Für Empörung im landwirtschaftlichen Berufsstand hat in Österreich die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, gesorgt. In der ORF-«Pressestunde» zeigte sie sich am 19. Februar bei einer Diskussion um die Preissteigerungen bei Lebensmitteln verwundert darüber, dass Milch um 50 Prozent teurer geworden sei.
«Jetzt soll mir mal einer sagen, ob wir weniger Kühe oder weniger Gras für die Kühe haben», so ihre Bemerkung zu dieser Problematik.
Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, bezeichnete die Aussage von Anderl als groben Affront. Sie sei «beleidigend und herabwürdigend für einen gesamten, hart arbeitenden Berufsstand, der sicherlich nicht zu den Grossverdienern zählt».
«Ich erwarte mir eine Klarstellung, denn mit dieser Haltung schädigt sie wertvolle regionale Strukturen, Arbeitsplätze und Lebensgrundlagen», erklärte der Kammerpräsident. Als «Sozialpartnerin» müsste Anderl mehr über die Zusammenhänge auf den Märkten wissen, betonte Moosbrugger. Ihre Aussage lasse als einzigen Schluss zu, dass sie scheinbar noch nicht mitbekommen habe, wie sehr die hohen Gas- und Energiepreise alle Wirtschafts- und Lebensbereiche belasteten, so auch Landwirtschaft, Verarbeitung, Transport und Handel.
«Wer sich abfällig über die Herausforderungen unserer Bäuerinnen und Bauern äussert, lässt nicht nur Kompetenz vermissen, sondern gefährdet zigtausende Arbeitsplätze auch im vor- und nachgelagerten Bereich», kritisierte der Kammerpräsident. Die wahren Ursachen für die Preisanstiege lägen nicht bei den Bäuerinnen und Bauern, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette, nicht zuletzt auch an zu Recht gestiegenen Lohnkosten. Moosbrugger lud Anderl dazu ein, gemeinsam einige bäuerliche Betriebe zu besuchen, mit den Bäuerinnen und Bauern zu sprechen und sich ein realistisches Bild von der tatsächlichen Situation zu machen.
Von «polemischen Aussagen» sprach indes der Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), Helmut Petschar. Anderl zeige sich in einer herablassenden Aussage verwundert über die Preissteigerungen bei Milchprodukten im letzten Jahr, ohne die dahinterstehenden Gründe und Fakten auch nur ansatzweise zu erwähnen. «Mit dieser Vorgangsweise verlässt die Arbeiterkammer die Rolle einer ernstzunehmenden Sozialpartnerorganisation», so Petschar.

