Die Milchhandelsorganisation Mooh bedauert sehr stark, dass sich die bernische Aaremilch der Migros an die Brust geworfen hat. Die Aaremilch machte damit auch das Gegenteil von dem, was Ueli Maurer den Bauern empfiehlt.
Präsident Martin Hübscher kam in seiner Begrüssung schon nach einer Minute auf die Mechanismen des Milchmarktes zu sprechen. «Die knappe Verfügbarkeit der Milch in der letzten Zeit hat dazu geführt, dass die Verarbeiter und der Detailhandel die Milch längerfristig sichern und die Produzenten an sich binden wollen.» Das sagte er zu über 160 Genossenschaftern der Mooh, die in die Vianco-Arena in Brunegg AG gekommen waren und zu weiteren knapp 50, die den hybrid durchgeführten Anlass zuhause am Computer mitverfolgten.
«Aaremilch-Entscheid hat Folgen für alle»
Die Beteiligung der Migros an der Produzentenorganisation Aaremilch sei ein Beispiel dafür. «Solche vertikale Integrationen schwächen die Position der Produzenten», sagte Hübscher. Die Mooh übernehme immer deutlich die Leaderrolle bei der Erhöhung der Milchpreise. Es brauche eine starke Verhandlungsposition, damit die Preise stiegen.
Was er auch meinte: Der Direktlieferant, der sich verpflichtet hat, seine Milch der Emmi, der Migros-Molkerei Elsa, der Hochdorf oder der Cremo zu liefern, kann unter dem Jahr nicht den Abnehmer wechseln. Die Mooh hingegen kann sagen: Die Käserei X ist bereit, mehr zu bezahlen, also erhält sie mehr Milch, ausser die Molkerei Y erhöht den Preis auch. Der Entscheid der Aaremilch, sich in die Arme der Migros zu begeben, verunmöglichte auch eine naheliegende Fusion von Aaremilch und Mooh.
Aaremilch wollte eine eigene Käserei
Aus heutiger Sicht betrachtet, hat vermutlich bereits der Bau der Naturparkkäserei AG im Simmental durch die Aaremilch den beschriebenden Weg vorgezeichnet. Denn der Bau wurde in Zeiten von zu viel Milch begonnen. Eine Motivation war, dass die Aaremilch im Frühling Milch nicht mehr für wenige Rappen verkaufen wollte, sondern überschüssige Milch wie die Mooh in der Käserei Laubbach und die ZMP in der Käserei Marbach zu Grosslochkäse verarbeiten wollte. Als der Bau aber fertig war, war die Milch sehr gesucht und entsprechend teurer. Dann kam noch die Corona-Pandemie, die den Aufbau neuer Märkte für Exportkäse erschwerte. So sass die Aaremilch auf einer Käserei, welche die Migros übernahm, aber nur, wenn sie dafür die Milchproduzenten der Aaremilch an sich binden konnte. Handkehrum musste die Migros versprechen, dass sie die Aaremilchlieferanten preislich gleich gut stellt wie die bisherigen Elsa-Direktlieferanten. Seither stehen die Aaremilchbauern, die vorher für Tiefpreise gerade von den Emmi-Direktlieferanten eher mitleidig belächelt worden waren, preislich deutlich besser da als vorher. Ohne den Mut, eine eigene grosse Käserei zu bauen, wäre die Aaremilch nicht zum Elsa-Milchpreis gekommen. Die Frage wird sein, wie der in Zukunft sein wird. Wieviele Rappen pro Kilogramm allen Schweizer Milchproduzenten durch das Fehlen einer sehr grossen PO mit Mooh und Aaremilch in einem Boot gerade in Zeiten eines knappen Milchangebots entgehen, wird nie richtig zu beziffern sein.
Auch René Schwager spricht von «Wermutstropfen»
Geschäftsführer René Schwager bezeichnete den Entscheid der Aaremilch ebenfalls als Wermutstropfen, das habe die Mooh beschäftigt, das schwäche die Stellung der Produzenten insgesamt. «Es schmerzte uns, dass die Migros mehr Lieferanten an sich binden konnte.»
Immerhin, so führten sowohl Hübscher wie Schwager aus, habe die Mooh neue Produzenten begrüssen dürfen, auch Emmi-Direktlieferanten hätten kürzlich zu ihnen gewechselt. So blieb die Zahl der Mooh-Lieferanten mit 2748 per Anfang Jahr fast ganz konstant, und dies bei Hunderten Milchproduktionsbetrieben, die schweizweit letztes Jahr aufgehört haben.
Die Mitglieder produzierten letztes Jahr 542 Mio. kg Milch. Hinzu kommen total 895 Milchproduktionsbetriebe, die in Tunnellösungen Milch liefern, das heisst via Käsereien, falls diese Milch an Molkereien abgeben müssen.
Ueli Maurer sagt, die Bauern sollten das Angebot bündeln
Am Ende der Generalversammlung sprach Ueli Maurer, der bis Ende 2022 im Bundesrat gesessen war, zu den Mooh-Genossenschaftern. Ein wichtige Aussage von ihm war, dass es auf der Marktseite zentral sei – und da sprach auch der ehemalige Landi- und Fenaco-Mann aus ihm –, dass die Bauern sich zusammenschlössen und ihre Kräfte und ihr Angebot bündelten. Nur so könne den Grossabnehmern Paroli geboten und letztlich auch bessere Preise ausgehandelt werden. Das mache die Mooh in vorbildlicher Weise.
Er gratulierte der Mooh zum Erreichten. Sie sei flott unterwegs, was er am Anlass gesehen habe, mache ihm grosse Freude. Insofern könnte man sagen, dass die Aaremilchbauern mit ihrem Entscheid, mit der Migros zusammenzugehen, das Gegenteil dessen machten, was Ueli Maurer rät.
Der neue SMP-Präsident Beuret ist ein Mooh-Mann
Martin Hübscher begrüsste in Brunegg AG auch Boris Beuret, der am Mittwoch, einen Tag zuvor, zum neuen Präsidenten der SMP gewählt worden war. Beuret ist seit 2009 im Vorstand der Genossenschaft Miba, seit 2019 als deren Präsident.
Als die Milchproduzenten der Nordostmilch AG mit denen der Miba zur Mooh fusionierten, kam Beuret 2016 in den Verwaltungsrat der Milchhandelsorganisation Mooh, dem er bis am Donnerstag angehörte. Da trat er offiziell zurück, ein Nachfolger, der idealerweise gleichzeitig die Miba und die Biomilch repräsentiert, konnte so schnell nicht gefunden werden.
Hübscher freute sich, dass mit Beuret nach Hanspeter Kern (der aus der Nordostmilch kam) wieder einer aus der grössten Produzentenorganisation (PO) an der Spitze der SMP steht. Beuret habe sich insbesondere als Präsident der mooheigenen Bioproduzentenorganisation viele Verdienste erworben, so Hübscher.
«Mooh macht mehr aus meiner Milch»
Die Milchhandelsorganisation konnte im vergangenen Jahr, getreu ihrem neuen Motto «Mooh macht mehr aus meiner Milch», steigende Milchpreise erreichen. Für die Monate November und Dezember kündigte René Schwager auf der ÖLN-Silomilch eine Nachzahlung in der Höhe von 1 Rp./kg an.
«Doch leider hat die Lage schon wieder gedreht, das habt ihr schon gespürt», musste Schwager sagen. Die hohen internationalen Preise seien schon wieder Geschichte. Schwager ist aber überzeugt, dass der Durchschnittspreis übers ganze Jahr 2023 demjenigen des Jahres 2022 entsprechen sollte. «Wir wollen das halten, das ist das grosse Ziel.» Hübscher betonte, man sei sich bewusst, dass die jüngsten Preissteigerungen nicht alle Kostensteigerungen aufzufangen vermochten.
Thomas Roffler neu im Vorstand
Milchproduzent Ernst Bachmann aus Flaach ZH trat aus dem Verwaltungsrat der Mooh zurück. Er tat dies mit Blick auf eine Verjüngung, wie sie jeder Vorstand brauche. Bachmann war seit der Gründung der Mooh im Jahr 2016 in deren Verwaltungsrat gewesen, früher schon bei der Nordostmilch, deren Vizepräsident er 2007 geworden sei. Er habe damals die Verhandlungen zur Fusion zur Mooh massgeblich geprägt, berichtete Präsident Hübscher. Schon 1996 sei er in den Vorstand des Milchverbands Winterthur gekommen. An Bachmanns Stelle wurde Thomas Roffler aus Grüsch GR in den Verwaltungsrat gewählt. Roffler ist Präsident des Bündner Bauernverbandes und im Vorstand des Schweizer Bauernverbandes. Er erzählte, dass die Milchwirtschaft, die Viehzucht und die Alpwirtschaft seine grossen Leidenschaften seien. Und die Politik – er ist Mitglied des Gemeindevorstands und Mitglied des Grossrats (Kantonsrats).
Emmentaler AOP mit historisch tiefer Freigabe
Beim Käseexport gebe es seit dem Sommer 2022 massive Einbrüche, der Bio-Export sei komplett weggebrochen. Der Grund sei die wirtschaftliche Lage, die Inflation der EU, infolgederen der Schweizer Käse für viele Leute dort zu teuer geworden sei. In der EU sei der Biomilchpreis mittlerweile kaum mehr höher als der konventionelle Milchpreis. Auch beim Gruyère AOP gebe es massive Produktionseinschränkungen, und am Dienstag habe der Vorstand von Emmentaler Switzerland eine historisch tiefe Produktionsfreigabe von nur noch 40 % für die Monate Mai und Juni beschlossen.
Schwager berichtete auch vom eigenen Klimamilchprogramm, infolgedessen an die Produzenten im letzten Jahr 670 000 Fr. ausbezahlt worden seien. Die Mooh macht dabei beides: sie verkauft die Milch teurer, die einen zusätzlichen Klimanutzen hat, gleichzeitig verkauft sie CO2-Zertifikate und gibt den Erlös an die Milchlieferanten zurück.
Käserei Laubbach ist nun 100%-Tochter der Mooh
Aus dem Finanzbericht war von René Schwager zu erfahren, dass die Mooh im vergangenen Jahr die Käserei Laubbach in Waldkirch SG zu 100% übernommen habe und den bisherigen Minderheitsaktionär Anton Birrer verkauft habe. Die Käserei ist nun eine 100%-Tochter der Mooh. Sie habe letztes Jahr gut 20 Mio. kg Milch verarbeitet, einerseits zu Emmentaler AOP, andererseits zu Grosslochkäse. Im letzten Jahr habe das Laubbach-Käser-Team teilweise wenig zu tun gehabt, weil die Milch andernorts sehr gut verkauft worden sei. Aktuell ist man laut Schwager wieder froh, dass dort Milchspitzen gebrochen werden könnten.
Schämt Euch B... und Co
Die Milch der Berner Milchproduzenten wurden dafür von den Abnehmer Crimooo und Ammi und andere Player ziemlich schlecht bezahlt. Siehe das alte Milchpreismonitoring.
Zudem gab es einen gewissen Milchhändler Ornald der jedem grossen Milchproduzenten im Bernbiet ein guten Milchpreis anbot, wenn sein Hof nahe an den grossen Verbindungsstrassen war.