Der Bundesrat muss die Verhandlungen über ein Agrarfreihandels-abkommen mit der EU sistieren. Der Ständerat hat am Mittwoch eine Motion mit dieser Forderung aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen. Doch ganz will sich der Ständerat doch nicht vom Freihandel verabschieden.
Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Motion von Nationalrat und CVP-Präsident Christophe Darbellay mit 26 zu 16 Stimmen zugestimmt, welche den Abbruch der Verhandlungen mit der EU über ein Agrarfreihandels-abkommen verlangt. Der Bundesrat wird darin beauftragt, die laufenden Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) über ein Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich unverzüglich zu stoppen. Der Bundesrat soll keine weiteren Verhandlungen führen, solange ein Abschluss der Doha-Runde der WTO nicht zustande kommt.
CVP stimmte doch für Darbellay
Während in der Debatte klar wurde, dass vor allem die Vertreter von SVP, Grünen sowie einzelne Vertreter der SP für den Abbruch und damit gegen den Agrarfreihandel stimmen würden, war die Haltung der CVP unklar. In der vorberatenden Kommission hatten die CVP-Vertreter noch gegen die Motion ihres eigenen Parteipräsidenten gestimmt.
Im Plenunm brachten die CVP-Ständeräte dann allerdings zusammen mit den Stimmen von SVP, Grünen, einzelnen SP-Stimmen sowie dem BDP-Vertreter Werner Luginbühl die Motion zur Annahme.
Motionen Joder und Favre abgelehnt
Zwei in eine ähnliche Richtung gehende Motionen der Nationalräte Rudolf Joder (SVP, BE) sowie Laurent Favre (FDP, NE) lehnten die CVP-Ständeräte zusammen mit der Mehrheit von FDP und SP ab, womit diese gescheitert sind.
Wie der Nationalrat befürchtet auch die Mehrheit des Ständerats, dass eine Öffnung des Agrarmarkts für die Schweizer Bauern katastrophale Folgen hätte. Tausende Landwirtschaftsbetriebe würden verschwinden, sagte Peter Föhn (SVP/SZ).
Die Schweizer Bauern müssten geschützt werden, da sie wegen der schwierigen topografischen und klimatischen Bedingungen und der hohen Regeldichte mit kürzeren Spiessen kämpften als die Konkurrenten. Durch einen Verhandlungsabbbruch gebe man den verunsicherten Bauern wieder Planungssicherheit.
Keine gleichlangen Spiesse
Ohne gleichlange Spiesse sieht This Jenny (SVP/GL) vor allem die Bergbauern in Gefahr. Das habe enorme Konsequenzen für die Landschaft und den Tourismus, denn ohne Bewirtschaftung vergande das Land. Nach Ansicht von Werner Luginbühl (BDP/BE) ist ein Freihandelsabkommen auch gar nicht nötig, weil es für die EU nicht vordringlich sei.
Widerspruch bleibt
Widersprüchlich bleibt der Entscheid des Ständerates trotz allem. Denn gleichzeitig mit der Annahme der Motion Darbellay, welche einen Verhandlungsstopp fordert, wurde auch eine Motion der vorberatenden Kommission angenommen. Einige CVP-Vertreter wie Emmi-Präsident Konrad Graber empfahlen in der Debatte sowohl die Annahme der Kommissionsmotion, welche nach wie vor das Ziel Freihandel hat, wie auch die Annahme der Motion Darbellay, welche den Abbruch der Verhandlungen zur Folge hat. Und die CVP-Ständeräte folgten offensichtlich der Parole Grabers und stimmten gleichzeitig für beide in sich widersprüchlichen Anträge.
Die Kommissions-Motion beauftragt den Bundesrat, bis Ende September eine Standortbestimmung vorzunehmen. Dazu gehören die Abstimmung mit der Agrarpolitik 2014–2017 und eine Evaluation des Käsefreihandels. Die WAK-S will das Fernziel Agrarfreihandel nicht aufgeben. «Der Bundesrat zeigt mögliche Alternativen zum bisherigen Verhandlungsansatz auf mit dem Ziel einer schrittweisen und kontrollierten Einführung des Agrar- und Lebensmittelfreihandels mit der EU», heisst es im Text.
Für Schneider-Ammann ist der Fall klar
Doch für Landwirschaftsminister Johann Schneider-Ammann ist der Fall klar. Vergeblich warnte er vor der Annahme der Motion Darbellay, weil diese so oder so - auch bei der Annahme der Kommissionsmotion - einen Abbruch der Verhandlungen bedeute. Eine Sistierung der Verhandlungen führe bloss zum Stillstand und löse die Probleme der Landwirtschaft nicht. Der Agrarfreihandel berge nicht nur Risiken, sondern biete auch Chancen.


