Wolle man einen langfristigen Zusammenbruch des Eisschildes vermeiden, dann sei eine rasche Dekarbonisierung der effektivste Weg. Die Chancen auf einen längerfristig stabilen Eisschild seien dann am grössten, wenn die Treibhausgas-Emissionen «ohne Verzögerung» auf Netto-Null reduziert würden.
Debatte um Notlösung
Das geht aus einer Publikation in der Fachzeitschrift «Nature Climate Change» hervor, wie die Universität Bern am Freitag mitteilte. Beteiligt waren die Abteilung Klima und Umweltphysik am Physikalischen Institut und das Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern.
Ihre Arbeit dreht sich um eine mögliche Notlösung, mit der sich der Klimawandel aufhalten liesse. Unter dem Begriff Geoengineering werden seit längerem technische Methoden diskutiert, die das Klima künstlich beeinflussen.
Millionen Tonnen Aerosole
Laut den Berner Forschenden müsste eine ganze Flotte von extrem hochfliegenden Flugzeugen Millionen Tonnen Aerosole in der Stratosphäre ausbringen, um die Sonne künstlich abzudunkeln. Dieser technische Eingriff ins Klima müsste ohne Unterbruch über Jahrhunderte aufrechterhalten werden.
Würde die Intervention gestoppt, solange die Treibhauskonzentration in der Atmosphäre hoch bleibt, hätte dies gravierende Folgen. Die Temperatur auf der Erde stiege sprunghaft um mehrere Grade an. Dazu könnten weitere, noch ungenügend erforschte Nebenwirkungen kommen. Sie reichen von einer Verschiebung des Monsunregimes bis zur Veränderung von Ozean- und Atmosphärenzirkulation.
Globales Experiment
«Geoengineering wäre ein weiteres globales Experiment und ein potenziell gefährlicher Eingriff der Menschen in das Klimasystem», erklärte Professor Thomas Stocker, Mitautor der Studie. Gemäss Artikel 2 der UNO-Klimarahmenkonvention sollte dies auf jeden Fall verhindert werden.
Bisher drehte sich die Forschung um die globalen Auswirkungen, die es geben könnte, wenn die Erde durch technische Massnahmen kühler würde. Die Berner Studie ist die erste, die mit Hilfe von Simulationen zeigt, welche Wirkung eine Abdunkelung der Sonne aufs Antarktische Eisschild hätte.
Mehrere Szenarien
Die Entwicklung des Eisschilds wurde unter verschiedenen künftigen Treibhausgas-Szenarien untersucht. Fazit: Gehen die Emissionen ungebrochen weiter und erfolgt der technische Eingriff Mitte dieses Jahrhunderts, liesse sich der Kollaps etwas hinauszögern, aber nicht verhindern.
In einem mittleren Emissionsszenario könnte sich das sogenannte Solar Radiation Management (SRM) als «effektives Werkzeug» erweisen, um das Kollabieren des Eisschilds zu verlangsamen oder sogar zu verhindern. Gemäss den Modellberechnungen würde SRM dann am besten wirken, wenn es möglichst früh erfolgt und mit ehrgeizigen Klimaschutzmassnahmen kombiniert wird.



Wer immer mal in den Himmel geschaut hat, weiss um was es geht.