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Alpblog: Grippeli, Mastitis, Kuhkampf und totes Stierkalb

Esther Siegenthaler ist ausgebildete Lehrerin. Doch auch nach ihrem dreimonatigen Aufenthalt in Neuseeland, aus welchem sie ebenfalls bloggte, kehrt sie nicht zur Schule zurück. Die Bauerntochter geht auf der Alp Meienfall im Diemtigtal BE als Zusennin z‘Bärg.

Esther Siegenthaler |

 

Esther Siegenthaler ist ausgebildete Lehrerin. Doch auch nach ihrem dreimonatigen Aufenthalt in Neuseeland, aus welchem sie ebenfalls bloggte, kehrt sie nicht zur Schule zurück. Die Bauerntochter geht auf der Alp Meienfall im Diemtigtal BE als Zusennin z‘Bärg.

Montag

Am Morgen begegnet mir die Katze bereits um halb sechs. Sie ist dünn geworden, wohl hat sie in der vergangenen Nacht die Jungen zur Welt gebracht. Auch einem knapp drei Monate alten Stierkalb wird die Nacht wohl lange in Erinnerung bleiben. Bereits am Sonntagabend ist es etwas abseits der Herde gelegen, ich habe mir aber nichts dabei gedacht. Es ist wieder nicht bei den anderen und kommt nicht in den Stall.

Rind hat Stein zwischen den Klauen

Res kann es nur mit Mühe den Hang hinuntertreiben und Christine muss ihm auf dem flachen Stück helfen gehen. Die Situation ist eindeutig: das Kalb ist krank und der Tierarzt muss her, das erste Mal in diesem Sommer. Dieser tippt auf eine Lungenendzündung, auch eine Vergiftung kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Er verabreicht eine Spritze und lässt eine zweite Dosis da.

Beim Kontrollieren der Rinder finde ich die Nummer 63 alleine vor. Gegen mein Erwarten kann ich das Rind berühren und das geschwollene Vorderbein untersuchen. Zwischen den Klauen ist ein kleiner Stein eingeklemmt. Obwohl das Rind das Bein immer wieder wegziehen will, kann ich den Stein entfernen.

Steine brechen zum Ersten

Während des Tages brechen Res, Marcel und Christine, seine erwachsenen Kinder, und ich Steine. Der Steinbrecher läuft die ganze Zeit auf Hochtouren. Erst am Abend, als ich unser Tageswerk sehe, wird mir bewusst, wie viele Kilos wir hochgehoben und in den Brecher geschoben haben.

Dienstag

Dem Stierkalb geht es nicht besser, ich verabreiche ihm die Reservespritze. Zudem hinkt ein weiteres Rind, ausgerechnet dieses, welches mit einem Sondertaxi an den Meienfall geführt wurde. Um das Rind Nummer 63 zu behandeln, habe ich den Rucksack mit Salbe, Spray, Halfter etc. mit dabei. Diesen kann ich nun gut gebrauchen.

Res hat mir gezeigt, wie man Rinder auf freiem Feld behandelt: Salz auf Steine streuen und wenn das Rind am schlecken ist, blitzschnell Salbe in die Wunde unterhalb der Afterklauen streichen. Bei einem zweiten Durchgang noch sprayen. Ich bin selber ein wenig überrascht, dass ich es bei diesem Rind geschafft habe. Doch meine Euphorie erlischt schnell, die Nummer 63 kann ich nicht wirklich behandeln. Es lahmt auch kaum noch.

Gämsen beobachten

Nicht nur die Rinder schlecken das Salz, auch die Gämsen. Etwas unterhalb des Meienfallsees kann ich 14 Gämsen beobachten. Obwohl ich am Rinder kontrollieren bin und wir wieder möglichst früh Steine brechen wollen, nehme ich mir einige Minuten Zeit und geniesse den Moment.

Mittwoch

Der Zustand des Stierkalbes hat sich weiter verschlechtert, der Tierarzt muss ein zweites Mal kommen. Doch dieser hat Ferien, so kommt ein anderer. Er diagnostiziert eine Entzündung am Herz und gibt diesem wenig Überlebenschance. Während den kommenden fünf Tagen sollen wir ihm Penicillin spritzen. Ich habe Gefallen am Spritzen gefunden, so wird dies meine Aufgabe sein.

Antibiotika für Rind

Auch bei den Rindern müssen wir Antibiotika einsetzen. Mein Kontrollgang am Morgen war wenig erfreulich. Die Nummer 63 hinkt wieder mehr, auch ist die Schwellung grösser geworden. Salbe und Spray kann ich auftragen. Doch „die Wilde“ vom Vortag kann ich nicht  mehr behandeln und auch die Nummer 4 hat eine Entzündung. Hier wird dies „Räp“ genannt, der Tierarzt klärte uns auf: es ist auch eine Form von Panaritium.

Nicht alles läuft nach Plan

Eigentlich wollten wir am Nachmittag wieder die Strasse ausbessern, doch die Rinder sind nun wichtiger. Wir treiben alle zum Stall und sortieren die drei Kranken aus. Dann bringen wir sie in den Stall, um sie dort anzubinden. Die Nummern 4 und 63 gehen recht gut, „die Wilde“ wird zur Herausforderung. Als wir sie endlich anbinden können, schlägt sie Res blitzschnell und gezielt ans Knie.

Doch wir dürfen die Geduld nicht verlieren, sonst wird die Behandlung zur Prozedur für Mensch und Tier. Res gibt ihnen ein „Grippelimittel“, aufgelöst in Wasser, ein. Dann kommt die nächste, nicht kleinere Herausforderung: die Wunden salben. Doch auch hier kennt Res einen Trick. Wenn ein vorderes Bein angehoben wird, kann das Rind kaum noch ausschlagen und die Salbe kann aufgetragen werden.

Pferde und Schweine misten

Den Rest des Nachmittags verbringe ich mit Misten der zwei Pferde und vier Schweine. Auch kann ich die grossen Steine auf dem Kieshaufen aussortieren.

Donnerstag

Der Tag beginnt mit einem Schauspiel. Der zehn Monate alte Stier Armon legt sich mit der Leitkuh an. Ein richtiger Kuhkampf entsteht und sie schieben sich gegenseitig hin und her. Schlussendlich gewinnt aber doch Alpina und bleibt somit die Herrin. Nach den Stallarbeiten behandeln wir die drei Rinder ein weiteres Mal und lassen sie wieder auf die Weide. Anschliessend fährt Res nach Boltigen und hilft heuen.

Verstecken spielen mit den Rindern

Ich kann als nächstes die Rinder kontrollieren. Normalerweise habe ich in einem Eimer Salz bei mir und streue dieses auf die Steine. Heute nicht, denn wir wollen die Rinder bald in die nächste Weide treiben.

Dies geht am einfachsten, wenn sie Verlangen nach Salz haben und so der Person mit dem Eimer folgen. Heute wollen sie nicht verstehen, dass es kein Salz gibt und verfolgen mich. Ich verstecke mich so hinter einem Stein im hohen Gras und warte, bis sie mich und das Salz vergessen haben.

Stierkalb verendet

Am Nachmittag schoren Christine und ich die Kuhfladen aus. Das heisst, dass wir sie aus den flachgelegenen  und starkgedüngten „Böden“ entfernen und in die nahegelegenen, steileren und somit weniger gedüngten Stücke werfen.

Auch müssen wir noch eine weniger angenehme Arbeit verrichten: das kranke Stierkalb ist verendet. Es ist der erste Todesfall in diesem Sommer. Wir müssen den rund 130 Kilogramm schweren Kadaver aus dem Stall ziehen und auf den Muli-Transporter aufladen. Dies erfordert viel Muskalkraft und auch Geschwindigkeit. Denn die zwei Kinder von Christine, Vanessa (5) und Janick (2), sollen das verendete Kalb nicht zu Gesicht bekommen.

Freitag

Am Freitag kommen vier Bauern und Bäuerinnen ihr Tagwerk verrichten. Zwei gehen Disteln bekämpfen, zwei helfen wieder Steine brechen. Am Nachmittag verdichtet sich der Himmel und endlich zieht das ersehnte Gewitter vorüber. Zwar regnet es nicht all zu viel, doch wir sind zufrieden.

Am Abend kommt der Milchkontrolleur. Mit den Milchmengen der Kühe sind wir zufrieden. Während des Melkens zieht ein weiteres Gewitter an uns vorbei. Es regnet heftiger und auch einige Hagelkörner gehen zu Boden. Wohl haben aber nicht alle so viel Glück wie wir, das Wiriehorn ist schneeweiss bedeckt von Hagel.

Samstag

Am Samstag stehen immer Putzarbeiten an, diese verrichte ich am Vormittag. Ich habe heute genügend Zeit hierfür, denn es regnet wieder und die Temperaturen sind kurzfristig auf 13 Grad gesunken. Am Nachmittag besuchen mich zwei meiner Schwestern. Gemeinsam mit Res bringen wir zwei andere Rinder in den Stall, welche am „Grippeli“ (Panaritium) erkrankt sind und behandeln diese.

Erste Mastitis-Behandlung

Beim Melken von der Kuh Birke merke ich am Abend schnell, dass ein Viertel grösser und wärmer ist. Der Schalmtest zeigt ein deutliches Ergebnis: ein Viertel. Es ist die erste Mastitis-Behandlung seit wir z’Bärg sind. Obwohl ich weiss, dass viele Faktoren eine Euterendzündung hervorrufen können, nervt es mich, denn das Melken kann einer der Mitgründe sein.

Sonntag

Am Sonntag sind wir bemüht, dass wir nebst den alltäglichen Arbeiten wie melken, stallen und käsen auch Zeit zum Erholen und Ausspannen finden. Mein Freund kommt mich besuchen. Mit einem Picknick im Rucksack wandern wir in Richtung Schattstall, wo die zwei Rinder mit Panaritium gestallt sind.

Wir behandeln sie und lassen sie wieder nach draussen. Dann kontrollieren wir die Rinder und finden ein weiteres mit einer Endzündung am Fuss, die Nummer 38. Doch bevor wir es in den Stall bringen und behandeln, steigen wir aufwärts und geniessen die Ruhe.

Platte beim Milchwägeli

Gerade als wir mit den Stallarbeiten beginnen, kommt der angemeldete Schafbauer aus dem „Unterland“, wie es hier genannt wird, und bringt seine Tiere. Er hat kein Gras mehr und muss nun 19 Schafe auf die Alp bringen. Res hilft ihm, die Schafe in die Weide zu treiben. Als wäre dies nicht schon genügend Unvorhergesehenes, hat auch noch ein Pneu bei einem Milchwägeli eine Platte.

Da der Kompressor bei der unteren Hütte ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als so zu melken. So wird die neue Woche „mit Platte“ beginnen, das Rad reparieren wir am Montag. Ich hoffe, dass das Wetter auch nächste Woche so gut ist und dass weniger Rinder an Panaritium erkranken werden.

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