Im Pilz-Jahr 2012 waren die Fungizidwahl und der Spritzzeitpunkt entscheidend. Darüber sind sich Gerstenprofis einig. Diskutieren Sie mit und teilen Sie Ihre Meinung im Forum mit.
Christoph Frei: Wegen des Krankheitsdrucks tendiere ich immer mehr dazu, die Gerste nicht zu früh zu säen, das heisst, meist so in den ersten Oktobertagen.
Hansjörg Meier: Das sehe ich genauso. Zweizeilige oder Hybridsorten kann man sogar noch später säen, um den 10. Oktober. So geht die Gerste grün in den Winter und kann im Frühjahr optimal starten. Wenn sie sich im Herbst zu weit entwickelt, wird sie oft gelb, und das Wachstum ist im Frühjahr anfangs etwas gebremst. In höheren Lagen oder Randgebieten sind frühere Saaten nach wie vor gerechtfertigt.
Frei: Die Erträge waren auf den Feldern, die ich dieses Jahr im Lohn gedroschen habe, sehr unterschiedlich. Von 40 bis über 100 kg pro Are war alles dabei. Insbesondere die Extenso-Gerste war sehr schlecht. Aber auch bei der intensiven Gerste waren in diesem ausgesprochenen Pilz-Jahr die Mittelwahl und der Spritzzeitpunkt der Fungizidbehandlungen sehr entscheidend. Ich habe auch intensiv geführte Bestände angetroffen, auf denen nur 55 kg gedroschen wurden. 90 bis 100 kg waren auf schönen Parzellen dieses Jahr aber keine Seltenheit.
Meier: Extenso funktioniert meiner Meinung nach im Gerstenanbau in den wenigsten Fällen. Ertrag und vor allem auch die Qualität stimmen meistens nicht. Wer mit der Gerste hohe Erträge anstrebt, muss sie meiner Meinung nach vom Fungizidschutz und Verkürzen her intensiver führen als Weizen. Entscheidend ist das Fahnenblatt. Es muss zum richtigen Zeitpunkt mit einem wirkungsvollen Fungizid geschützt werden. Ich empfehle jeweils eine Strategie mit zwei Behandlungen: Die erste im Stadium 31 (1 Knoten) kombiniert mit der Halmverkürzung. Dies schafft Zeit, die Fahnenblattbehandlung gezielt zu platzieren. Die Wirkstoffgruppen der neusten Generation, die Pyrazole-Carboxamide, wirken in der Regel sehr gut gegen Blatt- und Netzflecken und auch gegen Sprenkelnekrosen.
Frei: Das hat man dieses Jahr schön gesehen: Behandelte Parzellen blieben sehr lange grün, teilweise gar zu lange. Wir hatten deshalb Mühe, das Stroh trocken zu kriegen. Gegen Sprenkelnekrose mische ich jeweils noch einen Liter Chlorotalonil bei. Dieser macht sich, aus meiner Sicht immer bezahlt.
Meier: Bei zwei Fungizidbehandlungen ist auch eine intensivere Verkürzung notwendig. Die erste sollte meiner Meinung nach im Stadium 31 geschehen. Infrage kommen nur die etwas wirkungsvolleren, aber auch teureren Mittel wie Mepiquatchlorid (Medax Top) oder Trinexapac-ethyl (Moddus, Metro). Damit ist schon einmal ein Grundstein gelegt. Zur Ergänzung kommt bei mir später noch ein Ethefon-Mittel zum Einsatz.
Frei: Ich hatte den Eindruck, dass viele dieses Jahr etwas zu früh gefahren sind mit der ersten Verkürzungsbehandlung. Die Bestände waren früh schon sehr hoch, aber die Temperaturen noch tief.
Paul Wirth: Gerste ist so früh. Diese Mittel wirken halt bei tieferen Temperaturen weniger gut.
Frei: Aber auch das Wetter der Folgetage nach der Verkürzung ist entscheidend. Die Temperaturen dürfen nicht zu tief und der Himmel nicht zu stark bewölkt sein. Ich habe mit Medax Top bei der Gerste gute Erfahrungen gemacht. Es wirkt etwas stärker. Man darf es aber nicht überdosieren, gerade bei Mischungen mit Fungiziden.
Wirth: Ich schaue beim Verkürzen auch auf den Zeitpunkt der zweiten Düngergabe: Die Schossergabe soll zehn Tage am Wirken sein. Aber die Verkürzung sollte möglichst früh geschehen, weil wir noch ein zweites Mal mit Ethephon fahren und das vor DC 49 (Grannenspitze sichtbar).
Frei: Bei der Düngung fahre ich die ersten zwei Gaben möglichst nicht zu spät und kurz nacheinander. Für die zweite Gabe verwende ich Ammonsulfat. Dann beobachte ich die Wirkung und bemesse daran die dritte Gabe mit Ammonsalpeter.
Meier: Eine schossbetonte 3-Gaben-Strategie ist sicher ein guter Weg. Harnstoff ist in meinen Augen nicht optimal, da die Temperaturen im Frühjahr oft zu tief sind. Ein Vorteil der Gerste sind die Herbizidbehandlungen im Herbst, hier kann man im Gegensatz zu Weizen, wo vorwiegend Sulfonyl-Harnstoffe und Isoproturon zum Einsatz kommen, auch Wirkstoffe aus anderen Resistenzgruppen verwenden. Gerade in Gebieten mit resistentem Windhalm und Ackerfuchsschwanz ist das sehr nützlich.
Frei: Und diese Mittel wirken in der Regel auch gut. Ich habe auf den dunklen Böden aber jeweils etwas Probleme mit Klebern. Hier kann ich im Frühjahr aber gezielt nachkorrigieren. Dafür hat man bis zum Schieben des Fahnenblattes Zeit.
«Schweizer bauer»-Anbaugespräche
Der «Schweizer Bauer» hat diesen Winter jeweils einen Landwirt, einen Pflanzenbauberater einer privaten Firma und einen Berater einer öffentlichen Institution eingeladen, Strategien zum Anbau der sechs wichtigsten Ackerkulturen zu diskutieren. Am Gespräch zur Gerste nahmen teil:
- Christoph Frei bewirtschaftet einen 45-ha-Ackerbau- und Milchwirtschaftsbetrieb in Aesch ZH. Er sät jedes Jahr rund 1,5 ha Gerste.
- Hansjörg Meier ist Pflanzenschutzberater bei Fenaco Winterthur und bewirtschaftet daneben einen Ackerbaubetrieb mit Milchwirtschaft. Meier sät jedes Jahr rund 2 ha Gerste.
- Paul Wirth ist Lehrer und Ackerbauberater am BBZ Arenenberg TG. spu