befindet.
Ansonsten kümmern Rutishauser Fragen nach Leben und Tod wenig. Sterben ist alltäglich, und doch verdrängen wir den Gedanken an unsere Sterblichkeit. Der Thurgauer Bauer beschäftigt sich hauptberuflich mehr um seine Kühe, Obstbäume, Ackerbau und Wald (insgesamt 25 Hektaren Land mit Pacht).
Eintrag im Grundbuchamt
Sein Vater, Paul Rutishauser (87), von dem er vor 22 Jahren den Hof übernommen hat, sah 1999 ein Inserat der Friedwald GmbH in einer landwirtschaftlichen Zeitschrift. Die Nutzungsidee von Initiant und Unternehmer Ueli Sauter aus Mammern TG fand er gut für den 89 Aren grossen Wald über eine Vertragsdauer von insgesamt 99 Jahren.
Schweizweit an Waldparzellen interessiert
Um 3000 Beisetzungen haben seit 1995 in den Schweizer Friedwäldern stattgefunden. Ueli Sauter, 1941 in Kreuzlingen TG geboren, gilt als eigentlicher Erfinder der Idee, die Asche von Verstorbenen im Wald bei den Wurzeln eines Baumes zu bestatten. Sein patentiertes Geschäftsmodell mit dem Namen «Friedwald» hat er 2000 auch erfolgreich nach Deutschland exportiert. In der Schweiz umfasst sein Angebot aktuell 80 verschiedene Wälder in zwölf Kantonen, die eine Fläche von einer bis maximal fünf Hektaren umfassen. «Ein Nutzungsrecht kostet ab 4900 Franken, exkl. MwSt. Beim Baum dürfen dann bis zu zehn Bestattungen – die Sie bestimmen – vorgenommen werden», schreibt die Friedwald GmbH in Mammern TG auf ihrer Webseite. Sauter ist an weiteren Waldparzellen in der ganzen Schweiz interessiert. Er betont, dass schön gelegene Laub- und Mischwälder am meisten Erfolg haben, zum Beispiel mit Blick auf einen See, Fluss oder auf die Alpen. Solche Wälder gibt es beispielsweise in Mammern oder Tägerwilen am Bodensee oder auf dem Berner Hausberg Gurten. Ziel sei es, in schönen Waldregionen ein einheitliches und ökologisch anerkanntes Naturbestattungskonzept zu gewährleisten. Ein weiteres wichtiges Kriterium sind Parkplätze in der Nähe des Waldstücks. uok
www.friedwald.ch
Der Vertrag wurde unterzeichnet, die Bewilligung erteilt, und alles konnte im Grundbuch eingetragen werden. «Ein Baum kostet über 4500 Franken, und ich erhalte einen vereinbarten Anteil. Auch für mich stimmt das», sagt Sohn und Besitzer Peter Rutishauser.
Es ist ruhig wie auf einem normalen Friedhof. Das Laub verschluckt Trittgeräusche. Der Friedwald fällt nicht besonders auf. Er ist eingebettet in der Thurgauer Landschaft. Einzig die Tafel erinnert einen doch daran.
Wilde Kirschbäume
In seinem Wald im Schmittenholz über der Hauptstrasse Amriswil–Arbon gibts Ahorne, wilde Kirschbäume, Linden, Walnussbäume, Douglasien, Fichten, Föhren und Vogelbeeren. «Es ist ein Mischwald mit über achtzig Bäumen, über fünfzig davon sind bereits vom Friedwald belegt.»
Ein Friedwaldbaum könne bis zu zehn Gräber im Erdreich im Umkreis von einem Meter um den Stamm haben. Peter Rutishauser pflegt seinen Wald gerne, welchen die Friedwald GmbH bis 2099 nutzen kann. Er hebt auch mal eine Öffnung für eine Baumbestattung für das Unternehmen selbst aus. «Ein Loch für die Totenasche hat etwa einen Durchmesser von dreissig Zentimetern. Für mich ist es eine Arbeit wie jede andere.»
Dürres Geäst entfernen
Viel Arbeit hat er mit dem Wald nicht, und das Grundstück soll möglichst naturnah bleiben. Mit einer Motorsense mäht er die Brombeerdornen ab und entfernt dürres Geäst. Der Zugang von Angehörigen und für Freunde der Bestatteten soll immer möglich sein. Naturnah – das ist für viele Menschen ein wichtiges Argument für den Bestattungswald, weiss Rutishauser, der auch mal mit Trauernden oder Besuchern in seinem Wald ins Gespräch kommt.
An einer Bestattung hat er hier noch nie teilgenommen. Auf seinem Hof gibt es auch Parkmöglichkeiten für Besucher. Ab und zu schaut Thomas Brändle, der ausgebildete Forstwart und Beauftragte der Friedwald GmbH, vorbei und steht ihm für Rat und Tat zur Seite.
In den vergangenen zwanzig Jahren hier auf dem Amriswiler Friedwald habe er nie daran herumstudiert, dass auch er einmal hier liegen werde. Seine Eltern haben hingegen bereits einen Baum ausgesucht. Peter Rutishauser besitzt in Oberaach, etwa vier Kilometer entfernt, einen anderen Mischwald mit Eichen. Er könnte sich einen weiteren Friedwald dort gut vorstellen.