Es sei ein «Akt der Solidarität», waren sich die Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentarier am Dienstag in Chur parteiübergreifend einig. Mit dem Kredit soll der seit über einem Jahr evakuierten Brienzer Bevölkerung eine Zukunftsperspektive gegeben werden.
Präventive Umsiedlung
Die Betroffenen konnten sich bis Ende September für eine präventive Umsiedlung anmelden – also bevor ein möglicher Bergsturz das Dorf zerstört. 40 solche Anmeldungen waren eingegangen, rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung von Brienz. Ein weiteres solches Anmeldefenster werde derzeit geprüft, sagte Daniel Albertin, Gemeindepräsident Albula – zu der Brienz gehört – im Gespräch mit Keystone-SDA.
Es sei ein phänomenales Gefühl, dass der Kredit so deutlich, mit 106 Ja-Stimmen und einer Enthaltung, angenommen wurde, so Albertin weiter. Bereits vor drei Jahren sprach der Grosse Rat ebenfalls deutlich einen Kredit von 40 Millionen Franken für den Entwässerungsstollen unterhalb des Dorfes. Dieser zeige zwar Wirkung, sagte die zuständige Regierungsrätin Carmelia Maissen (Mitte). Doch aufgrund der andauernden Evakuierung sei das Projekt der Umsiedlung gleichwertig zu behandeln.
Drei Umsiedlungsvarianten
Die Betroffenen können dabei zwischen drei Varianten entscheiden: Sie kaufen oder bauen ein neues Objekt in einer anderen Bauzone des Kantons Graubünden, sie ziehen in ein Mietobjekt um oder sie bauen etwas Neues in einer noch zu bewilligenden Ersatzbauzone innerhalb der Gemeinde Albula.
Dabei werden ihnen rund 90 Prozent der Kosten auf Grundlage des nationalen Waldgesetzes entschädigt. Zehn Prozent müssen die Betroffenen selber tragen. Ihr altes Zuhause in Brienz müssen die Umsiedelnden dann abreissen lassen.
-> Wie das Waldgesetz die Umsiedlung von Brienz GR finanziert
Neue Zukunft kann beginnen
Ausstehend ist noch ein Entscheid des Bundes. Dieser soll sich mit rund 35 Prozent an den Kosten beteiligen. Er wird voraussichtlich im Sommer 2026 entscheiden, so Albertin. Parallel dazu wurden und werden mit den Betroffenen bereits die Umsiedlungsvarianten besprochen.
«Die Brienzerinnen und Brienzer brauchen wohl noch ein bisschen Geduld», sagte der Gemeindepräsident. Doch damit ihre Zukunft bereits beginnen kann, genehmigte die Gemeindeversammlung einen 20-Millionen-Franken-Kredit. Mit diesem Geld können die umsiedlungswilligen Einheimischen bereits heute Neubauprojekte angehen.
Aktuell keine Sturzgefahr
Die Gefahr eines grossen Fels- oder gar Bergsturzes verringerte sich zuletzt Anfang Dezember. Die Schutthalde oberhalb des Dorfes habe sich seit einem Abbruchereignis der Vorwoche stark beruhigt und sei grösstenteils zum Stillstand gekommen, teilte die Gemeinde damals mit.
Die Evakuierung bleibt jedoch bestehen, bis die Gefahrenlage neu beurteilt und die Überwachungsgeräte neu eingestellt sind. Allenfalls sind aber Besuchsfenster der Einwohnenden noch vor den Festtagen möglich, stellte die Gemeinde in Aussicht. Wann die Evakuierung ganz aufgehoben werden kann, sei derzeit noch unklar, sagte Albertin.
Doch auch mit den neusten Ereignissen ist die Gefahrenlage langfristig nicht eingedämmt. Das ganze Hochplateau, auf dem Brienz liegt, rutscht weiter. Die Lage könne schnell wieder ändern, sagte Regierungsrätin Maissen. Bei einem dauerhaften Aufenthalt in Brienz sei das Risiko sehr gross.
