Viele Bergbäuerinnen und -bauern sind froh um die Unterstützung von Freiwilligen bei der Handarbeit an den steilen Hängen.
Franca Pedrazzetti/Caritas
Auf der Alp Corjon in Rossinière VD bewirtschaftet die Familie Tena während der Sommermonate einen traditionellen Alpbetrieb, berichtet Swissinfo.ch. Zwischen Ende Mai und Ende September stellen Julie und Julien Tena dort den Rohmilchkäse «L’Etivaz AOP» her. Unterstützt werden sie dabei von ihren drei Kindern und diesen Sommer auch von mehreren freiwilligen Helferinnen und Helfern. Denn die Arbeit wird immer mehr.
«Als unsere Tochter Emma geboren wurde, ging es noch. Doch mit Martin und dann Romain wurde es schlicht zu viel», erzählt Julie Tena dem Westschweizer Radio. Die Familie wandte sich deshalb an Caritas, die Freiwilligeneinsätze in der Landwirtschaft organisiert. Ohne diese Hilfe wäre der Betrieb in diesem Sommer kaum aufrechtzuerhalten, so Julie Tena.
Zu wenig Freiwillige
Die Nachfrage nach Freiwilligen übersteigt mittlerweile das Angebot bei Weitem. Laut Caritas sind noch mehr als hundert Plätze unbesetzt, heisst es auf Swissinfo.ch Der strukturelle Arbeitsmangel betrifft dabei nicht nur abgelegene Alpbetriebe. In der gesamten Schweiz sehen sich landwirtschaftliche Betriebe zunehmend mit demselben Problem konfrontiert.
Die Gründe sind vielfältig: tiefe Löhne, unregelmässige Arbeitszeiten, wenig planbare Freizeit und teils einfache Unterkunftsbedingungen. Julien Tena sieht ein Grund darin, dass viele Schweizerinnen und Schweizer diesen Beruf nicht mehr ausüben wollen, während ausländische Arbeitskräfte oft unqualifiziert seien.
Persönliche Belastung
Jean-Pierre Valiante, Direktor der auf Landwirtschaft spezialisierten Personalberatung Terremploi, bestätigt diese Entwicklung. Dem Westschweizer Radio erklärte er, dass der Mangel an Arbeitskräften für viele Bäuerinnen und Bauern auch zur persönlichen Belastung werde, die manchmal in Erschöpfung oder Isolation münde (-> Bäuerliches Sorgentelefon: 041 820 02 15).
Die Landwirtschaft steht unter wirtschaftlichem Druck und die Margen sind gering. Der Beruf habe an Attraktivität verloren, sagt Valiante. Er beobachte, dass sich Grenzgängerinnen und Grenzgänger anderen Branchen wie der Industrie zuwenden, da die Arbeitsbedingungen dort oft als besser empfunden werden.
Der Personalberater sieht deshalb auch die Landwirtinnen und Landwirte selbst in der Pflicht. «Sie müssen dazu beitragen, ihre Betriebe attraktiver zu gestalten und die Nachhaltigkeit dieser Arbeitsplätze zu sichern», erklärte Valiante dem Westschweizer Radio.
Das sich die Situation verschärft hat, lest Ihr auch in den folgenden Artikeln:
Immer auf mehr Alpen fehlt das Personal. Viele Stellen bleiben unbesetzt, andere werden während der Saison plötzlich aufgegeben.
-> Bedrohte Alpen: Wandfluh fordert höhere Sömmerungsbeiträge
Der oberste Älpler, Ernst Wandfluh, hat in der «NZZ am Sonntag» mehr Geld vom Bund gefordert. Ohne höhere Beiträge drohe eine Verbuschung der Alpen, weil es an Personal fehle. Der Berner SVP-Nationalrat verlangt eine Verfünffachung des Zusatzbeitrags für die Milchproduktion.
Caritas-Bergeinsatz
Caritas‑Bergeinsatz vermittelt seit über 40 Jahren freiwillige Helferinnen und Helfer – meist aus der Schweiz oder dem EU‑Raum – an Bergbauernfamilien, die durch Krankheit, Bauprojekte, Unfälle oder Überlastung stark beansprucht sind. Die Freiwilligen arbeiten unentgeltlich und erhalten dafür Kost und Logis. Ein Einsatz dauert mindestens eine Arbeitswoche, die Anmeldung erfolgt online. Die Einsätze umfassen vielfältige Arbeiten im Stall, auf der Weide, beim Heuen, im Haushalt oder in der Kinderbetreuung. ome
Bei uns am Bahnhof hätte es viele kräftige Jungs die wahrscheinlich froh wären, wenn sie arbeiten könnten, anstatt vom Sozialamt unterstützt zu werden.