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Alles nur Kopfsache, oder?

Der Förderverein Sbrinz-Route organisiert jährlich eine spezielle Wanderwoche mit einem historischen Saumzug. Redaktorin Anja Tschannen war mit ihrem Freibergerpferd Teil des Saumzuges und berichtet in ihrem Blogtagebuch über die Erlebnisse auf der 150 Kilometer langen Sbrinz-Route von Stansstad NW bis nach Domodossola (I).

 

 

Der Förderverein Sbrinz-Route organisiert jährlich eine spezielle Wanderwoche mit einem historischen Saumzug. Redaktorin Anja Tschannen war mit ihrem Freibergerpferd Teil des Saumzuges und berichtet in ihrem Blogtagebuch über die Erlebnisse auf der 150 Kilometer langen Sbrinz-Route von Stansstad NW bis nach Domodossola (I).

Was für eine Nacht. Ohropax für heute Abend sind gedanklich schon organisiert. Und nun ist es offiziell: Die ersten sechzig Minuten des Tages will meine Ego-Natur weder Menschen sehen, noch sie hören oder riechen. 

Eigentlich ist es noch zu früh zum Aufstehen. Draussen beginnt es erst zu dämmern. Ich beschliesse, mich noch einmal aufs Ohr zu hauen. Spätestens als Tanya ihre Matratze neben mir fallen lässt und auffordernd am Bettende stehen bleibt, weiss ich, das wird nichts mehr mit Faulenzen und Dösen. Unerklärlicherweise ist Tanya nämlich am Morgen immer schon auf Volldampf. Echt unheimlich. Wiederwillig richtig ich mich auf. Der Morgenmuffel in Person. 

Zwei fixe Termine

Ab geht es zu den Saumtieren. Haydo und Tina haben die erste Nacht gut überstanden und kauen bereits an ihrer Morgenration Heu herum. Auch für uns heisst es jetzt, auf zum Frühstück. Die ziemlich schlaflose Nacht wird mit einem bombastischen Buffet entschädigt. 

Zwei fixe Termine stehen heute für uns Säumer an: Der Gottesdienst um 11 Uhr und das Abmarschieren mit den Saumtieren um 14:30 Uhr. Bis zum Gottesdienst dauert es noch fast drei Stunden. Ich schnappe mir Striegel und Bürste und wende mich Haydo zu. Anschliessend sammeln wir Neusäumer uns an den Tischen gegenüber den Saumtieren. 

Säumerhüte verzieren

Res, ein erfahrener Säumer, der schon zum zehnten Mal auf der Sbrinzroute ist, ist dabei, seinen Säumerhut zu verzieren. Unter der Anleitung von Res schmücken die Neusäumer nun alle ihre schwarzen Hüte. Hinter den Tieren wird fleissig an den letzten Säumerstöcken herumgeschnitzt und Gepäck hin und her getischt. Die Stimmung ist ruhig, entspannt, fröhlich. 

Schon sammeln sich alle Säumer. Machen sich auf Richtung Kirche. Vorab der Fähndrich mit der Fahne der Trainvereinigung von Unterwalden. Die vordersten Bänke sind für uns reserviert. Die Treppen zum Altar wurden von den erfahrenen Säumern liebevoll dekoriert - Bastsattel, Sbrinzkäse, Säumerstock, Säumerhut, Steine und verschiedene Pflanzen. Ein besonderer Gottesdienst. 

Fürbitten für Mensch und Tier

Ich bin nicht gläubig, trotzdem finde ich es eine schöne Tradition, dass Säumer und Saumtiere vor dem Antritt der Sbrinz-Route gesegnet werden. Meine Aufmerksamkeit wandert nach vorne. Die erfahren Säumer erheben und reihen sich hinter dem Altar auf. Nacheinander treten sie nach vorne, tragen ihre Fürbitten für die bevorstehende Sbrinz-Route vor.

Nach den Fürbitten ergreift der Pfarrer erneut das Wort, spricht den Segenswunsch für uns, unsere Tiere und alle Menschen, die uns auf der Sbrinz-Route begegnen und unterstützen. Auf eine unfallfreie Sbrinz-Route. Leicht ehrfürchtig lasse ich seine Worte nachhallen. Wir verlassen die Kirche. Wenig später finden wir uns auf der Terrasse mit Seeblick wieder. Hmmm. Spaghetti Bolognese mit viel Käse passt einfach immer. 

Gespräch mit einer Frau

Mittlerweile ist der Säumermarkt voller Leute. Logisch, bei wunderschönem Sonnenschein und einer top Location am Seeufer. Zahlreiche Menschen bewundern die Saumtiere, und von links und rechts kommen viele Fragen. Und wieder bin ich positiv überrascht, wie schnell über unsere Tiere Brücken zu wildfremden Menschen gebaut werden können. 

«Sind Sie zum ersten Mal auf der Sbrinz-Route?», fragt mich eine sportlich-zierliche Frau Mitte Fünfzig. «Ja», erwidere ich. «So toll, das ist ein Erlebnis, das man nie mehr vergisst», die schaut mich aufmerksam an. «Ich war auch schon auf der Sbrinz-Route dabei, dreimal als Wanderin, die Strecke ist anspruchsvoll. Ich habe mich jeweils gut vorbereitet und habe Mehrtageswanderungen von jeweils sechs bis acht Stunden gemacht.» Ich schlucke leer und gleichzeitig kommen mir Worte von Mitsäumerin Simone in den Sinn: «Stephan und ich waren viel wandern und haben auch schon ein paar Pässe gemacht.» 

Alles nur Kopfsache, oder?

«Ja, man muss sich schon gut vorbereiten, sonst schafft man die Strecke nicht», fährt die Frau vor mir fort. Nervös verlagere ich mein Gewicht und wippe von einem Fuss auf den anderen. «Zum Glück habe ich mich gut vorbereitet», bluffe ich. «Wie bitte?» ertönt die vorwurfvolle Stimme in meinem Kopf. Was, ich war ja auch schon sechs oder sieben Stunden wandern. «Ja, vor zwei Jahren. Ein einziges Mal! Und was ist mit den Pässen, du bist noch nie in deinem Leben zu Fuss über einen Pass gelaufen», empört sich die innere Stimme.

Ich habe eine gute Grundkondition, versuche ich mir selbst zuzureden. Und wenn alles nichts nützt, ich bin ziemlich stur. Sehr stur, dann laufe ich halt einfach mit meinem Kopf. Ist eh alles Kopfsache, denke ich trotzig und andere haben die Sbrinz-Route auch schon geschafft. Mehrmals sogar.

Tiere werden verladen

Dann war es endlich so weit. Bastsattel drauf und unter Anleitung der erfahrenen Säumer Seiten- und Oberlasten befestigen. Los geht es. Unter dem Applaus und den Glückwünschen der vielen Zuschauer laufen wir – mittlerweile sind zu den 28 Säumern und 18 Saumtieren noch 40 Wanderer dazu gestossen – schliesslich los. Nicht sehr lange, aber immerhin laufen wir. 

Wir kommen jedoch nicht sehr weit. Genauer bis zum Bahnhof Stansstad. Dort warten zwei Traktoren mit grossen Viehanhängern und ein Reisecar. Ober- und Seitenlasten abhängen und die Tiere mit Bastsattel verladen, heisst es. Der Reihe nach werden die Tiere verladen, kein Problem für den schwarzen Wallach. 

Vom Tal geht es hinauf nach Grünenwald. Links und rechts türmen sich die ersten Berge auf. Natürlich sind wir mit dem Car schneller als die Traktoren. Wir verziehen uns in den Schatten. Geniessen nach einem Wochenende auf dem Markt den ersten Kontakt zur Natur. Dann kommen sie. Nass geschwitzt, aber mit ganzem Bastsattel läuft Haydo die Rampe runter. Gemeinsam werden die Tiere wieder beladen.

Endlich geht es los

Ein fröhlicher und lauter Juchzer von Gruppenführer Daniel. Endlich, endlich beginnt sie, die Sbrinz-Route. Ich versuche Haydo davon zu überzeugen, hinter mir, allenfalls auf Schulterhöhe, aber bestimmt nicht vor mir zu laufen. Etwas mehr als eine Stunde sind wir unterwegs. Dann sehe ich vor uns am Strassenrand ein paar Leute stehen. Die Frau hält einen Strauss Sonnenblumen in der Hand. Ein kleiner Halt mit Apéro ist angesagt. 

Mit Sonnenblumen geschmückt laufen wir in Engelberg ein. Auf den Balkonen sammeln sich Leute, Kinder springen an den Strassenrand. Fenster werden geöffnet.

Mit Pferd und Esel im Kloster

Auf uns wartet eine weitere Überraschung. Wir werden im Benediktinerkloster in Engelberg willkommen geheissen. Durch den geschwungenen Torbogen eines Nebeneingangs treten wir in den Innenhof des Klosters. Ein schöner Brunnen steht in der Blumenwiese, rechts ein Klostergarten, ummauert von prächtigen, alten Klostermauern.

Haydo steckt die Nase in den Brunnen. Minishetty Tina versucht es auch. Ist jedoch zu kurz. Ich muss grinsen. Tanya und Tina versuchen es von der anderen Seite noch einmal. Erfolglos. Zum Glück hat Tanya an alles gedacht, sogar an einen zusammenfaltbaren Hundenapf, aus dem Tina schlussendlich ihr Wasser schlürft.

Auf uns wartet bereits das nächste Apéro. Zwei Apéros in anderhalb Stunden nicht schlecht. Aber ob wir so jemals in Domodossola ankommen werden? 

Wie im Ferienlager

Die Sonne steht tief. Wir laufen bis zum Dorfrand. Zum Sporthotel. Unserem Nachtlager. Wie es sich für richtige Säumer und Tierhalter gehört: das Tier zuerst. Unsere Saumtiere sind auf einem Fussballfeld untergebracht. 

Abbasten, durchbürsten und füttern ist angesagt. Von weitem ziehen dunkle Wolken auf. Für diese Nacht wurden Regenschauer gemeldet. Wir verstauen unser Bastmaterial unter grossen Plachen. Füllen Wassereimer, schleppen sie zu den Saumtieren. Tränken. Füllen. Tränken. Nachdem die Tiere bestens versorgt sind, schnappen wir unsere Reisekoffer und beziehen unsere Unterkunft. Ein Sporthotel wie früher im Ferienlager. Männchen und Weibchen getrennt

Viele sind Wiederholungstäter

Frisch geduscht und in sauberen Kleidern geht es zum Abendessen. Zwischen Salat, Suppe und Hauptgang – übrigens Kartoffelstock, Bohnen und Braten – stellt Daniel uns die vierzig Wanderer vor, die heute Mittag zu uns gestossen sind. Vierzig zusätzliche Namen. Und ich kann noch nicht einmal die 27 Säumer-Namen.

Bin aber gerade dabei sie zu lernen. Denn Tanya und ich haben uns an den Tisch der Eselfraktion, sprich zu unseren Säumern, die mit Langohren unterwegs sind, gesetzt. Erneut fällt mir auf: Viele sind Wiederholungstäter und laufen die Sbrinz-Route immer wieder. Was finden die wohl bloss daran? Ich mache die Route einmal, dann kenne ich den Weg ja. Zweimal das Gleiche ist doch langweilig.

Hier geht es zum 1. Teil.
Hier geht es zum 2. Teil.

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