Esther Siegenthaler ist ausgebildete Lehrerin. Doch auch nach ihrem dreimonatigen Aufenthalt in Neuseeland, aus welchem sie ebenfalls bloggte, kehrt sie nicht zur Schule zurück. Die Bauerntochter geht auf der Alp Meienfall im Diemtigtal BE als Zusennin z‘Bärg.
Auch bei uns ist der Spätsommer (oder gar Herbst) eingekehrt. Im Chummli und der Weide oberhalb des Sees haben wir bereits den Zaun abgelegt und damit wintertauglich gemacht. Auch Brennholz für das kommende Jahr haben wir zugesägt, zur Hütte geführt, gespalten und gestapelt. Für mich war dies eine willkommene Abwechslung zur üblichen alltäglichen Arbeit.
Rinder behandeln gehört zum Alltag
Mittlerweile gehört das Behandeln der Rinder zum Alltag. Res hat bereits über 20 Beutel „Grippelipulver“ in Wasser aufgelöst und eingeflösst. Ich habe für mehr als sieben Tonnen Fleisch Penicillin gespritzt, dies sind rund 35 Rinder bei einem Körpergewicht von 400 Kilogramm. Uns ist bewusst, dass der Umgang mit Antibiotika umstritten ist. Wir gehen damit aber sorgfältig um.
Pro 20 Kilogramm Körpergewicht spritze ich einen Milliliter Penicillin. Dies nur, wenn es wirklich notwendig ist, zudem dosieren wir eher sparsam. Wir sind erpicht, das Panaritium früh zu behandeln, damit wir nur einmal eingreifen müssen. Wenn wir die Behandlungen wegen Gämsblindheit und solchen, bei denen wir „nur“ Salbe oder Spray verwendet haben, mitrechnen, haben wir mittlerweile über 80 Mal ein Rind „verarztet“.
Spritzen auf dem Feld, eingeben im Stall
Grundsätzlich gilt die Faustregel: Können wir das Rind in der Weide einfangen, wird es behandelt. Die Wilden treiben wir in den Stall, anschliessend wird die Medizin zugeführt. Am Mittwoch mussten wir sieben Tiere behandeln, drei davon im Stall. Ein Rind war bereits zum dritten Mal am Grippeli erkrankt, abwechslungsweise an den Hinterbeinen. Dieses Rind habe ich in einem früheren Blog schon mal als „die Wilde“ bezeichnet, sie machte ihrem Namen weiterhin alle Ehre.
Diesmal war ihre Zwillingsschwester auch dabei, diese ist nicht weniger scheu. So war schon das Anbinden eine Prozedur und nicht ganz ungefährlich, denn sie schlagen häufig und sehr zielsicher aus. Eigentlich spritze ich sehr gerne, doch hier war ich froh, als Res den „Einschüttbehälter“ auffüllte und ich nicht in die Nähe der Hinterbeine stehen musste.
Beulen und Wunden nach einem Sturz
Nebst diesen drei Rindern haben wir am Mittwoch bei einem Tier Wunden unterhalb der Afterklaue gesalbt. Hier bestand die Gefahr, dass es eine Infektion und somit ein Grippeli geben könnte. Ein weiteres ist vor einigen Tagen einen Abhang hinunter gestürzt und ist nun „verschlagen“, wie wir das nennen.
Das Rind hat überall Wunden und Beulen, doch es scheinen keine Knochen gebrochen zu sein. Auch der Kopf ist nicht zu stark in Mitleidenschaft gezogen worden. So können wir das Rind weiterhin auf der Weide lassen und besonders gut beobachten. Eine Haxe ist angeschwollen, wir haben sie mit starker grüner Salbe eingerieben.
Ein weiteres Rind mit Gämsblindheit
Bereits im Frühjahr kamen vier Rinder mit Augenkrankheiten auf die Alp. Seither haben wir immer wieder solche mit Gämsblindheit, so auch am Mittwoch. Bei diesem Rind haben wir „nur“ einen leichten grauen Schleier im Auge beobachtet. So konnten wir ihm eine spezielle Salbe ins Auge streichen. Einige Tage Stallarrest bei Dunkelheit sind in diesem Stadium nicht nötig.
Mutterkuh muss nach Hause
Am meisten Sorge bereitete uns beim „Behandlungsrundgang“ die Mutterkuh. Sie ist seit Montag im Stall, weil sie stark lahmt. Der Besitzer war bei der Behandlung im Klauenstand mit dabei und konnte sich selber ein Bild machen. Sie hat eine Verletzung zwischen den Klauen an einem Hinterbein.
Wir spritzten ihr ein zweites Mal Penicillin. Auch am Donnerstag besserte ihr Zustand nicht, sie musste mitsamt dem Kalb nach Hause reisen. Wir hoffen, dass wir alle restlichen Tiere bis zur Woche vor dem Bettag (20. September) wohlbehalten weiden lassen können.
Seebergsteigerung, ein weiteres Highlight
Ein weiteres „Zeichen“, dass der Sommer sich dem Ende zuneigt, ist die Seebergsteigerung. Im Sommer 2011 war ich bei der Familie Abbühl auf der Alp Seeberg z’Bärg. Seither helfe ich alle Jahre bei der Steigerung im Service mit. Das ist ein spassiges Highlight für mich.
Von der Steigerung selber habe ich wenig mitbekommen, doch die Männer aus dem Vorstand waren nicht nur mit dem perfekten Wetter zufrieden. Rund 95 Prozent wurden verkauft, der Durchschnittspreis bei den Kühen und Rindern lag bei zirka 3300 Franken.