Für den Walliser Widerstand gegen das neue Raumplanungsgesetz gibt es sowohl emotionale als auch handfeste Gründe. Viele Walliser fürchten um ihre Eigentumsverhältnisse - über 80 Prozent der Bevölkerung besitzen Land.
Das Wallis macht als einziger Kanton praktisch geschlossen Front gegen die Revision des Raumplanungsgesetzes. Erwartet wird eine massive Rückweisung der Vorlage am 3. März.
Die einzigen «Misstöne» im Chor kommen aus den Reihen der Grünen. Sie schlossen der Grünen Partei der Schweiz an und verteidigen die Vorlage nun praktisch im Alleingang. Dabei nehmen sie nicht zum ersten Mal in Kauf, als Landesverräter beschimpft zu werden. Die SP- Sektionen Unterwallis und Oberwallis hingegen fassten - im Widerspruch zur nationalen Partei - die Nein-Parole.
Anders als bei der Zweitwohnungsinitiative erhält das Wallis auch keine Unterstützung von anderen Gebirgskantonen. Das Kantonsreferendum, das das Wallis gegen die Gesetzesrevision lancierte, scheiterte. Besonders verbittert ist die Walliser CVP, die sich von ihrer Mutterpartei im Stich gelassen fühlt, hat diese doch trotz Walliser Austrittsdrohung die Ja-Parole beschlossen.
Die Walliser führen bei ihrem Widerstand gegen das Raumplanungsgesetz verschiedene Gründe ins Feld: Angriff auf das Privateigentum, Aushöhlung des Förderalismus, Diktat aus Bern.
Über 80 Prozent besitzen Grundeigentum
Die Rückweisung der Vorlage hat direkt mit den Eigentumsverhältnissen im Kanton zu tun: 61,4 Prozent aller Walliser Haushalte besitzen ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung und sogar über 80 Prozent sind laut Schätzungen als Folge der Erbteilung Besitzer von Grundeigentum.
Das am häufigsten angeführte Argument gegen die Revision ist denn auch die Limitierung der Baulandreserven auf 15 Jahre. Auch wenn diese Bestimmung bereits im aktuellen Raumplanungsgesetz existiert, wurde sie im Wallis nie strikt eingehalten.
Die Baulandreserven sind im Wallis demzufolge drei- bis viermal grösser als der für die nächsten 15 Jahre ausgewiesene Bedarf. Müsste der gesetzliche Zustand wieder hergestellt werden, hätte dies die Rückzonung eines grossen Teils des Bodens zur Folge. Für die Grundeigentümer hiesse dies wiederum, dass sie ihr Land an Wert verliert.
Land als realer Wert
Im Wallis aber ist der Boden ein realer Wert und zum Teil auch Altersvorsorge. «Es ist ziemlich normal, dass die Walliserinnen und Walliser nicht wollen, dass ihr Grundeigentum an Wert verliert», sagt dazu der Soziologe Gabriel Bender. Die Walliser seien wie die anderen Eidgenossen, nur dass sie andere Werte im Portefeuille hätten.
Der Hotelier und Gemeindepräsident von Zermatt, Christoph Bürgin, teilt diese Meinung: «Fakt ist, dass uns das Raumplanungsgesetz sehr ans Lebendige geht», sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Und: «Wir haben in den Gebirgsorten nur wenig Land, und wir wollen damit machen, was wir wollen.»
Bürgin ist überzeugt, dass die Menschen in den Bergen einen anderen, engeren Bezug zum Land haben als in der Agglomeration. Man könne das Raumplanungsgesetz deshalb nicht über das ganze Land stülpen. «Die Walliser sind stolze Landbesitzer.»
Dass sich die Walliser in der aktuellen Situation vom Rest der Schweiz unverstanden fühlten, sei normal, aber nicht ein generelles Phänomen, sagt Bürgin. Jeder fühle sich unverstanden, wenn er von der Mehrheit überstimmt werde.^
Kantonalbank unbesorgt
Die wirtschaftlichen Konsequenzen bei Annahme der Vorlage dürften sich im Wesentlichen auf das private Erbe beschränken. Die Walliser Kantonalbank, die einen Grossteil ihres Geschäftes mit Hypotheken bestreitet, sieht aber keine grossen Verlustrisiken auf sich zukommen. «Das Total der Verpflichtungen im Baulandsektor entspreche einem sehr kleinen Teil der gesamten Kundenanleihen», präzisiert die Kantonalbank. Die meisten Kredite seien im Hinblick auf Bauvorhaben gewährt worden, und ein grosser Teil der belehnten Bodenbesitzer verfüge bereits über eine Baubewilligung.