Der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) zieht Bilanz über das Jahr 2022. Die Alpwirtschaft wird immer herausfordernder. Mehr dazu im 11. Teil der Jahresrückblick-Serie.
Die Schweizer Alpbewirtschafterinnen und Alpbewirtschafter schauen auf eine herausfordernde Alpsaison zurück: Während die Hitze und der Futtermangel dem Vieh zu schaffen machte, trieben Personalmangel und die Sorge um den Wolf die Älplerinnen und Älpler um. Die Alpsaison sei je nach Region sehr unterschiedlich verlaufen, sagt Selina Droz, Geschäftsführerin des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands SAV.
Während die einen Alpbetriebe eine massiv kürzere Saison verzeichneten, kamen andere Betriebe in den Genuss von einer leicht längeren Alpsaison. Grundsätzlich sei die Saison in den meisten Regionen, abgesehen vom Futterangebot, grundsätzlich mittelmässig bis gut gewesen.

Anja Tschannen
«Allerdings ist es schwierig, gesamtschweizerisch gültige Aussagen zu machen, da die Alpbewirtschafterinnen und Alpbewirtschafter je nach Region unterschiedlich stark vom Wolf, der Trockenheit oder von Personalmangel betroffen waren», meint Selina Droz weiter.
Lokal viel zu trocken
«Die Regionen, die Probleme mit der Trockenheit hatten, mussten zum Teil sehr früh abalpen oder auch zufüttern», bilanziert Selina Droz. So sei es im Laufe des Hitzesommers gerade am Jurabogen und in Teilen der Voralpen wie dem Berner Oberland oder im Kanton Freiburg teilweise zu dramatischen Situationen gekommen und die Betriebe litten je nach Exposition und Boden lokal unter grosser Dürre.
In Regionen, in denen es zwischendurch geregnet habe, sei die Futtersituation hingegen allgemein gut gewesen und die Länge der Alpsaison sei teilweise sogar leicht länger ausgefallen als normal. So habe es in der Zentral- und Ostschweiz wenige oder fast keine Probleme aufgrund der Trockenheit gegeben.
Wolf belastet Alpbetriebe
Nebst den klimatischen Bedingungen habe sich auch die Wolfssituation dramatisch zugespitzt, meint Selina Droz. So hätten Herdenschutzmassnahmen bei hoher Wolfspräsenz eine ungenügende Wirkung und die Wölfe lernten, die Schutzmassnahmen zu umgehen.
Ausserdem gebe es nach wie vor keine Lösung für nicht schützbare Weiden und auch bei der Umsetzung der für dieses Jahr vom Bund mitfinanzierten zusätzlichen Sofortmassnahmen gäbe es noch Verbesserungsbedarf:

flickr/ Steff Joe
«Alle Beteiligten haben sich zwar grosse Mühe gegeben, die Lage mit ergänzenden Finanzmitteln zu entschärfen – der Zeitrahmen zur Umsetzung war aber äusserst knapp und die administrativen Abläufe zum Teil sehr unglücklich», sagt Selina Droz.
Es fehlt fähiges Personal
Daneben ist die Alpwirtschaft stark vom Fachkräftemangel betroffen. Insbesondere für Kuhalpen, wo gemolken und gekäst wird, wurden im Sommer verzweifelt Zusennen und Älplerinnen gesucht und viele Betriebe starteten bereits unterbesetzt in die Saison.

Christian Zufferey
Die Suche nach fähigem Personal gestaltet sich unter anderem aufgrund des geringen Verdiensts, der hohen Arbeitsbelastung und der für viele zu einfachen Wohnverhältnisse auf den Alpen sehr schwierig.
Dazu kommt der allgemeine Fachkräftemangel, den verschiedene Branchen aktuell beklagen und dazu führt, dass man um gutes Personal konkurrenziert. «So wird das Problem des Personalmangels nicht von selbst verschwinden, auch hier braucht es Lösungen», sagt Selina Droz vom Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband.
