Gute wirtschaftliche Perspektiven bescheinigt AGCO-Vorstandschef Martin Richenhagen Afrika. „Die Zeiten, in denen Afrika als verlorener Kontinent angesehen wurde, sind vorbei“, sagte Richenhagen vergangene Woche gegenüber AGRA-EUROPE.
Am Rande des 4. AGCO Africa Summit in Berlin betonte der Vorstandschef die Bedeutung des schwarzen Kontinents für die künftige Weltagrarproduktion. Bei der notwendigen Verdopplung der globalen Nahrungsmittelerzeugung in den kommenden 20 Jahren spiele Afrika eine Schlüsselrolle. Wichtigste Ressourcen der afrikanischen Länder seien deren schnell wachsende Bevölkerung sowie der hohe Anteil an bislang ungenutztem Ackerland. Die gravierendsten Probleme Afrikas sind aus Sicht des AGCO-Chefs die unzureichende Infrastruktur, fehlende politische Kontinuität und verbreitete Korruption.
Aufgabe der Politik sei es, diese Defizite zu beseitigen und insbesondere verlässliche rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen. „Darüber hinaus sollte sich Politik raushalten und der Wirtschaft das Spielfeld überlassen“, so Richenhagen. Entscheidend sei es, Landwirtschaft als Business zu betrachten, „in dem Geld verdient wird“. Der Vorstandschef warnt zugleich vor falschen agrarstrukturellen Vorstellungen: „Subsistenzlandwirtschaft ist nicht die Lösung.“ Vielmehr müssten Kleinbauern in die Lage versetzt werden, ihre Produktivität zu erhöhen und für den Markt zu produzieren. Dabei könnten Genossenschaften nach europäischem Vorbild eine wichtige Rolle spielen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian S c h m i d t hob die strategische Bedeutung eines stabilen und wirtschaftlich prosperierenden Afrika hervor.
Ernährungspolitik ist Sicherheitspolitik
„Ernährungspolitik ist Sicherheitspolitik“, unterstrich der Minister in seinem Grußwort. Es sei von entscheidender Bedeutung, die Versorgung der Bevölkerung in ihren Herkunftsländern zu sichern. Durch Beschäftigung und eine Einkommensmöglichkeit würden Lebensperspektiven für die Menschen geschaffen. Dabei sei die Landwirtschaft ein wesentlicher Stabilitätsfaktor. Die Konzepte zur Entwicklung der Landwirtschaft müssten für alle Agrarstrukturen passen.
Im Mittelpunkt müsse die bäuerliche Landwirtschaft stehen. Mit Nachdruck mahnte Schmidt angepasste Maßnahmen zur Entwicklung der Landwirtschaft in Afrika an. Investitionen und wirtschaftliche Entwicklung dürften an den Kleinbauern nicht vorbeigehen. Dazu sei es unerlässlich, dass die Investitionen, die auf dem Kontinent getätigt würden, „im Einklang mit der Umwelt und den Schutzrechten der Bevölkerung stehen“, so Schmidt auf der Veranstaltung, die auf eine gemeinsame Initiative von AGCO, Bayer CropScience, der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) und der Rabobank zurückgeht. In deren Mittelpunkt standen Fortschritte in Afrikas Landwirtschaft, die maßgeblich durch den privaten Sektor initiiert wurden. Richenhagen sprach sich in seiner Begrüßung für starke Partnerschaften zwischen Regierungen, dem privaten Sektor und Entwicklungsgesellschaften entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette aus. Jeder Partner spiele dabei eine wichtige Rolle.
Future Farm vermittelt Fachwissen
Als wichtigen Bestandteil von AGCOs Afrika-Strategie nannte Richenhagen die Vermittlung von landwirtschaftlichem Fachwissen und den Ausbau des lokalen Vertriebsnetzwerks durch Initiativen wie die Future Farm, ein Trainings- und Modellfarm-Konzept. Die Future Farm in Sambia helfe einheimischen Bauern und AGCO-Vertriebspartnern, breite Kenntnisse über moderne Landwirtschaft zu erlangen und den Umgang mit professionellem landtechnischem Gerät zu lernen. Das Learning Center der Farm sei afrikaweit einzigartig und gliedere sich in verschiedene Bereiche, die dem Bauern Mechanisierung, Geflügelwirtschaft und den Umgang mit Getreide näherbrächten. Die Future Farm in Sambia ist nach Richenhagens Angaben mittlerweile vollständig in Betrieb. Die offizielle Eröffnung kündigte er für Mai an. Geplant sei, das Future-Farm-Konzept in weiteren afrikanischen Schlüsselmärkten auf den Weg zu bringen. Der Fokus liege zunächst auf dem frankophonen Afrika. Ausdrücklich begrüßte Richenhagen die Initiative des Bundesentwicklungsministers zur Einrichtung von Musterfarmen in Afrika, die sich an das AGCO-Konzept anlehne.
Nachhaltige Mechanisierung
AGCO strebt nach den Worten seines Chefs in seinem bislang einzigen afrikanischen Werk in Algerien in diesem Jahr die Produktion von 4 000 Traktoren an, nachdem diese Zahl im letzten Jahr noch bei rund 1 000 gelegen habe. Dabei handele es sich überwiegend um einfach zu bedienende und kostengünstige Maschinen für kleine und mittlere Landwirte in der Preisklasse von 10 000 $ (8 601 Euro) bis 15 000 $ (12 901 Euro). Man sei bestrebt, die Kapazität von 15 000 Schleppern in den kommenden Jahren zügig zu erreichen. Im Mai 2014 hatte AGCO seine neue Traktoren-Generation „Global Series Tractor“ in Afrika eingeführt.
Das Global-Series-Tractor-Projekt ist Unternehmensangaben zufolge die größte Produktinvestition in der Geschichte von AGCO. Im Jahr 2012 gründete AGCO mit der algerischen Regierung die Algerian Tractors Company (ATC). Der Senior Vice President und General Manager bei AGCO für die Region Europa, Afrika und Mittlerer Osten, Dr. Rob S m i t h , sprach vom Ziel einer „nachhaltigen Mechanisierung“. Das bedeute, dass AGCO seine Produkte gezielt für den afrikanischen Markt entwickle und dort herstelle. Gleichzeitig würden die Kunden in der optimalen Bedienung, Wartung und Instandhaltung der Landmaschinen geschult. Schließlich biete AGCO Unterstützung durch sein weitläufiges Vertriebsnetz in Afrika an.