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Aebi verteidigt Stopp der AP 22+

 

Landwirt und Nationalratspräsident Andreas Aebi (SVP, BE) äusserte sich im grossen Gespräch mit Journalist Reto Brennwald auf nebelspalter.ch auch zur Agrarpolitik. Er erklärte, warum auf seinem Familienbetrieb chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Dass die Welt ausschliesslich mit Bio-Landwirtschaft ernährt würde, werde ein Traum bleiben.   

 

Brennwald hielt Nationalratspräsident Andreas Aebi (SVP, BE) im auf Video aufgezeichneten Interview vor, die Sistierung der Reformvorlage AP 22+ habe viele irritiert, offenbar sei die sogenannte Agrarlobby nicht interessiert an einer ökologischen Produktion. Aebi protestierte: «Wir sind sehr interessiert an der ökologischen Produktion.» Er wies auch den Begriff Agrarlobby zurück, das negativ besetzte Wort «Lobby» werde für andere Interessenvertretungen nie benutzt.

 

Brennwald sagte, für die Landwirtschaft werde halt sehr viel Geld ausgegeben. Auch da hielt Aebi: «Wenn man sieht, was man von der Landwirtschaft alles zurückbekommt, ist das nicht viel Geld.» Angesichts der Milliarden, die für die Bewältigung der Covid-Krise ausgegeben würden, seien die Beträge zugunsten der Landwirtschaft «fast Schnäppchen».

 

Aebi hätte AP 22+ auch abgelehnt

 

 Aebi verteidigte die Sistierung der AP 22+. Wenn er als Nationalratspräsident den Stichentscheid hätte fällen müssen, wozu es ja beinahe gekommen sei, hätte er «natürlich» auch so entschieden. Die AP 22+ hätte für die Bauernfamilien Ertragseinbussen in der Höhe von Hunderten Millionen Franken mit sich gebracht, so Aebi. Wie das hätte kompensiert werden sollen, könne niemand sagen, sagt Aebi. «Wohl nicht mit zusätzlichen Direktzahlungen», sagte Aebi. Brennwald sage ja selbst, die Zahlungen seien schon heute hoch.

 

Aebi erklärte, woher die Ertragseinbussen mit der AP 22+ kämen: «Weil wir weniger Produktion haben. Wenn ich weniger verkaufe, habe ich weniger Geld im Sack.» Wenn er bei seinen Saatkartoffeln wegen ökologischen Auflagen nur noch zwei Drittel der früheren Menge ernten könne oder wenn er seine Kühe nicht mehr richtig füttern könne, sodass sie weniger Milch gäben, dann habe er weniger im Portemonnaie und niemand habe ihm sagen können, wer ihm das dann finanziert hätte.

 

«Ich finde das irgendwie auch fies»

 

Drittens wäre die Gesamtproduktion von Schweizer Lebensmitteln mit der AP 22+ deutlich zurückgegangen. In zehn Tagen reise er in seiner Funktion als Nationalratspräsident nach Afrika, dort lebe heute 1 Milliarde Menschen, in 30 Jahren aber sollen es 2 Milliarden Menschen sein. Woher nehme die Schweiz dann die Nahrungsmittel, wenn sie weniger produzierte? «Ich finde das nicht in Ordnung, ich finde das irgendwie auch fies. So wird das Problem rausexportiert, und hier in der Schweiz will man so eine Heidi-Landwirtschaft, so ein Natur-Paradies haben, für welches ich ja auch bin als Ornithologe, das ist nicht richtig.» Auf eine Frage von Brennwald bekräftigte Aebi, dass das, was gewisse ökologische Kreise fordern «absolut übertrieben» sei.

 

«Über Tiere wissen wir mehr als über Menschen»

 

Und Aebi verwies darauf, dass man bereits in der Richtung unterwegs sei, man habe im Parlament «sehr griffige» Absenkpfade «im Nährstoffhaushalt und bei den Pestiziden» beschlossen. Auch der Antibiotika-Einsatz in der Schweizer Landwirtschaft sei in den letzten zehn Jahren massiv gesenkt worden. Über den Antibiotika-Einsatz in der Tierzucht werde für jedes Tier einzeln und detailliert Buch geführt. Umgekehrt werde der Antibiotika-Einsatz beim Menschen, der zum Beispiel bei einer Ferienreise im Ausland erfolge, nirgendwo dokumentiert. «Wir wissen also über unsere Tiere massiv mehr als über uns selbst», folgerte Aebi.   

 

«Der Kupfer im Bio-Landbau ist nicht besser» 

 

«Doch wir haben in der Kartoffelproduktion eine Krankheit, die Kraut- und Knollenfäule, wegen der Irland fast verhungert ist, wegen der die Leute nach Amerika ausgewandert sind. Dagegen haben wir nach wie vor keine anderen Lösungen als chemische. Der Bio-Landbau arbeitet mit Kupfer, und Kupfer ist schwer abbaubar, das ist nicht besser», fuhr Aebi fort.

 

Meisterlandwirt Aebi bekannte offen: «Wenn wir, wie es die Pestizidinitiative will, darauf verzichten sollen, weiss ich nicht, was wir machen sollen. Und in zehn Jahren soll das umgesetzt sein. Für viele ist das eine kurze Zeit. Aber Resistenzen heranzuzüchten in zehn Jahren, das ist schlicht und einfach nicht möglich. Und alles, was wir nicht hier in unserem Land produzieren, wird importiert.»  

 

«Hacken kann zu Bodenverdichtungen führen»

 

Aebi führte weiter aus, dass man, wenn man beim Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel hacken müsse, in einem feuchten Frühling zweimal, dreimal, viermal, fünfmal übers Land fahren müsse, da werde jedes Mal CO2 ausgestossen, das gebe Bodenverdichtungen. Darum ist das immer eine Güterabwägung zwischen der konventionellen und der biologischen Landwirtschaft. Generell hielt Aebi fest, als ihm Brennwald vorhielt, Pestizide seien umstritten: «Im Leben ist alles umstritten, was man macht, es ist einfach eine Frage des Masses.» Die biologische Landwirtschaft habe absolut ihre Berechtigung, aber auch sie brauche Pestizide, im Kartoffelbau z. B. Kupfer.

 

«Ausschliesslich Bio – das wird ein Traum bleiben» 

 

Brennwald führte die Diskussion über den Bio-Landbau noch fort und fragte Aebi, warum seine Familie nicht einen Bio-Bauernhof führe. Aebi entgegnete: «Wir haben 10 bis 11 Prozent Biokunden in diesem Land. Zu 90% haben wir andere Kunden.» Sie hätten einen integrierten Bauernhof und verzichteten auf Fliegenschutzmittel, auf Herbizide im Saatkartoffelanbau, das sei ein spezieller Mix. Weiter sagte Aebi: «Bio heisst nicht, dass wir eine bessere Humifizierung haben», und kam zum Schluss dieses Gesprächsteils: «Bei ständig wachsender Weltbevölkerung weltweit nur noch Bio-Landwirtschaft zu betreiben – das wird ein Traum bleiben.»

 

 

Kommentare (9)

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  • Tanja Trauboth | 12.04.2021
    Dass Einkommen und Selbstversorgungsgrad sinken würden, sind nur Prognosen. Vielleicht passiert das unabhängig von der Agrarpolitik. Jetzt kommen dann einzelne Gesetze für die Problemfelder, die dann andere Probleme wieder auslösen, z.B. Nährstoffreduktion als eine Art Kontingentierung. Besser wäre die Bewältigung der Coronakrise aktiv zu gestalten, indem Direktzahlungen beitragen zu regionaler, umweltbewusster Produktion, entsprechend Nachfrage.
  • Tanja Trauboth | 12.04.2021
    Sistierung bedeutet, dass ein neuer Bericht geschrieben werden muss. Ein paar Jahre später dann vermutlich dieselbe Diskussion weiter machen, oder nochmal in die Schublade. Die Agrarreform weg von der Plan- hin zur Marktwirtschaft, die Anfang der Neunziger begann, steckt seit 2012 fest, seit Politiker und Volk darüber diskutieren. Wie soll das funktionieren?
  • Thalmann | 30.03.2021
    Bravo Res , Da heimär ä Politiker und ä Buräverträtter
    wo Drus chunt . ( Supper ) ????????????
  • W. Müller | 29.03.2021
    Das wäre für viele Biobauern eine Katastrophe
    Es folgen viele SVP Kündigungen
    • Beat Furrer | 30.03.2021
      Werde konkreter, W. Müller, was wäre eine Katastrophe für die Biobauern? Warum sollte es viele Austritte aus der SVP geben?
      Andreas Aebi argumentiert ganz vernünftig, logisch und verantwortungsbewusst. Muss ich daraus schliessen, dass Sie, W. Müller, unvernünftig, unlogisch und verantwortungslos argumentieren? Bitte werden Sie konkreter!
  • Ulrich Schürch | 29.03.2021
    Bravo Andreas !!
  • Fredy Abächerli | 28.03.2021
    Gute Argumente Res Aebi! Kein Wunder kam es soweit: unter dem Druck angeführt von Agrarbürokraten aus Umweltverbänden wurde die AP22+ zu kompliziert, sie enthält zuviele Widersprüche und die Massnahmen sind zu praxisfremd. Die Sistierung ist eine Chance endlich eine praxisnahere, zielorientiertere Agrarpolitik, diesmal aber auch zusammen mit erfolgreichen, aktiven Landwirten zu entwickeln.
  • Jung gebliebene Bauer | 28.03.2021
    Bist ein wenig traurig?
  • Gesunder Menschenverstand | 28.03.2021
    Aebi in den Bundesrat.

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