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Aktions-Orgie vor Ostern

 

Daniel Salzmann, Chefredaktor des «Schweizer Bauer» hat das Migros-Magazin, das Anfang Woche in seinem Briefkasten landete, durchgesehen und stellt fest: All diese Aktionen, und dann noch von welchen Produkten, Wahnsinn!

 

Eben erst ging über der Migros, angefeuert von Bauernverbandsdirektor Martin Rufer, in bäuerlichen Kreisen ein Shitstorm über der Migros nieder, weil sie Kartoffeln-Patatli aus Ägypten – notabene mit Fair-Trade-Gütesiegel - mit 26% Rabatt anbot, sodass ein Kilo nur noch 2 Franken und 40 Rappen kostete. Ägypten steuert direkt auf eine Hungerkrise zu, weil es aus der Ukraine keinen oder viel weniger Weizen kaufen kann für seine 100 Millionen Einwohner und Ersatzlieferanten diesen nur zu massiv gestiegenen Preisen verkaufen.

 

Wer das Geld hat,… 

 

Wir kaufen mit unserem Geld und unserer starken Währung der ägyptischen Bevölkerung ihr Essen weg, wobei nicht ganz sicher ist, dass diese qualitativ hochstehende Ware auch zu den dortigen Armen gelangen würde in diesem ziemlich korrupten Land. Grünen-Politikerin Maya Graf verwies auch auf das Wasserproblem. Der Anbau dort ist bezüglich Wasserhaushalt oft nicht nachhaltig, wie das auch bei vielem Gemüse aus Nordafrika und bei Mandeln aus Kalifornien der Fall ist, in dem Sinne, dass dafür fossile Wasserreserven gebraucht werden, die über den Regenfall nicht mehr gefüllt werden. Irgendwann werden diese lokalen Wasserreserven aufgebraucht sein!

 

Es gäbe noch Schweizer Kartoffeln 

 

Die Migros, die viel Wert auf ihre Werte legt und sich als sehr nachhaltig rühmt, wehrte sich, es brauche Importe, die Lagerbestände verschiedener Produkte sei ausgegangen, und sie finanziere die Aktion. Komisch nur, dass am späten Donnerstagabend im Online-Shop der Migros durchaus Schweizer Kartoffeln erhältlich waren! Ein Kilogramm «Fresca» Kartoffeln festkochend kosteten 1 Franken und 60 Rappen. 

 

Es sind halt solche vom letzten Sommer, nicht «Frühlingskartoffeln». Es gibt also noch Schweizer Kartoffeln, und es hätte noch mehr davon gegeben, wenn wegen der Branchen- und Industrienormen (die aber durchaus auf Neigungen der Konsumenten zurückgehen, die perfekte Ware immer bevorzugen) nicht noch welche gar nicht bis in den Laden gelangen würden. 

 

Warum obendrauf noch in Aktion angeboten? 

 

Wenn sie solche Produkte schon im Angebot bleiben müssen (was sie bei einem wirklich nachhaltigen Detailhändlerin gar nicht würden), warum müssen sie dann obendrauf noch als Aktion angeboten werden? Diesen Frühling wurden in der Migros auch Spargeln und Erdbeeren von sehr weither, von der Schweizer Saison weit entfernt, direkt im Ladeneingang positioniert und teilweise in Aktion angeboten.

 

Coop versteckt Herkunft Ägypten

 

Übrigens ist Coop, das sonst für bäuerliche Anliegen, auch solche bezüglich der Preise, seit Jahren und auch aktuell eindeutig mehr Verständnis zeigt als die Migros, nicht viel besser. Auch sie bot vor wenigen Wochen Babykartoffeln an. Wie ein Augenschein im Coop Bern-Bethlehem zeigte, hat sie auch welche im Angebot, aber nicht in Aktion. Dabei versteckt sie, wie es mittlerweile schlechte Sitte ist, die Herkunft: «Herkunft siehe Verpackung» steht gross auf dem Preisschild, und ganz klein auf der Verpackung steht dann «Ägypten».

 

Die Migros kann es nicht lassen… 

 

Und was macht die Migros jetzt, gut zwei Wochen nach der Kritik von Rufer, die auf grosse öffentliche Resonanz stiess? Sie demonstriert ihre Macht und zeigt ihre Unbeirrtheit. Ihrer Migros-Zeitung legte sie eine 16seitige Faltheft bei, das unter dem Titel «Genussvolle Ostern» ausschliesslich Aktionen beinhaltet! Und auf dem Titelblatt sind Kartoffeln abgebildet: «Kartoffeln, neue Ernte, Ägypten, Tragtasche, 1,5 kg, mit 24% Rabatt, für 1 Franken 90 Frappen statt 2 Franken 50 Rappen.» Das ist also günstiger als die noch vorhandenen Schweizer Kartoffeln! Recht eigentlich ein Dumpingpreisangebot ist das. 

 

Auch Bio-Himbeeren aus Spanien müssen in Aktion ins Regal 

 

Aber damit ist nicht genug. Gleichzeitig werden als «Empfehlung der Woche» Bio-Himbeeren aus Spanien angeboten, mit 31% Rabatt! Auch da kann nur gehofft werden, dass es nicht mit fossilem Wasser geschah und dass nicht illegale Arbeiterinnen aus Nordafrika für einen minimen oder für keinen Entgelt sie geerntet haben! Dabei wären noch wunderbare Schweizer Birnen und Schweizer Äpfel im Angebot, die ja nicht einmal mehr alle geerntet werden, weil es mittlerweile schlichtweg mehr gibt, als zu einem guten Preis verkauft werden können! Auch wegen der staatlichen Beiträge für Hochstammbäume.

 

Und Lammnierstück von irgendwoher 

 

Und weiter wird ein M-Classic-Lammnierstück mit 20% Rabatt angeboten. Die Herkunft ist nicht angegeben. Der Chefredaktor wettet eine gute Flasche Schweizer Wein mit der Migros-Einkaufsverantwortlichen, wenn er sagt, dass das kein Schweizer Lamm ist, sondern importiertes! Es gäbe in der Schweiz wunderbares Ostergitzifleisch, das oft nur Mühe Absatz findet. Aber nein, es muss Lammfleisch aus aller Welt sein! Und natürlich das Nierstück, nur das Edelstück. Und irgendwo auf der Folie von Umweltbewegten steht, es gebe einen Trend «from nose to tail» und der müsse jetzt endlich wachsen. Garantiert möchten sich die Migrosmanager gedanklich auch zu diesen Grünen zählen. Ihr Handeln spricht aber dagegen.

 

Der Lachs aus Norwegen darf nicht fehlen 

 

Aber damit ist mit Migros-Aktionen vor Ostern noch lange nicht Schluss! Da werden auch Spargeln aus Spanien oder Italien mit 30% Rabatt angeboten, Tomaten aus Spanien mit 20% Rabatt, Erdbeeren aus Spanien oder Italien mit 25% Rabatt, Mangos aus Peru 30 Rappen günstiger, wenn man gerade zwei Stücke aufs Mal kauft, und natürlich darf auch der Lachs nicht fehlen, aus Norwegen, mit 40% Rabatt. Wer wie der Schreibende eine Lachsfarm in Norwegen besichtigt hat, sich nach dem Futter erkundigt hat, vor Ort von den ökologischen Problemen gehört hat, weil die vielen Lachse die Fjorde überdüngen und bei Stürmen entweichen, sich mit den Wildlachsen paaren und diese genetisch schwächen, sodass diese ihre Laichgründe nicht mehr erreichen – der denkt an die Nachhaltigkeitsstrategie der Migros und kommt nicht draus. Das Nachhaltigkeitslabel GGN gerät jedenfalls unter den Verdacht des Greenwashings. Viel besser wäre es, etwas Alternatives zu kaufen, vielleicht Schweizer Rüebli, die das Startup Wild Foods zu einem Lachsimitat verarbeitet. Die gibt es im Biofachhandel. 

 

Auch IP-Suisse muss für Aktionen herhalten

 

Auch IP-Suisse-Fleisch, das doch Qualitätsfleisch ist und wo die Migros sich ihrer Partnerschaft rühmt (und auch keine schlechte Partnerin ist) , wird mit Rabatt angeboten: das Schweinsnierstück mit minus 20%, das Rindsentrecôte mit 15% Rabatt, das Schweinhuftsteak mit 18% , das Schweinshalssteak mit 30% Rabatt, das Nussschinkli mit minus 33%, und das ist alles IP-Suisse-Qualitätsware! 

 

Butter ist mittlerweile fast in Dauer-Aktion 

 

Auch die Butter wird im Duo-Pack 40 Rappen günstiger angeboten! Das Gleiche ist momentan bei Coop der Fall. Alle paar Wochen ist Butter in Aktion. Ein Branchenvertreter sprach vom Waschmittel-Effekt, der hier drohe, wollte das dann aber nicht in der Zeitung lesen. Dabei hat er Recht: Die kluge Hausfrau und der schlaue Hausmann kaufen 2, 4, 6 oder 8 Buttermödeli aufs Mal und lagern diese tiefgekühlt. Der Schreibende kennt diesen Effekt, Waschmittel hat er wegen 40%- ja 50%-Aktionen noch für mehrere Jahre an Lager! Diese Aktionen helfen jedenfalls nicht, das Preisniveau zu steigern, dorthin, wo es nötig, damit auch die Molkereimilchbauernfamilien einen korrekten Stundenlohn haben. Es sei hier daran erinnert, dass ein angehender Meisterlandwirt aus einer Molkereimilchbauernfamilie am Inforama Rütti den Stundenlohn in der Milchwirtschaft ausrechnete mit Hilfe dortiger Fachleute: Es resultierten 4 Franken pro Stunde.

 

Das Zeugs wird halt gekauft 

 

Und doch, und doch muss an dieser Stelle daran erinnert werden, dass alle diese Lebensmittel aus dem Ausland, die in diesen Zeilen an den Pranger kommen, gekauft werden. Sonst wären sie nicht in den Läden. Keine Detailhändlerin kann es sich leisten, Produkte einzukaufen, die sie nicht verkaufen kann. Also zeigt das gute alte Bonmot, dass es nichts Neoliberaleres gebe als die Konsumentin oder den Konsument, einmal mehr seine Richtigkeit. 

 

Das gehört auch zur Wirtschaftsfreiheit 

 

Wenn also die mainstreamigen Landwirtschaftsbranchenvertreter gegen Grüne und Rote und Umweltbeamte, die den Speisezettel diktieren wollen und zum Beispiel vegane Tage in öffentlichen Kantinen vorschreiben wollen oder eine Fleischsteuer fordern oder den Zuckergehalt behördlich ruckzuck senken wollen, argumentieren und sagen, die Konsumentenschaft müsse die Freiheit haben zu kaufen, was ihr gefällt und was sie wolle, dann müssen diese Vertreter und dann muss auch der Schreibende hinnehmen, dass Kartoffeln aus Ägypten in die Läden kommen. Die Hoffnung, dass sie in Zukunft weniger oft gekauft werden, stirbt zuletzt. Und es ist auch Teil der Wirtschaftsfreiheit, dass sie in Aktionen angeboten werden. Nur sollten sich die entsprechend tätigen Detailhändler nicht gleichzeitig so laut ihrer Nachhaltigkeit rühmen.

Kommentare (14)

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  • Thomas Hoffmann | 19.04.2022
    Wenn ein Chefredaktor wie ein Lernender schreibt (verschachtelte Sätze, nach jedem Satz ein Ausrufezeichen, Alltagsjargon) liest man Schweizer Bauer...
    • Inkognito | 21.04.2022
      Dann lass es doch einfach bleiben! Es zwingt niemand dazu, den Schweizer Bauer zu lesen. Und dein Text sagt ja auch einiges über dich aus. Persönliche Beleidigungen nur weil du nicht gleicher Meinung wie der Schreibende bist? Ganz tolles Niveau......
  • Wyder Christian | 18.04.2022
    Migros, Coop und alle anderen sins nur Heuchler. Da zählr nur der Gewinn. Und darum wollen sie das die Schweizer Bauern extensivieren und somit weniger produzieren. Dann könnwn sie mehr importieren und so den Gewinn maximieren und zusätzlich den Druck auf die Schweizer Produzentenpreise erhöhen. Und unser Staat macht ja noch mit bei der Extensivierung. Alles Heuchelei. Und die IP Suisse ist wie ein Krebsgeschwür wo immer weiterwächst und Macht an sich reisst....zusammen mit Migros....
  • Kollege, wartet ab | 18.04.2022
    Danke für diesen Kommentar auf SB online, Herr Salzmann.
    Mehr sowas, dafür weniger sda Propaganda und ich abonnieren den SB eventuell wieder.
  • Karl Berger | 18.04.2022
    Bravo Daniel Salzmann für diesen Bericht. Das passiert seit langer Zeit und eigentlich hacken die Meisten nur auf den Bauern rum aber sobald die Leute einen Einkaufstempel betreten wird das Bestplatzierte in den Einkaufswagen getischt.Die Anbieter erklären dann sofort dass das Produkt stark nachgefragt sei!
  • Andi | 17.04.2022
    Leider sind auch die Geschäfte unseres Fenaco Konzerns keine Vorbilder!
  • fine | 16.04.2022
    Das vom Autor sehr detailliert beschriebene Problem besteht nicht allein in der Schweiz, auch Deutschland ist betroffen und es scheint auch dort keine Lösung für den bedrückenden Zustand zu geben.

    Hier hat man die sog. Zukunftskommission Landwirtschaft zusammengerufen, um Expertise zu bündeln. Ein Ergebnis ist, daß der Markt alleine nicht ausreicht, um ökologische Schieflagen auszugleichen und empfiehlt staatliche Eingriffe zur Preislenkung.

    Wäre so etwas in CH denkbar und populär?
  • MaWi | 15.04.2022
    Dem Fass den Boden schlägt die aktuelle 20 % Aktion der Migros von IP-Suisse Mehlen aus.
    Obwohl es zu wenig IP-Suisse Getreide hat und daher bis zu 20 % anderes, auch ausländisches Mehl, beigemischt werden darf, ist das Mehl aktuell bei der Migros in Aktion.
    Mit gesundem Menschenverstand kann dies nicht mehr erklärt werden, einfach nur noch absurd.
    • Gmüeseler | 17.04.2022
      Bei uns im Biosegment macht die Migros jetzt Ausschreibungen für den Gemüseeinkauf 2023 und 2024 mit Preisfixierung. Und die Produktionskosten explodieren.
  • Rüedu | 15.04.2022
    Lebensmittel werden verramscht. Man importiert sie aus Drittweltländern, die Detailisten subventionieren sie auch noch und üben dadurch massiven Druck auf Schweizer Produzenten aus. Aber wehe der Spritpreis steigt und man am Gotthard drei Stunden mit laufendem Motor im Stau stehen muss, um die "Gratis"-Kartoffeln und "Gratis"-Lammnierstücke im Tessin zu grillieren
    • Jonas Hartmann | 15.04.2022
      Du hast es auf den Punkt gebracht :)
  • seppli | 15.04.2022
    Der letzte Abschnitt bringt es auf den Punkt, wer immer von Selbstbestimmung spricht , muss dann auch damit leben wenn man nicht profitiert.
  • Benno | 15.04.2022
    Als IPS Betrieb nicht zum aushalten, wenn unsere Produkte nur noch mit Prozenten verkauft werden.
    Unsere IPS Organisation muss sich dringend überlegen,ob man solche Machendschaften dulden will,
    oder gleich den Namen wechselt in IPS MBudget.
  • Landwirt | 15.04.2022
    Worte statt Taten....

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