Der Atomausstieg steht an, CO2-Zertifikate werden gehandelt, und erneuerbare Energie ist in. Von dieser Entwicklung sollen die Bauern profitieren. Es genügt aber nicht, Energie zu produzieren, auch effizienter müssen sie werden. Mit Bildergalerie
In Zeiten von Klimawandel, steigendem Strombedarf und sich wandelnder Energiepolitik, muss auch die Landwirtschaft über die Bücher. Können die Bauern ihren Energiebedarf senken? Wie viel Energie können sie produzieren? Und ist es ihnen möglich, weniger Klimagase auszustossen?
Dies will der Schweizerische Bauernverband (SBV) wissen. Dazu gründete er zusammen mit verschiedenen Partnerorganisationen AgroCleanTech. Diese Plattform will das Potenzial der Schweizer Landwirtschaft punkto Energieeffizienz und -produktion aufzeigen, den Bauern bei der Umsetzung von Projekten Hilfestellung leisten und sich für die dazu nötigen Rahmenbedingungen starkmachen.
Einen Beitrag leisten
Eine erste Studie von AgroCleanTech zeigt auf, dass in der Landwirtschaft viel Potenzial vorhanden ist. Aktuell produzieren die Schweizer Bauern lediglich vier Prozent des eigenen Energiebedarfs selber, und laut der Studie sind sie für zwölf Prozent der starken Treibhausgase verantwortlich.
Das Fazit der Studie: Die Bauern können ihren Energieverbrauch deutlich senken und sie könnten etwa das Doppelte ihres Energieverbrauchs produzieren. Sie könnten daher einen erheblichen Beitrag zur Schliessung der Energielücke leisten.
Eine Nasenlänge voraus
Oskar Schneuwly, Hubert Grossrieder, Oswald Bäriswyl und Markus Jungo sind vier Bauern, die bereits ihren Beitrag leisten und AgroCleanTech eine Nasenlänge voraus sind. Sie haben in Düdingen FR auf Eigeninitiative einen Energiepark auf die Beine gestellt. In diesem produzieren sie einerseits Strom und andererseits Holzpellets.
Herzstück des Parks ist die Biogasanlage. Aus Gülle, Mist und Co-Substrat produziert die Biogasanlage 2,2 Gigawattstunden Elektrizität, Energie für rund 500 Haushalte also. Mit der Abwärme, welche bei der Stromproduktion mit dem 550-PS-MWM-Motor anfällt, trocknen die Unternehmer Holzschnitzel aus Waldholz. Rund 500m3 wöchentlich.
Diese wiederum werden zusammen mit Holzspänen zu Pellets verarbeitet. Die Pellets werden im Umkreis von 50 km selber vermarktet und ausgeliefert. Und auf dem Dach der Pelletsproduktionshalle ist eine 148-kWp-Fotovoltaikanlage installiert.
Kampf um Co-Substrate
Bei den Energieproduzenten schlägt nach wie vor das Herz des Bauers in der Brust. Ein jeder bewirtschaftet seinen eigenen Hof, sie holen im Umkreis von sechs Kilometern per Lastwagen die Gülle fast aller Bauern und bringen ihnen im Gegenzug Gärreste zurück. Und die Holzschnitzel beziehen sie bei den Bauern der Region.
Oskar Schneuwly betonte, dass insbesondere die Co-Substrate hart umkämpft seien. Wichtig sei, dass diese den Bauern zur Ergänzung der Hofdünger bei der Biogasproduktion zur Verfügung stünden. Mehr und mehr würden diese von grossen, industriellen Firmen aufgekauft.
Potenzial ausschöpfen
Da es sich beim Energiepark Düdingen um einen Vorzeigebeispiel handelt, lud der SBV vergangenen Freitag dort zu einer Medienkonferenz. SBV-Direktor Jacques Bourgeois erläuterte die energiepolitische Situation. Er beteuerte, dass künftig mehr Gelder für die kostendeckende Einspeisevergütung bereitgestellt würden. Bourgeois ermunterte die Bauern, so viel Energie wie möglich zu produzieren und wo immer möglich Energie einzusparen.
Stefan Mutzner, Geschäftsführer von Ökostrom Schweiz, machte sich in erster Linie dafür stark, die Bauern auf Energieeffizienz zu trimmen. Das Sparpotenzial bei Stall- und Gebäudeisolationen, durch Wärmerückgewinnung beim Milchkühlen, aber auch bei Heubelüftungen sei auszuschöpfen.
Leider wurde an der SBV-Medienkonferenz zum Thema Energieeffizienz anstelle heimisches Apfelsafts über weite Strecken transportiertes Importmineralwasser aus dem Lidl serviert.